Hamburg. Gesetz wird geändert. Unterbringung der Asylbewerber auch gegen den Willen der Besitzer. Ortsübliche Miete wird gezahlt

Hamburg wird als erstes Bundesland die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Flüchtlinge in leer stehenden Gebäuden auch gegen den Willen ihrer Besitzer untergebracht werden können. Bis Mitte Oktober wolle man ein „Gesetz zur Flüchtlingsunterbringung“ verabschieden, sagte Justizsenator Till Steffen (Grüne) am Mittwoch in Hamburg. Der Senator verwies darauf, dass mit dem Gesetz vor allem die Nutzung von Gewerbeflächen erleichtert werden solle, und sagte wörtlich: „Es ist nicht das Ziel, auf private Wohnungen zuzugreifen.“ Es gehe jeweils um Gebäude, in denen bis zu 600 Flüchtlinge untergebracht werden könnten. Entsprechende Einschränkungen sind in dem Gesetzentwurf allerdings nicht zu finden.

Das Gesetz solle den Zugriff auf Objekte ermöglichen, „bei denen eine kooperative Zusammenarbeit“ mit den Eigentümern nicht möglich sei, sagte Innenstaatsrat Bernd Krösser. „Dadurch kann die Obdachlosigkeit von vielen Menschen verhindert werden.“ Derzeit treffen nach Krössers Worten täglich rund 400 Flüchtlinge in der Hansestadt ein. Das Gesetz soll noch im Oktober von der Bürgerschaft verabschiedet werden. Der Senat habe den Ehrgeiz, die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten bis zum Wintereinbruch zu beenden, sagte Steffen.

Mit dem Gesetz wird der Zugriff auf private Immobilien für die Flüchtlingsunterbringung einfacher. Die zuständigen Beamten müssten lediglich prüfen, ob ausreichend Plätze für Flüchtlinge zur Verfügung stünden, sagte Steffen. „Wir gehen allerdings davon aus, dass das Gesetz lediglich in Einzelfällen und nicht inflationär angewendet wird.“ Mögliche Widersprüche und Anfechtungsklagen der Eigentümer hätten keine aufschiebende Wirkung. Eigentümer würden durch eine marktübliche Miete entschädigt.

Der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, André Trepoll, bezeichnete das Gesetz als verfassungsrechtlich bedenklich. „Der Senat plant einen massiven Angriff auf die Eigentumsrechte der Hamburger, der einem enteignungsähnlichen Eingriff gleicht.“ Städtische Flächen würden nicht genutzt und Vorschläge aus den Bezirken seit mehr als einem Jahr nicht geprüft.

Unterdessen ist am Mittwoch eine Zählaktion in vier Flüchtlingsunterkünften gestartet worden. Die Innenbehörde bestätigte, dass man sich damit einen Überblick verschaffen wolle. Das Ergebnis lag zunächst nicht vor.

Seiten 7 und 10 Berichte