Oscar Pistorius wurde wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Der Paralympics-Star soll nach Aussagen seiner Familie das Urteil akzeptiert haben.

Pretoria. Letzter Akt eines Dramas, das vor 20 Monaten seinen Anfang nahm: Der südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius ist wegen der tödlichen Schüsse auf seine Freundin Reeva Steenkamp zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Pistorius habe bei seiner Tat grob fahrlässig gehandelt, befand Richterin Thokozile Masipa am Dienstag. Der 27-Jährige wurde nach der Verkündung des Urteils in Pretoria inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft hat über eine Berufung noch nicht entschieden.

Pistorius hatte Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses erschossen. Er gibt an, hinter der Tür einen Einbrecher vermutet und in Panik geschossen zu haben. Vor rund einem Monat sprach Masipa den an den Unterschenkeln amputierten Ausnahmesportler vom Vorwurf des Mordes frei, stattdessen verurteilte sie ihn wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Schusswaffengebrauchs in einem Restaurant.

Für ein weiteres Waffenvergehen verhängte Richterin Masipa zudem drei Jahre Haft auf Bewährung gegen den 27-Jährigen. Das Strafmaß wegen der tödlichen Schüsse auf Steenkamp hatte die Richterin im September noch nicht festgesetzt. Nach viertägigen Anhörungen in der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft mindestens zehn Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung plädierte auf drei Jahre Hausarrest und gemeinnützige Arbeit. Möglich waren bis zu 15 Jahre Haft.

Zu Beginn des letzten Prozesstages machte die Richterin deutlich, dass sie allein über das Strafmaß entscheidet. Eine „perfekte Strafzumessung“ gebe es nicht, führte sie weiter aus. Vielmehr gehe es darum, das richtige Maß zwischen Vergeltung für die Tat, Berücksichtigung der Umstände und des Profils des Täters sowie des besten Wegs zu einer Resozialisierung zu finden.

Die Forderung der Verteidigung nach Hausarrest lehnte Masipa als unangemessen ab. Pistorius habe gewusst, dass sich hinter der Tür ein Mensch befindet, für den es in der schmalen Toilette kein Entrinnen gebe, sagte sie. Dennoch habe er gleich vier Schüsse abgefeuert.

Auch das Argument der Verteidigung, der 27-Jährige sei wegen seiner Behinderung in einem Gefängnis besonders gefährdet, wies Masipa zurück. „Ja, der Angeklagte ist verletzlich, aber er hat exzellente Fähigkeiten damit umzugehen“, sagte sie unter Anspielung auf seine außergewöhnliche Karriere als Leichtathlet. Südafrikas Haftanstalten seien zudem durchaus in der Lage, Pistorius trotz seiner Behinderung und seines Bedarfs an psychologischem Beistand angemessen unterzubringen.

„Es wäre ein trauriger Tag für dieses Land, wenn der Eindruck entstünde, es gebe ein Recht für die Armen und Benachteiligten und eines für die Reichen und Berühmten“, unterstrich die Richterin, die wegen des Mordfreispruchs in ihrem Land heftig kritisiert worden war.

Stocksteif und mit zusammengebissenen Zähnen lauschte Pistorius am Dienstag den Worten der Richterin – so, als rechnete er bereits mit seiner Haft. Anschließend schüttelte er kurz die Hände seiner Angehörigen, dann wurde er von Polizisten ins Gefängnis gebracht.

In einer ersten Reaktion begrüßten Steenkamps Angehörige die Strafe. Er sei „sehr froh“, dass der Prozess endlich vorüber sei, sagte der Vater des toten Models, Barry Steenkamp. Seine Frau June lächelte zum ersten Mal seit langem. Pistorius' Onkel Arnold sagte, seine Familie akzeptiere das Urteil.

Beide Lager gehen davon aus, dass Pistorius nur einen Teil der Strafe im Gefängnis absetzen wird. Der Anwalt von Steenkamps Familie rechnet damit, dass er nach zwei Jahren in Hausarrest kommt, eine Anwältin von Pistorius' Team sprach von zehn Monaten.

Die Staatsanwaltschaft allerdings hat über eine Berufung noch nicht entschieden. Ihr Sprecher Nathi Mncube kritisierte erneut die Entscheidung der Richterin, den Mordvorwurf fallenzulassen.