Ein E-Mail-Wechsel von Abendblatt und „Cicero“

Christoph Schwennicke, Chefredakteur des Magazins „Cicero“, und Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend veröffentlichen.

Haider: Lieber Christoph, nun sind wir in Hamburg wirklich gespannt! Was sagt der „Cicero“-Chefredakteur für die Bürgerschaftswahl am Sonntag voraus?

Schwennicke: Olaf Scholz verpasst die absolute Mehrheit knapp, braucht einen Koalitionspartner, redet zuerst wie versprochen mit den Grünen und macht es dann mit der CDU – weil er mit der Öko-Partei auf keinen grünen Zweig kommt in Sachen Elbvertiefung.

Haider: Das glaubst Du nicht im Ernst.

Schwennicke: No risk, no fun, lieber Lars! Ich häng mich jetzt einfach mal etwas weiter aus dem Fenster. Du kannst mich dann ja noch am Hemdzipfel halten, bevor ich rausfalle. Insofern: Das gilt. Und was sagst Du voraus?

Haider: SPD zwischen 45 und 48 Prozent, CDU weniger als oder auf 20 Prozent, FDP eher bei 7 als bei vier, AfD knapp drin oder draußen, Grüne und Linke gleichauf. Soll heißen: Für ausgeschlossen halte ich eine absolute Mehrheit für Scholz nach wie vor nicht. Wie interessiert wird die Wahl von der Bundespolitik verfolgt, kann sie irgendwelche Auswirkungen auf Berlin haben?

Schwennicke: Auf alle Fälle. Vor allem für die FDP und die AfD geht es um ganz viel. Nämlich die Perspektive für die Bundestagswahl 2017. Lindner und Lucke, auf die beiden Gesichter muss man schauen am Wahlabend. Und in der SPD könnte ein Richtungsstreit entstehen. Weiter die Klientelbefriedigung à la Rente mit 63? Oder der Schröder-Scholz-Weg? Für mich ist die Antwort klar. Scholz wird sie am Sonntag mit seinem Wahlsieg geben.

Haider: Und dann doch wieder ein Thema für einen Job in Berlin sein? Oder ist es so, wie er sagt: „Ich bin in Berlin verzichtbar.“

Schwennicke: Das ist ja nun wirklich kein hartes Dementi und lässt noch Luft und Platz, findest Du nicht?

Haider: Ich glaube nicht, dass er noch Interesse an einem Job in Berlin hat. Und selbst bei einem großen Sieg am Sonntag wäre Scholz ja nicht automatisch der Liebling seiner SPD, oder?

Schwennicke: Erstens: doch. Aber der interessante Job ist derzeit nicht vakant und wird erst wieder 2017 ausgeschrieben. Zweitens: stimmt. Aber Schröder haben sie auch nie wirklich geliebt. Das ist kein Ausschlusskriterium.

Haider: Wir müssen noch was über Christian Lindner schreiben. Der war vergangene Woche in unserer Redaktion zu Gast und outete sich als Leser unseres Briefwechsels…

Schwennicke: Er soll sich den nächsten Cicero holen! Da ist ein Hammerfoto von ihm drin.