Hamburg. Chef des städtischen Versorgers warnt vor dem umstrittenen „Fracking“ und der Zulassung von mehr Pestiziden

Bisher gilt Hamburgs Trinkwasser als eines der besten in Deutschland. Doch dies könnte sich womöglich bald ändern. In ungewöhnlich deutlichen Worten hat gestern der Chef des städtischen Versorgers Hamburg Wasser, Michael Beckereit, vor einer Verschlechterung der Trinkwasserqualität gewarnt.

Beckereit bezog sich dabei auf das umstrittene Fracking, also die tiefen Bohrungen nach Öl und Gas. Die Bundesregierung plant, es für die Gasförderung unter Auflagen zu genehmigen. Beim Fracking werden Chemikalien unter hohem Druck in die Erde gepresst. Zwar sollten diese giftigen Stoffe nicht ins Trinkwasser gelangen, aber Beckereit fürchtet, dass etwa ein mit Chemikalien verschmutzter Bohrer mit Hamburgs Trinkwasser Kontakt bekommen könnte. „Die Wasserversorgung muss absoluten Vorrang haben“, sagte Beckereit. Dem werde der Gesetzentwurf der Regierung nicht gerecht.

Sorgen bereitet dem Unternehmenschef auch das geplante Freihandelsabkommens TTIP mit den USA. Beim Einsatz von Pestiziden etwa im Obstanbau sei eine Angleichung von Grenzwerten zum Nachteil Europas zu befürchten. In der EU gilt zum Beispiel für das Pestizid Captan eine Höchstgrenze von drei Milligramm je Kilogramm, in den USA sind es 25 Milligramm. Wenn diese Standards künftig auch in der EU gelten, könnte, so Beckereit, die Qualität des Hamburger Wassers sinken. „Dann droht uns bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln ein Rückschritt in die 70er-Jahre – mit gravierenden Folgen für den Gewässerschutz.“

In Hamburg stellt zudem die zunehmende Verdichtung, also Bebauung von Grundstücken, Hamburg Wasser vor große Herausforderungen. Innerhalb der Stadtgrenzen gibt es für das Unternehmen große Schwierigkeiten, geeignete Flächen für neue Brunnen zu finden. Die Lage sei kritisch, da Hamburg Wasser allein in den kommenden drei Jahren 50 neue Brunnen bauen muss. „Die Belange der Trinkwasserversorgung müssen entsprechend ihrer Bedeutung für das Gemeinwohl mehr Berücksichtigung bei der Stadtentwicklung finden“, so Beckereit.

Unklar ist noch, ob Hamburgs Wasser teurer wird. Sollte der Sommer kalt bleiben, will die kaufmännische Geschäftsführerin Nathalie Leroy die Preise um bis zu 1,8 Prozent erhöhen, um entgangene Umsätze auszugleichen. Wird es heiß, könnten die Tarife stabil bleiben.

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