Zu Senkung des EZB-Leitzinses

Es ist ein Paukenschlag aus Europas Zentralbank: Ihr Präsident Mario Draghi und die Mehrheit der Ratsmitglieder sind entschlossen, die Politik des billigen Geldes noch zu verschärfen. Die Senkung des EZB-Leitzinses auf ein Rekordtief hat an den Börsen ein Kursfeuerwerk ausgelöst. Zuvor hatten die Analysten nicht glauben wollen, dass die Zentralbank sogleich an der Zinsschraube drehen werde, weil die Inflationsrate im Oktober unerwartet stark gesunken war. Denn der Sinkflug war vor allem gefallenen Erdöl- und gebremsten Nahrungsmittelpreisen zuzuschreiben. Aber es gibt auch verminderten internen Preisdruck wegen der schweren Wirtschaftskrise und der hohen Arbeitslosigkeit; die Menschen haben wenig Geld zum Einkaufen. Das dämpft die Preisspielräume für Unternehmen. FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

Noch wichtiger dürfte aus Sicht Draghis sein, die kurzfristigen Zinsen an den Kapitalmärkten, die zuletzt deutlich angezogen haben, mit aller Macht niedrig zu halten, damit die Staatsanleihen der Krisenländer für Investoren attraktiv bleiben. Doch auch eine Erleichterung der Refinanzierung ausgewählter Länder des Euro-Raums gehört nicht zum Mandat der EZB. Fakt ist: Ihr ursprüngliches Anliegen, die Banken in den Krisenländern – als eigentliche Geldschöpfer in der Volkswirtschaft – zur verstärkten Kreditvergabe zu animieren, wird die EZB auch mit einer weiteren Leitzinssenkung nicht erreichen. HANDELSBLATT

Nun könnte es gut sein, dass die EZB auch ein Signal in Richtung Berlin aussenden wollte, wo in den derzeitigen Koalitionsverhandlungen über die ökonomische Zukunft des Landes entschieden wird. Dort sollte man es so interpretieren: Unterlasst alles, was die nach wie vor fragile Konjunkturentwicklung belastet. Das ist überhaupt kein Widerspruch zu den jüngsten Steuerschätzungen, die für die nächsten Jahre eine deutliche Steuerung der Staatseinnahmen signalisieren. STRAUBINGER TAGBLATT/LANDSHUTER ZEITUNG