Zu Griechenland

Niemand sollte sich etwas vormachen – Regierungschef Alexis Tsipras wird seine Wahlversprechen nicht einfach vergessen haben: mehr Geld für die Armen, mehr Staatsbedienstete, ein Ende des angeblichen Spardiktats. Wenn es in den kommenden Monaten um Details geht, wird sich zeigen, ob Tsipras und seine Mannschaft tatsächlich verstanden haben, dass noch immer der Gläubiger die Modalitäten eines Kredits bestimmt. Und nicht der Schuldner.

Pforzheimer Zeitung

Das stabilste Land in Europa ist Griechenland. Für Zyniker jedenfalls liegt eine bewundernswerte Stabilität im wiederkehrenden Ritual, durch das sich Hellas seit 2009 alle paar Monate mit Geld versorgt. Ob in Athen Sozialdemokraten, Technokraten, Konservative oder Linkssozialisten regieren – das Vorgehen ist immer das gleiche: Hehrer Appell an den Stolz der griechischen Nation, Vorwürfe gegen das zu rigide Programm der Gläubigerländer, vage Versprechen tiefgreifender Reformen. Es folgen Verhandlungen in Brüssel und das Warten auf die nächste Runde dieses paneuropäischen Affentanzes. Tsipras hat nun wieder Aufschub herausgehandelt – wie der Süchtige, der seinen Dealer um ein paar Tage Geduld anfleht.

Die Welt

Es ist ein guter fauler Kompromiss. Und genau die Fähigkeit, so etwas hinzubekommen, zeichnet Europa aus. Denn die Alternative, Griechenland sich selbst zu überlassen und den Verfall der Währungsunion hinzunehmen, hätte viel größeren Schaden bewirkt.

Kölner Stadt-Anzeiger