Berlin/Heidenau. Justizminister Heiko Maas fordert Facebook auf, Kommentare mit volksverhetzendem Charakter zu löschen. Unternehmen reagiert verhalten.

Rassistische Hetze von Asylgegnern in sozialen Netzwerken ist mittlerweile Alltag – in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern. Nun hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) Facebook zum Stopp rassistischer Kommentare auf der Plattform aufgefordert. Bei einem Treffen mit Vertretern des sozialen Netzwerkes will Maas darüber sprechen.

Das Internet sei kein rechtsfreier Raum, in dem rassistische Hetze und strafbare Äußerungen unkontrolliert verbreitet werden könnten, schrieb Maas in einem Brief an Facebook. „Gegenüber Internetnutzern, die Fremdenfeindlichkeit und Rassismus offensiv propagieren, darf es keine falsch verstandene Toleranz geben.“

In zahlreichen Beschwerden gegenüber dem Ministerium hätten Facebook-Nutzer beklagt, dass das Unternehmen trotz entsprechender konkreter Hinweise rassistische und fremdenfeindliche Kommentare nicht effektiv unterbinde. Facebook sei verpflichtet, rechtswidrige Inhalte - etwa mit volksverhetzendem Charakter - unverzüglich zu löschen, so Maas. In einem Statement begrüßte Facebook die Gelegenheit, mit Maas über das Thema zu sprechen. Man nehme die Bedenken ernst. Solche Inhalte verstießen gegen Gemeinschaftsstandards.

„Wir verstehen, dass wir als Facebook eine besondere Verantwortung tragen und arbeiten jeden Tag sehr hart daran, die Menschen auf Facebook vor Missbrauch, Hassrede und Mobbing zu schützen“, erklärte eine Unternehmenssprecherin am Donnerstag. Facebook halte mit Hilfe vieler Einzelpersonen, Gruppen und Initiativen dagegen. „Wir appellieren an die Menschen, unsere Plattform nicht für die Verbreitung von Hassrede zu benutzen“, teilte die Sprecherin weiter mit.

Sigmar Gabriel ruft Bürger zum Widerstand gegen Rassismus auf

Bayerns Justizminister Bausback (CSU) forderte, Sympathiebekundungen für terroristische und kriminelle Vereinigungen unter Strafe zu stellen. Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck rief Maas auf, mit den Ländern darüber zu besprechen, wie die Staatsanwaltschaften in diesem Zusammenhang konsequenter ermitteln und anklagen könnten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangte, soziale Netzwerke wie Facebook müssten rassistische Posts schneller und nachhaltiger löschen. „Wir dürfen Volksverhetzung in Deutschland nicht durchgehen lassen“, sagte er beim Besuch in einer Asylbewerbereinrichtung in Ingelheim in Rheinland-Pfalz. Aber auch jeder Bürger sei aufgerufen, sich fremdenfeindlichen Äußerungen in seinem Umfeld entgegenzustellen.

Unterdessen zeigte sich Maas im sächsichen Heidenau besorgt wegen eines Klimas der Einschüchterung. „Es gibt viele, die nicht mehr wissen, ob sie sich noch trauen sollen, ihre Meinung zu sagen; die das nicht gut finden, was der rechtsextreme Mob hier veranstaltet hat. Es ist schon eine Form von Einschüchterung“, sagte er nach einem Treffen mit mehr als 100 Gymnasiasten. „Ein Mädchen hat erzählt, dass sie abends nicht mehr auf die Straße darf - aber nicht wegen den Asylbewerbern, sondern wegen den Rechtsextremen.“

Zahl der Flüchtlinge auf der Balkanroute um mehr als 600 Prozent gestiegen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) machte darauf aufmerksam, dass die Zahl der Flüchtlinge auf der westlichen Balkanroute im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 600 Prozent gestiegen ist. Der Zuwachs bei den Menschen, die über das Mittelmeer gekommen seien, liege dagegen nur bei fünf bis zehn Prozent, sagte er in Nürnberg. „Das war nicht vorhersehbar.“ Zurzeit kommen nach Angaben der Bundespolizei täglich 750 bis 800 Flüchtlinge etwa aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak über Griechenland, Mazedonien und Serbien nach Ungarn. Sie stammen demnach vor allem aus Afghanistan, Syrien und dem Irak, vereinzelt auch aus Pakistan und Eritrea.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery forderte die Politik auf, eine bessere ärztliche Versorgung der Flüchtlinge zu organisieren. „Die Versorgung ist machbar, wenn sie auf viele Schultern verteilt wird. Die Behörden müssen das organisieren“, sagte Montgomery der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich betonte er die Bereitschaft der Ärzte, bei der Versorgung der Flüchtlinge mitzumachen.