Zum Raucher-Urteil

Wer mit Juristen über Mietrechtsurteile spricht, der hört einen Satz besonders oft: Es zählt stets der Einzelfall. Das heißt, den Inhalt eines solchen Urteils (ein Düsseldorfer Mieter muss seine Wohnung räumen, weil sich Nachbarn durch Qualm im Flur gestört fühlten) schlicht zu verallgemeinern bedeutet, sich auf dünnes Eis zu begeben. Vermutlich war den Düsseldorfern Richtern ebenfalls das Eis zu dünn, auf das sie ihren Spruch gründeten. Warum sonst haben sie überraschenderweise Revision gegen ihren Spruch zugelassen? Damit eröffnet sich dem Bundesgerichtshof die Chance, Grundsätzliches zur Abwägung der Freiheitsrechte von Rauchern mit den Schutzrechten der Hausnachbarn zu entscheiden. Pforzheimer Zeitung

In meinen eigenen vier Wänden darf ich machen, was ich will. An dieser Auffassung rüttelt das Landgericht in Düsseldorf – und zwar zu Recht. Denn die Freiheit, meinen Bedürfnissen zu frönen, hat dort ihre Grenze, wo ich andere Menschen damit beeinträchtige. Ein rauchfreies Beispiel für dieses uralte Rechtsprinzip: Niemand kann mir verwehren, in meinem Wohnzimmer Fußball zu schauen. Aber wenn ich den Fernseher bei einem späten WM-Spiel so laut drehe, dass mein Nachbar um den Schlaf gebracht wird, dann gehe ich zu weit mit der Entfaltung meiner Persönlichkeit. Hier setzt das Düsseldorfer Gericht an: Der 75-jährige Mieter hat sein Recht, die eigene Wohnung vollzuqualmen, so überdehnt, dass andere im Haus darunter leiden mussten. Die Pflicht, durch regelmäßiges Lüften und das Leeren der Aschenbecher andere vor Belästigung zu schützen, hat der rauchende Rentner verletzt. Lübecker Nachrichten

Das Gericht hat nun für solche Extremfälle zu Recht eine Stopplinie gezogen. Der Genuss zu Hause findet dort seine Grenzen, wo er andere chronisch belästigt und gefährdet. Der Anwalt des Rauchers sprach am Donnerstag von einer schlechten Nachricht für Mieter. Tatsächlich ist es genau umgekehrt: Die Mehrheit, auch der Mieter, ist nun besser geschützt gegen Rücksichtslose. Süddeutsche Zeitung