Frankfurt. Vereinigung Cockpit erklärt Verhandlungen mit Unternehmen für gescheitert. Kurzfristige Ausfälle sind auch bei Germanwings möglich.

Carsten Spohr steuert die Lufthansa weiter auf einem harten Sparkurs. Für den DAX-Konzern gehe es nicht nur ums Überleben, sondern um eine aktive Führungsrolle im weltweiten Luftverkehr, sagt der Manager, wenn es um die Zukunft seines Unternehmens geht. Angesichts zuletzt schmaler Gewinne des größten europäischen Luftverkehrskonzerns hat sich der 48-Jährige auf eine Billig-Strategie festgelegt, die von den organisierten Stammpiloten der Lufthansa-Mutter bis aufs Messer bekämpft wird. Für die Passagiere bedeutet das nach erneut gescheiterten Verhandlungen schon sehr bald wieder Streiks.

Zuletzt hatte es nach zwölf Streikrunden und dem Schock des Germanwings-Absturzes vom März danach ausgesehen, als ob sich beide Seiten doch noch annähern könnten. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte im Sommer nicht nur eine längere Lebensarbeitszeit angeboten, sondern wollte auch sämtliche Gehälter ihrer Mitglieder einem internationalen Vergleich unterziehen lassen. Ausdrücklich sollte es im Konzern zudem eine Billiglohn-Linie geben, um Herausforderern wie Easyjet und Ryanair mit ähnlichen Personalkosten begegnen zu können. Lufthansa könne mit diesem Paket rund 500 Millionen Euro sparen, so die VC.

Die Kontrahenten sind aber noch nicht einmal bis zu den Details gekommen, denn Spohr weigerte sich laut Gewerkschaft in einem Spitzengespräch, für die Zeit der Verhandlungen die konkrete Umsetzung des Eurowings-Projekts auszusetzen. „Wir wollen Eurowings nicht verhindern“, sagt VC-Sprecher Markus Wahl. „Aber es macht keinen Sinn, über den Erhalt von Arbeitsplätzen zu verhandeln, wenn diese zeitgleich ins Ausland verlagert werden.“

Kern des bald drittgrößten Billigfliegers Europas ist die vor wenigen Wochen gegründete Fluggesellschaft „Eurowings Europe“ mit Sitz in Wien. Sie soll bald viele Flugzeuge, aber möglichst keine Tarifverträge für die Piloten und das Bordpersonal besitzen. Die Beschäftigungsbedingungen liegen weit unter den Standards der Lufthansa-Mutter. Laut Stellenausschreibung sollen junge Co-Piloten inklusive Schichtzulage zu Beginn 44.050 Euro verdienen - gut 20.000 Euro weniger als bei Lufthansa. Junge Kapitäne liegen mit einem erwartbaren Brutto-Jahresgehalt von 78.100 Euro mehr als 50.000 Euro hinter ihren Konzernkollegen.

Streit um Bedingungen für 5400 Piloten

Bedrohlich für die rund 5400 noch gut bestallten Konzernpiloten ist die erklärte Absicht der Lufthansa, immer mehr Maschinen und damit auch die Arbeitsplätze für Piloten und Flugbegleiter von der Stammmarke und der Tochter Germanwings auf die österreichische Billigtochter zu verlagern. Die Kernmarke Lufthansa könne von jetzt noch 310 auf vielleicht 250 Maschinen schrumpfen, hat Spohr angekündigt. „Das ist nichts anders als reine Tarifflucht“, schimpft der VC-Tarifexperte Jörg Handwerg. Denn die Maschinen der neuen Tochter sollen auch auf Strecken von und nach Deutschland eingesetzt werden, die bislang von Germanwings geflogen werden.

Fragt sich, wie schnell Lufthansa ihre deutschen Gesellschaften schrumpfen lässt. Die VC befürchtet bereits Änderungskündigungen für die Piloten, während Lufthansa einen langsameren Kurs einzuschlagen scheint. Eurowings Europe will nach dem Start im März monatlich nur rund ein Dutzend neue Piloten einstellen. Das würde wegen des Personalbedarfs bedeuten, dass nur knapp alle zwei Monate ein neuer Jet in den österreichischen Dienst gestellt würde.

Klar ist aber, dass bei der neuen Gesellschaft die hiesige Tarifmacht der VC nichts mehr gilt. Handwerg sieht in Spohrs Strategie daher das erklärte Ziel, die Belegschaft in kleine Gruppen zu zerschlagen und die Macht der Gewerkschaften zu brechen. Zum erneuten Streik gebe es daher nach Ablehnung des Angebots keine Alternative.

Die Piloten müssen zudem weitere Konkurrenz aus ganz Europa fürchten, denn die Plattform Eurowings kann nicht nur mit konzerneigenen Flugzeugen agieren. Auch das gehört zum globalen Führungsanspruch Spohrs: Bei der dringend anstehenden Konsolidierung des europäischen Luftverkehrs müssten kleinere Gesellschaften nicht gleich von Lufthansa komplett übernommen und saniert werden, sondern könnten sich in loser Form in den Eurowings-Verbund integrieren.