Eppendorf. Kelsang Drime ist Buddhistin und leitet ein Meditationszentrum. Es ist ihre Berufung, Menschen Lebenshilfe zu bieten.

Buddha-Figuren gibt es inzwischen in jedem Baumarkt. Sehen ja auch schick aus. Weisheit zum Hinstellen, darauf kann sich jeder einigen. Die wenigsten aber machen Ernst und widmen ihr ganzes Leben dem Buddhismus. Kelsang Drime hat diesen Schritt gewagt. Sie ist eine buddhistische Nonne, lebt also die Weisheiten von Buddha und versucht den Menschen, die das Kadampa Meditationszentrum an der Erikastraße besuchen, Ruhe und inneren Frieden zu vermitteln. „Ich bin eine moderne Nonne, wir können uns die Hand geben“, sagt sie zur Begrüßung. Eine große Frau. 1,84 Meter, damit hätte Kelsang Drime auch Model oder Hochspringerin werden können, aber ihr Lebenslauf sollte ein anderer werden.

Welche Frau entscheidet sich schon freiwillig dazu, ihre Haare abzuschneiden und im Zölibat zu leben? „Aber ich vermisse doch nichts. Mein Leben ist so viel unkomplizierter und glücklicher, weniger von Äußerlichkeiten geprägt“, sagt die 37-Jährige. Andere verbrächten morgens Stunden vor dem Spiegel, sie muss sich weder schminken noch lange über ihre Garderobe nachdenken. Meistens trägt sie eine rote Robe. Natürlich nicht beim Radfahren oder Joggen. Ja, auch das machen buddhistische Nonnen, sie müssen nämlich beim Meditieren und den Vorträgen viel sitzen, da tut Bewegung gut. Wobei Kelsang Drime niemals von Arbeit sprechen würde, es ist ihre Berufung, Menschen Lebenshilfe zu bieten.

Wie genau sie das macht, ist schwer zu erklären. Aber wer einmal mittwochabends ihre Vorträge besucht, der muss sich nur die Gesichter der Gäste vor und nach den 90 Minuten im Meditationszentrum anschauen. Es kommen gestresste, genervte, teilweise auch traurige Leute; es gehen entspannte, ruhige, ausgeglichene Menschen. Hokuspokus? Nein, die Wirkung von Buddhas Weisheiten und der Mediation, die hier jeder lernen kann.

Am Anfang falle es den meisten schon schwer, sie seien zu abgelenkt, erzählt Drime. Viele dächten, sie müssten es sofort können, aber mit dem Meditieren sei es wie mit dem Laufen lernen: Es funktioniere nur mit viel Übung. Und dann, Schritt für Schritt, nähmen die ungesunden Gedanken, die Sorgen ab und machten „weißem Licht“ Platz, positiver Energie.

„Einige Besucher werden sogar von Ärzten geschickt, die ihren Patienten dringend raten, positiver zu denken und auch mal loslassen zu können. Erschöpfung und Überlastung sind echte Volkskrankheiten“, sagt Kelsang Drime. Sie legt Wert darauf, dass jeder ins Zentrum kommen könne, egal welchen Alters oder welcher Religion. Ihr Ziel sei es nicht, die Menschen zum Buddhismus zu missionieren, sondern die Probleme der Menschen in modernen Zeiten dauerhaft zu lösen. Die kennt die Lehrerin so gut, weil sie eben nicht abgeschottet lebt, sondern einen ganz normalen Alltag führt: „Buddha verbietet mir nichts, ich kann auch in die Schwimmhalle gehen, wenn ich will.“ Das Zusammensein mit Männern ist ihr nicht fremd, denn es gab ein Leben vor dem Zölibat. Kelsang Drime hat eine 16-jährige Tochter, die es ganz normal findet, was ihre Mama tut und ab und zu ihre Vorträge besucht. Beobachtet man die 16-Jährige dabei, scheint sie sogar ein bisschen stolz zu sein auf ihre Mutter. „Meine eigene Mutter hätte sich natürlich einen anderen Weg für mich gewünscht“, sagt Kelsang Drime. „Aber sie hat so viele positive Veränderungen in meinem Leben entdeckt, dass sie einverstanden ist mit meiner Entscheidung.“

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    Es gab keinen bestimmten Tag oder ein Schlüsselerlebnis, das sie dazu gebracht hätte, Nonne zu werden. Sie sei einfach auf der Suche gewesen, erzählt Drime. Hat Indien und den Himalaya bereist, aber da sei ihr alles so fremd vorgekommen, da hätte sie die Mönche allein wegen der Sprachbarriere nicht verstehen können. Aber dann traf sie eine buddhistische Nonne in Dresden, wo Drime damals lebte. Zu der Zeit hatte sie noch ihren alten deutschen Namen und ihre alte Arbeit an der Semper-Oper. Drime hatte Kunst studiert. Noch heute malt sie gern die Gesichter der Buddhastatuen.

    Die Gespräche hätten sie nach und nach auf ihren jetzigen Weg geführt. Vor acht Jahren wurde sie schließlich von Geshe Kelsang Gyatso, einem buddhistischen Lehrmeister, zur Nonne ordiniert. Er war es auch, der der jungen Frau ihren neuen Namen gab, der heute sogar in ihrem Personalausweis steht. Ob sie mit ihrem Leben von früher nichts mehr zu tun haben will? Nein, so sei es nicht, sagt Kelsang Drime: „Aber der Mensch von früher, der bin ich einfach nicht mehr.“

    Kadampa Meditationszentrum, Erikastraße 99. Vorträge mittwochs um 19.30 Uhr, Kosten: 9 Euro. Weitere Informationen: www.meditation-hamburg.de