Irrfahrten sind menschlich, eine Erfahrung, die wir des Öfteren in unserer Geschichte machen mussten. Nicht grundlos gilt der Orientierungssinn bestenfalls als Sekundärtugend des Menschen, Odysseus ist bis heute der prominenteste Blindfisch. Bekanntlich verzettelte er sich nach seinem Sieg über Troja so hoffnungslos zwischen Kyklopen und Kalypso, dass ein ganzes Genre nach ihm benannt wurde. Er schuf die Odyssee, dabei wollte er nur auf direktem Weg nach Hause.

Bis in die Gegenwart suchen Menschen ihren Kompass. Womit wir bei zeitgenössischen Navigationsgeräten wären, segensreiche Hilfsmittel des Alltags. Das dachte sich zumindest auch ein Busfahrer in Belgien, als er Fußballfans unseres sympathischen Nachbarlandes zum EM-Qualifikationsspiel nach Wales bringen wollte. Als Ortsangabe im Navi genügte dem Fahrer der Landesname. Kann ja für die Technik nicht so schwer sein, im kleinsten Teil Großbritanniens ein Länderspiel zu finden.

Tatsächlich erreichten die belgischen Fans nach einigen Stunden ihren Zielort, allerdings hatten sie sich Wales irgendwie anders vorgestellt. Denn statt in der stolzen keltischen Republik landeten sie in einer 6400-Seelen-Gemeinde im Norden Englands, 300 Kilometer von Cardiff, dem Austragungsort des Länderspiels entfernt. Spätestens die Abwesenheit des Millennium-Stadions mit seinen 74.000 Zuschauerplätzen hatte die Reisegruppe skeptisch gemacht. Dabei konnten die Fußballfans noch von Glück reden, nicht in Wales (Alaska) oder Wales (North Dakota) gelandet zu sein. Zehn Orte dieses Namens gibt es allein in den USA.

Seit Jahren warnen Wissenschaftler davor, Navigationsgeräten blind zu vertrauen. Sie seien der schnellste Weg zum verkümmerten Orientierungssinn, zum Gedächtnis ohne Landmarken, zum Hirn voller Ödnis. Der belgische Busfahrer übrigens kann sich von diesem Verdacht freisprechen. Er war so zeitig aufgebrochen, dass es die Reisegruppe noch rechtzeitig zum Anpfiff nach Cardiff schaffte. Genutzt hat es nichts: Belgien verlor 0:1.