Es gibt Abendblatt-Geschichten, die Hamburg verändert haben. Lesen Sie hier, wie das Hamburger Abendblatt mit der „Aktion Zebra“ die Straßen der Stadt sicherer machte.

Im Lauf eines langen Zeitungslebens entstehen viele Legenden. Beim Hamburger Abendblatt heißt eine davon: Wir haben den Zebrastreifen erfunden. Wie bei vielen Legenden gilt indes: So ganz stimmt’s nicht, aber es ist immerhin eine Menge dran.

Richtig ist, dass nach dem Zweiten Weltkrieg das Miteinander von Autos und Fußgängern durch die rasch wachsende Motorisierung immer problematischer wurde. 1949 befassten sich sogar die Vereinten Nationen damit. Ihre Konferenz über Straßen- und Automobilverkehr im Herbst 1949 in Genf endete mit der Unterzeichnung eines Abkommens über den Straßenverkehr und eines Protokolls über Straßenverkehrszeichen, zu denen auch der Zebrastreifen gehörte.

Der wurde im selben Jahr in Großbritannien an 1000 Brennpunkten eingeführt, anfangs in der exzentrischen Farbgebung von abwechselnd blauen und gelben Streifen. Als man sich später auf Schwarz und Weiß einigte, nannte sie der britische Volksmund „zebra crossing“.

In Deutschland wurde im März 1952 vor dem Ost-Berliner Bahnhof Schöneweide der erste Fußgängerüberweg optisch markiert. Im selben Jahr pinselten auch die Münchner zwölf gestreifte Überwege auf die Straßen. In die westdeutsche Straßenverkehrsordnung wurde diese Markierung am 24. August 1953 aufgenommen. Doch war das Verhalten an den neuen Überwegen noch nicht eingeübt, was 1953 in Hamburg zu 79 Unfällen führte.

Da kam nun das Abendblatt ins Spiel, dessen Motto damals lautete: „Seid nett zueinander!“ Anfang 1954 setzte sich die Redaktion mit der Hamburger Polizei zusammen, um zu überlegen, wie man allen Verkehrsteilnehmern rücksichtsvolles Verhalten an Überwegen nahebringen könne. Doch für die brauchte man erst mal eine griffige Bezeichnung – in Hamburgs Verwaltung hießen sie noch „Dickstrichkette“, in Österreich „Schutzweg“, in der Schweiz „Fußgängerstreifen“.

Der England-affine Verleger Axel Springer hatte von dort den Namen „zebra crossing“ mitgebracht und warf ihn in eine Redaktionskonferenz. „Zebrastreifen“ als Wort existierte damals aber auch schon im Deutschen, wie ein Leserbrief vom Oktober 1953 beweist.

„Aktion Zebra“ für mehr Sicherheit

So entstand die Idee zur „Aktion Zebra“, die ein Jahr lang jeden Monat für eine Woche betrieben werden sollte. Deren Abendblatt-grünes Logo: ein erhobenen Hauptes schreitendes Zebra. Es zierte Zehntausende Winkerkellen, die das Abendblatt von April 1954 an zusammen mit 100.000 Flugzetteln an Fußgänger verteilte. Es schrieb über die „Zebrastreifen“ und appellierte an seine Leser: „Helfen Sie, dass diese Überwege nicht nur zu einer Brücke der Sicherheit, sondern auch zu einer Brücke des guten Verstehens zwischen Fußgänger und Autofahrer werden!“

Gedruckt wurden auch Aufkleber für Windschutzscheiben vorsichtiger Autofahrer. Deren Kennzeichen wurden von Polizisten notiert, ihre Namen im Abendblatt veröffentlicht. Denn „Zebra“ war auch als Abkürzung gedacht für „Zeichen eines besonders rücksichtsvollen Autofahrers“. Der Name „Zebrastreifen“ setzte sich blitzartig durch. Die Zahl der Unfälle an den Fußgängerüberwegen ging schnell zurück, die Zahl der Zebrastreifen im Stadtgebiet (Stückpreis damals: 500 D-Mark) wuchs rasch. Im Juni 1954 nannte die Bundesregierung einen zentralen Punkt der Verkehrssicherheit den verstärkten Schutz der Fußgänger durch überall einzuführende Zebrastreifen.

So steht zwar am Ende nicht die Erfindung des Zebrastreifens auf dem Plus-Konto des Hamburger Abendblatts. Aber ein großer Beitrag zur Verkehrssicherheit und eine so sinnvolle wie clevere Idee, den Namen der Zeitung mit der Lösung eines drängenden Problems in der Stadt zu verbinden.

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