Die Gesichtszier erlebt ihre Renaissance als Ausdruck von Individualität, Kreativität und Unangepasstheit

Das Barthaar gilt – namentlich bei Männern – als sekundäres Geschlechtsmerkmal. Ungeduldigen Heranwachsenden sei versichert: Kommt Zeit, kommt Bart. Manche Männer betrachten den Bart gar als Rache der Natur an den Frauen – denn so weit reiche die weibliche Emanzipation nicht.

Nun soll es allerdings Weltgegenden geben, in denen sich Halbwüchsige listig einen Bart stehen lassen, damit sie mit dem Ausweis der Mutter in die Disco kommen. Und in manchen ländlichen Regionen weiß man noch heute: Wächst der Magd ein dicker Bart, wird der Winter lang und hart. Der Gesichtsbewuchs tritt bekanntlich in vielerlei Variationen auf, darunter die Schifferkrause, das Zuhälterhufeisen oder der Gewerkschafterbart.

Unteraktive Männer lassen sich einen Bart wachsen, damit sie ein Hobby haben. Die Resultate sind derzeit auf der Bartweltmeisterschaft in Österreich zu bestaunen. Sah man in früheren Zeiten den Bart als Zeichen von Kraft und Männlichkeit an, so erlebt er heute seine Renaissance als Ausdruck von Individualität, Kreativität und Unangepasstheit. So verzichten nun Millionen unangepasste, kreative Individualisten auf die Rasur. Und von den Litfaßsäulen blicken lauter Models im Kaiser-Wilhelm-Look.

Doch was ist zu tun, wenn die ersehnte Behaarung sich nicht Richtung Yeti entwickelt, sondern aussieht wie ein Fußballrasen in der Kreisliga? Da helfen dann nur noch Extensions, wie sie sich schon zum Tuning des weiblichen Haupthaares bewährt haben. Die Pariser Barbierin Sarah Daniel Hamizi hat den Trend erfunden, der nun auch die USA erobern soll. Der Fremdbart wird dann an das eigene schüttere Haar angewebt wie ein Teppich oder mit Clipsen befestigt – wobei er allerdings nach ein paar Tagen wieder abfällt wie derzeit das Laub von den Bäumen.

Wer die Ausgabe von 80 bis 250 Euro nicht scheut, kann rechtzeitig zu Weihnachten aussehen wie Knecht Ruprecht. Doch Vorsicht: Nicht jede Frau schätzt es, wenn sie – konfrontiert mit einem Schnurrbart – das Gefühl hat, sie küsst ihre Zahnbürste.