Zur Papst-Rede in Straßburg

Das Leid von Flüchtlingen zu bedauern ist eine Sache, Flüchtlingen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen eine ganz andere. Diese Trennung zwischen Theorie und Praxis handhabt die EU in Perfektion: Das zeigt der Blick gen Mittelmeer. Insofern ist Franziskus' Appell als ehrenwerter Beitrag zur EU-Asylpolitik zu bewerten. Ins Gebet genommen dürften sich die Parlamentarier jedoch nicht gefühlt haben. Main-Echo

Der Appell an ein müde gewordenes Europa, seine alten Tugenden und Werte wieder selbstbewusst zum Tragen zu bringen, sollte all jene ermutigen, die im Trott des politischen Alltagslebens die Kraft zur Vision nicht mehr finden. Man mag sich fragen, ob solche Appelle tatsächlich Wirkung entfalten. Unmittelbar sicher nicht, aber in einer Tiefendimension vielleicht doch. Politiker können (und müssen) immer nur von einem Tag auf den anderen agieren, Religionsführer dürfen an die großen Richtmarken erinnern. Genau das hat Papst Franziskus getan. Passauer Neue Presse

Nun hat Franziskus vergleichsweise leicht reden, er muss keine 28 eigenwilligen Staatsvertreter regelmäßig zu Kompromissen treiben. Aber genau da setzt er an – die Vielfalt sei ein Kennzeichen von Europa. Warum mit Energie die Gleichmacherei vorantreiben, oft über die Köpfe vieler Menschen hinweg? Warum nicht direkt auf die Menschen sehen? Besonders revolutionär ist diese Botschaft nicht. Aber ab und zu muss sie wohl ein Kirchenmann den Parlamentariern in Erinnerung rufen. Badische Neueste Nachrichten