Der Kölner Generalvikar Stefan Heße wird am 14. März als neuer Oberhirte der norddeutschen Katholiken eingeführt. Er gilt als Reformer. Durch Hamburg ist er immerhin „schon durchgefahren“.

Hamburg. Papst Franziskus hat den Kölner Generalvikar Stefan Heße zum neuen Erzbischof von Hamburg ernannt. Zeitgleich wurde die Personalie am Montagmittag in Hamburg und Rom verkündet. Er wird am 14. März im Hamburger St. Marien-Dom zum Bischof geweiht und in sein Amt eingeführt. Sein Name war bereits seit dem Wochenende im Umlauf gewesen.

In einer ersten Reaktion sagte Heße, die Ernennung habe ihn überrascht und innerlich aufgewühlt. „Jetzt gilt es, aufzubrechen in den Norden Deutschlands, in eine Gegend, die mir bisher nur aus Urlaubszeiten bekannt ist.“ Freimütig gab er zu, nicht viel Ahnung von Hamburg zu haben. „Kennen wäre viel zu viel gesagt. Ich weiß, wo Hamburg liegt, ich bin da auch schon mit dem Zug durchgefahren.“

Stefan Heße wird der dritte Erzbischof der 1995 neu gegründeten Erzdiözese. Das Domkapitel will Heße am Dienstagvormittag vor dem Dom begrüßen. Danach stellt er sich den Medien vor. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz gratulierte dem neuen Erzbischof in einer kurzen Glückwunschschreiben. Er freue sich, ihn bald kennenzulernen.

Etwa 400 Gläubige hatten am Montagmittag am Mittagsgebet im Mariendom in St. Georg teilgenommen. Dort verkündete Dompropst Franz-Peter Spitza offiziell den Namen des Nachfolgers von Werner Thissen. Dabei läuteten die Glocken der Kathedrale. Der Hamburger Dompropst erklärte, er traue Stefan Heße zu, in einem dialogischen Führungsstil die Herausforderungen anzugehen, denen sich die katholische Kirche im Norden stellen müsse. Spiza: „Er ist jung.“ Bei allem Respekt vor dem Alter freue er sich, dass es diesen Generationswechsel in der Kirche gebe.

Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sagte nach der Ernennung dem Abendblatt: „Ich freue mich, dass es ein junger Erzbischof ist." Heße müsse sich nun auf die vielfältige Situation einer Metropole genauso einlassen wie den Strukturen in Mecklenburg und Schleswig-Holstein. Er wünscht sich, dass der neue Erzbischof "mit Gefühl" auf die verschiedenen Situationen eingeht.

Maria-Theresia Gräfin von Spee, Direktorin des Hamburger Caritas-Verbandes, erklärte, Heße genieße den Ruf als umsichtiger und dialogbereiter Kirchenmann. "Als gebürtige Rheinländerin freue ich mich über einen weiteren Rheinländer in Hamburg."

Rheinische Frohnatur für die norddeutsche Diaspora

Dass der Weg von Stefan Heße steil nach oben führt, davon ist man im Erzbistum Köln schon länger überzeugt. Er ist noch keine 50 Jahre alt, aber schon seit drei Jahren als Generalvikar die rechte Hand des Erzbischofs. Und zwischen dem Rücktritt von Kardinal Joachim Meisner und der Ernennung von Rainer Woelki zu dessen Nachfolger stand Heße als Diözesanadministrator an der Spitze des größten deutschen Bistums.

Wie ein erfahrener Politiker weiß er allerdings genau, dass man seinen Ehrgeiz nicht allzu offen zeigen sollte. So äußerte er als Diözesanadministrator mehrfach den Wunsch, es möge doch schnell ein neuer Erzbischof ernannt werden – damit die Last der Verantwortung von seinen Schultern genommen werde. So richtig geglaubt hat ihm das niemand.

Wer kommt jetzt auf die Hamburger zu? Auf jeden Fall eine rheinische Frohnatur! Heße ist ein „Kölsche Jung“ – 1966 wurde er in der Karnevalsmetropole geboren – und wirkt immer sehr fröhlich. Viel fröhlicher zum Beispiel als Kardinal Woelki, den die Sorgen dieser Welt stets ein wenig zu bedrücken scheinen.

Zwar wurde Heße 1993 von Meisner zum Priester geweiht und machte dann unter dem stramm konservativen Kardinal Karriere, es wäre aber falsch, ihn als Meisner-Zögling zu sehen. Heße liegt eher auf der Linie von Papst Franziskus – er gilt als reformorientiert. So legte er als Diözesanadministrator erstmals den Immobilienbesitz des Erzbistums offen.

Völlig fremd sind ihm Meisners autoritärer Führungsstil und bisweilen schroffe Art. Im Generalvikariat schätzt man ihn als modernen Verwaltungschef, der seine Ziele im Dialog mit den Mitarbeitern zu erreichen versucht. Ein Insider aus dem Erzbistum sagt: „Er kann sehr gut auf Leute zugehen, ist sehr humorvoll und mitten im Leben verortet. Hamburg darf sich freuen, einen tollen Mann zu kriegen.“

Hamburger hatten Heße aus Papst-Liste gewählt

Das siebenköpfige Hamburger Domkapitel hatte den Nachfolger von Werner Thissen am 16. Januar aus einer Liste von Papst Franziskus gewählt. Sie umfasste drei Personen. Nach Abendblatt-Informationen wusste keiner der drei Geistlichen, dass sie als Kandidaten im Gespräch seien. Nach der Entscheidung reiste eine Hamburger Delegation nach Köln, um den bis dahin ahnungslosen Generalvikar Heße über die Entscheidung des Domkapitels zu informieren. Danach wurde der frühere Kölner Diözesanadministrator von Papst Franziskus zum Hamburger Erzbischof ernannt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, gratulierte Heße. „Als in Köln geborener Rheinländer wird Ihnen das Erzbistum an der Elbe sicherlich bald ans Herz wachsen.“ Glückwünsche kamen auch von den Bischöfen der evangelischen Nordkirche, Gerhard Ulrich und Kirsten Fehrs. Nordkirche und Erzbistum seien seit Jahrzehnten in einer „priviligierten Partberschaft“ verbunden, sagte Landesbischof Ulrich.

Glückwünsche auch von der evangelischen Nordkirche

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz hat dem neuen Erzbischof für das Erzbistum Hamburg, Stefan Heße, zu dessen Ernennung gratuliert. "Ich gratuliere ich Ihnen sehr herzlich, auch im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg. In Ihrem neuen Amt wünsche ich Ihnen alles Gute. Ich würde mich freuen, Sie bald persönlich kennen lernen“, schrieb Scholz in einem Glückwunschschreiben.

Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki erklärte, Hamburg bekomme „einen sehr guten neuen Erzbischof, der ein Herz für die Menschen hat“. Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle betonte, mit seiner kommunikativen Art und seinem aufgeschlossenen Wesen passe Heße sehr gut in das Erzbistum. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode bekundete Freude über einen „besonnenen, kompetenten und offenen“ Geistlichen.

Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) hat die seelsorgerischen Qualitäten des neuen Hamburger Erzbischofs Stefan Heße gewürdigt. „Die Seelsorge ist unter anderem im Justizvollzug unseres Landes ein wichtiger Stützpfeiler der Resozialisierungsarbeit“, sagte Kuder am Montag in Schwerin. Heße war im Erzbistum Köln sechs Jahre lang Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal, wie Kuder hervorhob.

Hamburg ist gemessen an der Fläche größte Bistum in Deutschland. Von den knapp 400.000 Mitgliedern leben rund 185.000 in Hamburg, 170.000 in Schleswig-Holstein und 40.000 in Mecklenburg. Es ist das einzige Bistum über die ehemalige innerdeutsche Grenze hinweg. Bezogen auf die Mitgliederzahl ist Hamburg allerdings das Viertkleinste unter den 27 deutschen Bistümern.