Diesmal möchte ich Ihnen ein Problem aus meiner Mann/Frau-Beziehung (also normalerweise der von mir zu meiner Frau) berichten. Das Problem stellt sich jeden Dienstag und Freitag. Da ist nämlich Markt, und wenn meine Frau nicht kann, muss ich meist können, wenn ich kann. Sie lässt mir einen Zettel, aus einem Schulheft rausgerissen, und da steht dann eine Einkaufsliste für den Markt drauf. Letzte Woche stand da neben Basilikum das Wort „Magerquark“.

Sieh an!, dachte ich, Magerquark. Wie gesund, wie vernünftig, wie diätbewusst von meiner Frau. Doch dann stieß ich am selben Vormittag in der „Süddeutschen Zeitung“ auf einen großen Artikel mit der Überschrift „Magerquark“. Und da hieß es, dass Magerquark fälschlicherweise seit 40 Jahren als gesund gegolten hat. Damals, als Regierungen und Ärzte in den 70er- und 80er-Jahren zum Feldzug gegen Zivilisationskrankheiten aufriefen, war das Fett der Feind aller Dinge. Beim Quark sollte man den Fettanteil von 40 auf 30, oder noch besser: auf 25 Prozent reduzieren. „Low Fat“ war die Devise, wurde für Schlanke als schick und gesund empfohlen, „Low Fat“ war regierungsamtlich und zierte als Aufdruck gesunde Lebensmittel. Magerquark würde Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Kreislaufleiden effektiv eindämmen.

Jetzt, also letzten Dienstag, als Magerquark auf dem Einkaufszettel stand, ist das alles Quatsch! Alles Quark! In der Online-Zeitschrift „Open Heart“ haben Ärzte den Nachweis geführt, dass die Ernährungsrichtlinien für den weichbröseligen Käse, die seit 1977 in den USA galten, „besser nie verabschiedet worden wären“. Es gebe schlicht keine Beweise, dass weniger Fett in der Nahrung Herz und Gefäße schont oder gar das Leben verlängert. Grund: Die Studie vom gesunden Magerquark beruhte auf der Untersuchung von nur 2500 Männern. Noch dazu von kranken Männern. Frauen wurden überhaupt nicht mit Quark gefüttert. Ein Schlag gegen die Ernährungsgleichberechtigung.

Trotzdem habe ich meiner Frau den Magerquark gekauft. Man kann nicht von einem Tag auf den anderen den Glauben wechseln.

Karasek schreibt jeden Sonnabend im Hamburger Abendblatt