Berlin. Hat Herrmann wirklich „Neger“ gesagt? Er hat. Erwartungsgemäß braute sich im Internet umgehend ein Shitstorm über dem CSU-Mann zusammen.

Das Unwetter kam aus heiterem Himmel - noch wenige Stunden vor der Sendung war man bei der CSU bester Stimmung. „Heute ist Innenminister Herrmann bei ‚Hart aber Fair‘ in der ARD“, twitterte die Pressestelle der Parteizentrale. „Einschalten lohnt sich!“ In München ahnten sie nicht, wie sehr sie recht behalten sollten. Mit einem einzigen Satz mischte Joachim Herrmann am Montagabend die ansonsten wenig spannende Plasberg-Sendung zur Flüchtlings- und Asylproblematik auf: „Roberto Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunderbar gefallen hat.“

Hatte Herrmann wirklich „Neger“ gesagt? Er hatte. Erwartungsgemäß braute sich im Internet umgehend ein Shitstorm über dem CSU-Mann zusammen. Von heller Empörung („Schändlich!“) bis zu mehr oder weniger witzigen Reaktionen war alles geboten. In den Bundestagsbüros der Grünen wurden Schokoküsse verteilt. Der CDU-Abgeordnete Jens Spahn fragte per Twitter: „Ist der Mohrenkopf eigentlich noch erlaubt?“ Nur bei der CSU ging man vorsichtshalber erst einmal auf Tauchstation.

Herrmann selbst versuchte gleich am nächsten Morgen, seinen verbalen Patzer wieder einzufangen. Er habe mit seiner Äußerung lediglich auf einen Einspieler in der Sendung reagieren wollen, so der Minister. In dem Film hatte ein Bürger in bayerischem Idiom erklärt, er wolle „Neger überhaupt nicht haben“. Diese Aussage sei „völlig inakzeptabel“, so Herrmann, deshalb habe er das Beispiel Roberto Blanco gewählt: „Ich verwende das Wort Neger sonst überhaupt nicht.“

Alles nur ein Irrtum also? Oder steckt hinter dem Patzer ein entlarvender Versprecher? Verrät das böse „N-Wort“ eine rückwärtsgewandte Haltung gegenüber Fremden? Unbestritten ist jedenfalls, dass CSU-Mann Herrmann in den letzten Wochen mit Forderungen wie der Kürzung des Taschengelds für Balkan-Flüchtlinge („Eine Zumutung für die deutschen Steuerzahler“) zusätzlich Schärfe in die aufgeheizte Asyldebatte brachte.

Kritik an Herrmann kam gestern jedenfalls nicht nur von politischen Gegnern, sondern auch aus Reihen der Union. Etwa von Charles M. Huber, ehemaliges CSU-Mitglied und heute für die CDU im Bundestag. „Herr Herrmann hat mit seiner Äußerung, aus welchen Gründen auch immer, der gesamten Asyldebatte einen Bärendienst erwiesen“, sagte Huber dem Abendblatt. „Er erschwert damit ohne Not einen differenzierten Blick auf die Flüchtlingsproblematik. Er ist kein Bratwurstverkäufer auf dem Marienplatz, sondern Innenminister, er muss wissen, was er sagt. Ich bin fassungslos und entsetzt.“ Nun werde wieder „die fatale Diskussion geführt, ob der Begriff Neger salonfähig ist oder nicht. Ich sage klar: Er ist es nicht. Alle dunkelhäutigen Menschen fühlen sich von der Bezeichnung Neger beleidigt.“

Der Betroffene selbst hielt dagegen den Ball flach. „Das Wort ,wunderbar‘ gefällt mir. Ich finde es gut, wenn man so über mich redet“, sagte Roberto Blanco dieser Zeitung. „Hätte Joachim Herrmann Farbiger statt Neger gesagt, hätte es die Aufregung nicht gegeben. Ich habe aber kein Problem damit“, so der Schlagersänger Blanco. „Meine Hautfarbe hat mir schon zu Zeiten von Vico Torriani und Kulenkampff sehr geholfen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass der bis in die 60er-Jahre in Deutschland gebräuchliche Begriff „Neger“, den aber nicht nur der Duden längst als „stark diskriminierend“ einstuft, für Schlagzeilen sorgt. Erst kürzlich entschied der Stuttgarter Verlag Thienemann-Esslinger, das Wort „Neger“ in der Jubiläumsausgabe von Michael Endes „Jim Knopf“ trotz Bedenken nicht zu streichen. Anders liegt der Fall bei Otfried Preußlers Kinderbuch-Klassiker „Die kleine Hexe“. Hier hatte der Autor 2013 zugestimmt, das Wort „Negerlein“ politisch korrekt zu tilgen. Und in den Niederlanden entwickelt sich die Diskussion um die Figur des „Zwarte Piet“ (Schwarzer Peter), den dunkelhäutigen Helfer des Nikolaus, gerade zu einer Art Staatsaffäre. Die UN sehen in der Figur ein „Relikt der Sklaverei“.