„Was wissen Sie über den 23. August 1939?“, fragte die FAZ letzte Woche und gab die Antwort selbst. Der 23. August ist ein halboffizieller Gedenktag, der nur in den baltischen Ländern, Polen und Slowenien begangen wird.

Am 23. August 1939 reiste Hitlers Außenminister Ribbentrop mit dem Flugzeug hochoffiziell im Namen des Dritten Reichs nach Moskau, wurde von Stalin empfangen, und beide Länder unterschrieben den Hitler-Stalin-Pakt, in dem der gemeinsame Überfall auf Polen beschlossen wurde. Polen wurde – wieder einmal – geteilt. Diesmal fiel es Hitler und Stalin in die blutigen Krallen. Interessant ist das Geheimpapier, das zusätzlich zum 10-jährigen Nichtangriffspakt unterschrieben wurde. Die im Ersten Weltkrieg verlorenen Territorien des Zarenreichs in Ostpolen, Finnland, Estland und Lettland fielen an die Sowjetunion, während Westpolen und Litauen den Deutschen zugeschlagen wurden.

Mit was für einer Schmierenkomödie der schrecklichste aller Kriege anfing, ist schwer vorstellbar. So wurde Ribbentrop am Flughafen mit einem Meer deutscher Fahnen empfangen. Die hatte die Sowjetunion von einem Film-Set beschlagnahmt, an dem der antifaschistische Regisseur Herbert Rappaport „Professor Mamlock“ nach dem Drama von Friedrich Wolf drehte. Anti-Nazi-Kulissen zur Begrüßung eines Nazi-Führers, der so im Triumph in Moskau einfuhr.

Nun kommt die unglaublichste Geschichte. Außenminister der Sowjetunion war damals lange Maxim Litwinow gewesen, ein Jude, der fast ein Jahrzehnt die Sowjetunion in auswärtigen Angelegenheiten vertreten hatte. Jetzt setzte Stalin ihn kurzerhand ab, so als wollte er Hitlers Außenminister persönlich keinen Juden zumuten.

Und noch ein Clou. Einen Tag, nachdem die FAZ den Artikel mit einem großen Bild der Unterzeichnung veröffentlicht hatte, erschien eine Bildberichtigung, „Geschönte Lumpen“. Ich, der ich als Kind Ribbentrop noch in Wochenschauen und Zeitungen gesehen hatte, wunderte mich über ihn. Nicht nur, dass er kein Nazi-Hakenkreuz am Revers trug, wie auf damals offiziellen Bildern, sondern auch, dass er einen völlig anderen Kopf bekommen hatte. Stalin im Zentrum und Molotow beim Unterzeichnen waren zwar echt, aber viel jünger als in Wirklichkeit. All das guter sowjetischer Brauch. Man hat „Verräter“ wie Trotzki, immerhin Vater der Roten Armee, später aus allen Fotos rausretuschiert.