Hamburg. Zustimmung der Bevölkerung liegt nur bei 46,6 Prozent. Kritik an unklaren Kosten und mangelnder Transparenz

„Also Boston“, so titelte die Berliner Tageszeitung „B.Z.“, als die Hauptstadt am 16. März im nationalen Auswahlverfahren um die Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2024 gegen Hamburg unterlag. Doch acht Wochen später sieht es so aus, als könnte der zuvor von vielen als Favorit angesehene US-Bewerber bereits am Widerstand der eigenen Bevölkerung scheitern.

Die aktuellste Umfrage ergab in dieser Woche eine Zustimmungsrate der Bevölkerung zu den Plänen des Bewerbungskomitees „Boston 2024“ in Höhe von 46,6 Prozent. Das waren zwar immerhin zehn Prozent mehr als im März, als die Werte unter dem Eindruck des härtesten Winters seit Jahrzehnten, der den öffentlichen Nahverkehr über Tage zum Erliegen gebracht hatte, auf ein Allzeittief gefallen waren. Aber um die erforderliche einfache Mehrheit einzufahren, die beim Bürgervotum erreicht werden muss, hat Bostons Olympiateam noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Größte Kritikpunkte der Olympiagegner, die sich zu Tausenden in den Gruppen „No Boston Olympics“ und „No Boston 2024“ formiert haben, sind die unklare Kostenübernahme und die mangelnde Transparenz. Sie misstrauen den Beteuerungen der Organisatoren, keine Steuergelder für die Deckung der auf neun Milliarden Dollar taxierten Kosten zu verwenden, und fürchten eine Verstrickung reicher Geschäftsleute, die sich an den Spielen bereichern wollen. Außerdem fordern sie, das Geld in die Modernisierung des maroden Transportsystems, der Schulen und Universitäten sowie in die Verbesserung der Situation auf dem überteuerten Wohnungsmarkt zu stecken.

„Die Bewerbung ist ein Marathon, bei dem wir ganz am Anfang stehen. Wir müssen im November 2016 in Topform sein, nicht jetzt“, sagte John Fish, Chairman von „Boston 2024“, dem Abendblatt anlässlich eines Besuchs in der Universitätsstadt am Atlantik. Bürgermeister Marty Walsh verteidigte die Bewerbung und versprach, die Bevölkerung intensiv in die Planungen einzuweihen. „Wir werden den Menschen in den nächsten Monaten genau erklären, warum unsere Bewerbung wichtig und richtig ist, und dann bin ich sicher, dass wir im November 2016 eine stabile Mehrheit bekommen werden“, sagte er.

Dass das Bürgervotum erst in 18 Monaten abgehalten werden soll, obwohl bereits im September dieses Jahres alle Bewerber ihre Absicht zur Kandidatur erklären müssen und danach nur ein Rückzug, nicht aber das Einsetzen eines Ersatzkandidaten möglich ist, hat ebenfalls für Kritik gesorgt. Das Nationale Olympiakomitee der USA (USOC) stellte jedoch am Donnerstag noch einmal klar, dass es nur mit Boston ins Rennen gehen werde.

„Wir sind uns sicher, dass wir im Sommer 2017 in Lima gegen großartige Konkurrenten wie Paris, Rom und Hamburg antreten werden. Ich sehe auch keinen Favoriten, alle haben die gleichen Chancen“, sagte Bürgermeister Walsh. „Wir respektieren die Hamburger Bewerbung sehr, sie ist unserer in vielen Facetten sehr ähnlich“, sagte John Fish, „aber wir wollen und werden uns im Wettbewerb behaupten.“

Seite 17, 20-21 Magazin