Köln/Vierkirchen. Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zu Folgen der Schwerelosigkeit. Das oberste Gebot ist: Nur nicht aufstehen.

Lucas Braunschmidt ist jung, gesund und agil. Trotzdem liegt der 22-Jährige derzeit nur im Bett. Zwei Monate lang. Mehr als die Hälfte ist schon rum. Das oberste Gebot ist: Nur nicht aufstehen. Den Kopf darf er heben, und eine Schulter. Das war es.

Lucas Braunschmidt aus Vierkirchen in Bayern nimmt an einer Gesundheitsstudie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu den Auswirkungen der Schwerelosigkeit teil. Er weiß, dass seine Muskeln und Knochen durch die fehlende Belastung in den nächsten Wochen weiter abgebaut werden, an Waden, Oberschenkeln und auch an der Hüfte – wie bei den Astronauten in der Schwerelosigkeit. „Der Körper schaltet im All in den Energiesparmodus“, sagt DLR-Studienleiter Edwin Mulder in Köln. Der Verlust setze bei den Astronauten schon nach zwei Tagen ein.

Im Anschluss an einen langen Arbeitstag müssen Astronauten noch zweieinhalb Stunden gegen diesen Prozess antrainieren. In der Anfang September begonnenen Studie testen die Wissenschaftler, ob ein kurzes und knackiges Training an einem neuen Gerät für die Astronauten dabei effektiver ist. „Wir suchen nach dem Optimum“, betont Mulder. Und dazu braucht er Leute wie Braunschmidt, die wochenlang liegen und so die Auswirkungen der Schwerelosigkeit im Bett erfahren.

Sechs von zwölf Probanden machen dieses knackige Training an dem neuen Gerät, einem sogenannten Sprungschlitten. Fünf- bis sechsmal werden sie pro Woche im Bett zu ihrem Trainer Andreas Kramer von der Universität Konstanz gerollt. Sie legen sich dort in das Trainingsgerät und springen liegend gegen einen Widerstand an. Braunschmidt gehört zur Vergleichsgruppe, die nicht springt. Die Essensportionen der Probanden sind nach ihrem Grundumsatz in der Ruhephase berechnet und tragen zur Vergleichbarkeit der Testergebnisse bei.

Über WLAN, Skype und WhatsApp halten die Studienteilnehmer den Kontakt nach draußen. Besucher dürfen nicht kommen. Die könnten leicht eine Erkältung mitbringen und so die Studie gefährden. Lucas Braunschmidt hat sogar schon gute alte Postkarten bekommen – und geschrieben. Zwischen zehn und elf Uhr abends ist Feierabend: Dann geht das WLAN aus. Die Teilnehmer sollen im Tag- und Nachtrhythmus bleiben. Der junge Mann zählt nicht die Tage, bis es vorbei ist: Anfang November sei Schluss, sagt er. Das genaue Datum spiele für ihn keine Rolle. Er freue sich, dann wieder mal rauszugehen an die frische Luft. Gehen. Warum sollte das nicht klappen? „Bei den Astronauten ist das ja auch wieder geworden.“