Im TV-Programm der Festtage wimmelte es von Gesetzesverstößen – von „Downton Abbey“ bis „Fackeln im Sturm“

Weihnachten ist schon deshalb schön, weil die Sender sich mit TV-Schinken gegenseitig überbieten. Ein Beweis ist „Downton Abbey“. Ich gehöre zu jenen 0,63 Millionen Zuschauern, die gespannt die dritte Staffel verfolgten, nur um wieder festzustellen, dass sich Heldinnen und Helden im Unglück wälzen wie Wildschweine.

Dabei fiel mir auf, dass das Rechtsempfinden des Filmpersonals in krassem Widerspruch zu heutigen Gesetzen steht. Grundsätzlich hätten die herrschaftlichen Crawleys dem Kammerdiener Thomas nicht wegen Homosexualität kündigen dürfen, selbst wenn sie gewollt hätten. Nun gut: Nulla poena sine lege, keine Strafe ohne entsprechendes Gesetz, sagte irgendein Altlateiner. Und leider hatten die Briten zu Crawley-Zeiten noch kein Gleichbehandlungsgesetz. Aber hätte der ewig verfolgte Kammerdiener Bates trotz schlampiger Ermittlungen wegen Mordes an seiner Frau verurteilt werden dürfen? Zwar kam er in Staffel 3 als Unschuldiger wieder frei. Aber laut meinen Gewährsleuten in England wird alles noch viel schlimmer (da lief gerade schon Staffel 5).

Immerhin: In „Der kleine Lord“ wird die versuchte Unterhaltserschleichung durch Minna Tipton rechtzeitig aufgedeckt. Strafrechtlich abseitig ist aus heutiger Sicht aber das Südstaaten-Epos „Fackeln im Sturm“ von 1986, das zu Weihnachten aus dem Archiv gekramt wurde. Schon allein wegen all der Fälle von Körperverletzung und Freiheitsberaubung schwarzhäutiger Menschen. Offizier Bent – Typ „fieser Möpp“ – hätte wegen fortgesetzter Gewaltdelikte genauso im Knast landen müssen wie der Wüstling Justin LaMotte, nur wäre der Film dann schon zu Ende gewesen.

Mit zwei Beinen im Knast stünde quasi auch der Zaubermeister in „Krabat“ mit einem Strafregister so lang wie „Krieg und Frieden“: wegen Freiheitsberaubung seiner Lehrlinge, Mord, Nötigung und Verstoß gegen das „Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung“ (§ 9: Erschleichen von Sozialleistungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen). Man fragt sich, warum die Zauberlehrlinge überhaupt unbezahlt für diesen einäugigen Knilch schuften. Am Schluss findet eine Art Tyrannenmord statt, wobei aber fraglich ist, ob die Lehrlinge als Raben überhaupt strafmündig sind. In „Ritter aus Leidenschaft“ wird Heath Ledger von der Teilnahme an Turnieren ausgeschlossen, die an sich schon total illegal waren, was allerdings im Mittelalter noch keiner wusste.

Sogar die Weihnachtsdokus über die Geburt Jesu Christi waren rechtlich unterbelichtet. Die Ehelichkeit des Christkindes bleibt aus Josephs Sicht weiterhin offen (§ 1594 BGB, Abschn. 2: „Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht“; Jesus hat allerdings vom Heiligen Geist nie Unterhalt gefordert). Der Herbergswirt verstieß aber eindeutig gegen die guten Sitten, als er Maria und Joseph in ihrer Zwangslage einfach abwies. Sie hätten nach § 826 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz gehabt. Möglicherweise haben die Engel, die über die Hirten und Herden hinwegflogen, auch gegen das Luftverkehrsgesetz verstoßen, aber wir wollen nicht kleinlich sein.

Es kann sehr erheiternd sein, in Film, Literatur und Oper mal auf rechtliche Fragen zu achten. Vorgemacht hat es der Gifhorner Amtsrichter Ernst von Pidde, der 1968 Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ untersuchte und feststellte: Hier liegt ein Konglomerat schwerer Verbrechen vor, von Mord, Totschlag, Verschleppung und Diebstahl bis zu Brandstiftung, Entführung, Vergewaltigung und Tierquälerei. Das gesamte Götter-, Riesen-, Zwergen- und Heldenpersonal – alle bis auf die Rheintochter Floßhilde würden ins Gefängnis wandern. Genauso wie Mephisto im „Faust“ wegen Körperverletzung (in Auerbachs Keller), Kuppelei (Gretchen), Hausfriedensbruch, Beihilfe zum Totschlag (Valentin) und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Hexenküche). Ziemlich einfach dagegen liegt der Fall bei Lord Voldemort bei „Harry Potter“: Bildung einer terroristischen Vereinigung. Ich freue mich schon aufs nächste Weihnachtsfest.