Zum Mindestlohn

Da das Argument, man müsse von seiner Hände Arbeit leben können, so eingängig ist, gab auch die Wirtschaft ihren Widerstand auf. Es stimmt ja auch: Im boomenden Deutschland ist in den meisten Regionen und Branchen der Mindestlohn kein Problem. Es gibt aber in Ostdeutschland noch viele Arbeitslose und leider auch im Westen schlecht ausgebildete junge Leute, für die der staatliche Mindestpreis für Arbeit zu hoch ist. Da der Staat die Unternehmen nicht zwingen kann, Arbeitsplätze zu erhalten, die sich nicht rechnen, werden Stellen verlorengehen. Es ist ein Jammer, dass sich Deutschland nicht an anderen Ländern orientiert und nicht vorsichtiger an den Mindestlohn herangeht. Besonders traurig aber ist, dass nun auch in der Union das marktwirtschaftliche Erbe von Ludwig Erhard nichts mehr gilt. FRANKFURTER ALLGEMEINE

Sicher handelt es sich um einen erfreulichen Wandel, nachdem Regierungen aller Couleur jahrelang Niedriglohn-Politik betrieben haben. Dem wird nun ein Minimum an Schutz beigefügt, immerhin. Aber das Minimum ist zu wenig. Die Sozialdemokraten würden – säßen sie nicht gefangen in der großen Koalition – nun sicher die folgenden Punkte monieren: Für viele Beschäftigte wird es bis Anfang 2017 dauern, bevor sie den Mindestlohn erhalten. Jugendlichen unter 18 Jahren wird der Mindestlohn vorenthalten, weil man ihnen pauschal unterstellt, sie würden für 8,50 Euro auf Ausbildung verzichten. Und Langzeitarbeitslose werden mit einer Wartezeit „bestraft“. Für einen echten, flächendeckenden Mindestlohn hätte es im Bundestag eine rot-rot-grüne Mehrheit gegeben. Ist das wirklich schon vergessen? FRANKFURTER RUNDSCHAU

Mit dem Mindestlohn werden niedrige Löhne nicht ein für alle Mal verschwinden. Auch mit Mindestlohn wird es Arbeitnehmer geben, denen der Staat ihr Gehalt aufstocken muss – etwa, weil sie Haushalte mit mehreren Personen unterhalten. Der Mindestlohn ist aber unbestritten ein politisches Signal, dass Arbeit einen Wert haben muss. RHEINPFALZ