Der neue Chef landet seinen ersten Coup, und beim HSV haben sie plötzlich alle wieder Spaß. Die Spieler, die Offiziellen – und auch die Fans

Alles neu macht der – Didi. Heißt es zumindest beim HSV. Denn dort ruhen momentan alle Hoffnungen auf dem spektakulärsten Zugang der letzten Jahre, der den zuletzt sportlich verirrten HSV wieder in die Erfolgsspur bringen soll: Dietmar Beiersdorfer ist die personifizierte Hoffnung – und er wird seiner Rolle gerecht.

Mit dem Schweizer Valon Behrami hat der 50-Jährige seinen ersten richtig großen Coup gelandet. Den Mittelfeldspieler (zwölf Millionen Euro Marktwert laut Tranfermarkt.de) verpflichtete er für gerade einmal 3,5 Millionen Euro vom SSC Neapel. Obgleich internationale Top-Teams wie Atlético Madrid und Inter Mailand deutlich mehr geboten hatten.

„Dukaten-Didi“, wie Beiersdorfer in Anlehnung an sein glückliches Händchen bei An- und Verkäufen von Spielern in seiner Amtszeit als HSV-Sportchef (2002–2009) beim Verein genannt wurde, macht seinem Namen alle Ehre. Und das leise. Bis zum gestrigen Donnerstag gab es vom HSV nichts offizielles zum spektakulären Transfer.

Für uns Journalisten macht das die Arbeit nicht leichter. Aber es ist förderlich für den Verein, der „dank“ seiner inzwischen fast vollzählig abgetretenen Protagonisten in Vorstand und Aufsichtsrat als „FC Hollywood“ verhöhnt wurde.

Mehr noch: Es macht den HSV wieder seriös.

Allerdings, und das muss man festhalten, geht das alles nur, weil Beiersdorfer endlich Planungssicherheit hat. Nach etlichen Verhandlungen hat sich Klaus-Michael Kühne jetzt bereit erklärt, dem mit 100 Millionen Euro verschuldeten HSV knapp 20 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – für neue Spieler.

Allein die Zusage Kühnes reichte, um beim HSV das Personalkarussell ordentlich in Schwung zu bringen. Neben Nicolai Müller sollen noch Linksverteidiger Matthias Otsrzolek aus Augsburg sowie ein gestandener Innenverteidiger kommen. Anfang kommender Woche soll das Optionsmodell (Kühne soll seine Einlage zu einem späteren Zeitpunkt in Vereinsanteile umwandeln können) unterschrieben werden. Bis dahin will Beiersdorfer neben Behrami auch gern den Mainzer Offensiven Müller verpflichtet haben.

Ebenfalls in aller Ruhe. Zitate von Beiersdorfer? Null. Er redet nicht viel – er macht einfach.

Und das ist gut so. Im Trainingslager in Österreich arbeitet Trainer Mirko Slomka mit der Mannschaft so intensiv, wie ich es seit Jahren nicht mehr miterleben durfte. Mängel werden akribisch angegangen, körperliche Defizite aufgearbeitet. Und alle ziehen voll mit. Die Stimmung ist trotz grenzwertiger körperlicher Belastungen rundum gut. Selbst bei den Spielern, deren Zukunft noch offen ist.

Denn klar ist auch: Wo neue kommen, müssen alte gehen. Auch das gehört zu dem Personalkarussell, das sich beim HSV jetzt erst richtig in Gang setzt.

Im zentraldefensiven Mittelfeld könnte das leicht sein. Per Skjelbred würde gern bei Hertha BSC spielen, die Berliner wollen ihn – und der HSV hat auf der Position des Norwegers einen personellen Überhang. In der Innenverteidigung ist das dagegen härter. Hier könnte es mit Heiko Westermann jemanden treffen, der bislang fast jedes Spiel für den HSV auf dem Platz stand. „Aber genau das wollen wir doch“, lobt selbiger, „wir wollen Konkurrenzkampf auf hohem Niveau. Das ist für die Mannschaft gut – und es macht jeden einzelnen Spieler stärker.“

Harmonie trotz Leistungsdruck, das gab es lange nicht. Wie auch, es fehlte die Leistung ...

Aber es wird sicherlich auch noch kleinere Unruhen geben, wie zuletzt bei Rafael van der Vaart. Der Niederländer würde gern in Hamburg bleiben, hat aber von Beiersdorfer und Co. noch keine klare Ansage. Immer wieder gibt es Gerüchte über einen angedachten Verkauf des Kapitäns. Dennoch, van der Vaart kennt Beiersdorfer. Deswegen bleibt er ruhig. „Er ist ehrlich, er ist gut. Hier wird einiges passieren. Und da wäre ich gern dabei.“

Weil der HSV wieder Spaß macht. Spielern, Offiziellen – und endlich auch wieder den Fans. Der Beiersdorfer-Effekt greift.

Die HSV-Kolumne „Matz ab“ finden Sie auch täglich im Internet unter