Alle mal Ohren zuhalten: Heute begeht die Welt den Tag des Lärms. Da wollen wir an dieser Stelle natürlich auch nicht schweigen

Umweltprobleme haben wir eigentlich schon genug. Jetzt legt die Deutsche Gesellschaft für Akustik ­(DEGA) noch eins auf den Haufen, auf dem sich schon Klimawandel, die Überfischung der Meere und die Abholzung des Regenwaldes stapeln. „Lärm stellt eines der gravierendsten Umweltprobleme unserer Zeit dar“, findet die DEGA. Sie hat zum Internationalen Tag gegen den Lärm, der heute hoffentlich nicht zu laut gefeiert wird, ein Gruselkabinett der unangenehmen Geräusche zusammengestellt. Quietschende Kreide auf einer Schultafel ist ebenso in diesen Charts wie das fiese Sirren von Mücken kurz vor dem Einschlafen. Auf extrem hohe Töne reagiert der Mensch heftig, weil sie an das Kreischen in Gefahrensituationen erinnern.

Tiefere Töne können ebenfalls abschrecken. Der britische Akustikprofessor Trevor Cox wollte wissen, womit man Mitmenschen nicht vor die Ohren kommen sollte. Platz eins der Umfrage belegte das Geräusch, das entsteht, wenn ein Mensch sich übergibt. Würg!

Auch Dauerbelastung nervt. Wer in einem engen Großraumbüro gearbeitet hat, weiß das. Eine geringe Quadratmeterzahl ist gut für die Wirtschaftlichkeit. Andererseits wusste schon Thomas Carlyle: „Aus der Stille werden die wahrhaft großen Dinge geboren.“ Aber vielleicht lesen Flanellmännchen keine schottischen Philosophen.

Es ist nicht einfach, zwischen „sei endlich still!“ und „mach das mal lauter!“ einen guten Weg für Hammer, Amboss und Steigbügel zu finden. Trost spenden die schönen Geräusche des Lebens: der Torschrei nach dem Treffer, der den Verein vor dem Abstieg bewahrt, der Moment, wenn das Baby nach langem Einschlaf-Widerstand doch gleichmäßig zu atmen beginnt.

„Wer die Stille nicht hören kann, muss umso lauter schreien“, glaubt Lyrikerin Anke Maggauer-Kirsche. Wirklich? Andererseits wissen die Ungarn: „Mit der Trommel kann man keinen Spatzen fangen.“ Egal: Ruhe jetzt!