Zu Steuern

Was sie an der guten alten FDP hatten, werden viele Bürger bald auf den Cent genau wissen. Dann nämlich, wenn sie auf die Abzüge auf ihrem Gehaltszettel starren. Denn mit der CDU sind sie geradewegs im Räuberstaat gelandet. Einen Wortbruch wie diesen hat es in Tempo und Umfang nach einer Bundestagswahl noch nicht gegeben. Unvorstellbar, dass führende Unionspolitiker ihre steuerpolitischen Lockerungsübungen ohne Merkels Billigung machten. Ob die Kanzlerin das im Sinn hatte, als sie im TV-Duell mit Peer Steinbrück den Zuschauern ein augenzwinkerndes „Sie kennen mich“ zuraunte? Ja, so kennen wir sie. Schon Merkels erste Große Koalition wurde auf dem Fundament einer Wahllüge errichtet: 2005 wollte die Union zwei Mehrwertsteuerpunkte mehr, die SPD tobte. Am Ende traf man sich bei drei Punkten. MÜNCHNER MERKUR

Die Konservativen zeigen sich als mutlose Kleingeister. Die Wähler haben CDU und CSU nicht mit einem Traumergebnis ausgestattet, damit diese anschließend die Politik der Wahlverlierer betreiben. Die 41,5 Prozent sind ein Vertrauensvorschuss für eine unionsgeführte Bundesregierung, deren Handschrift erkennbar sein soll. … Von Ludwig Erhard stammt der Satz: „Ich vertraue der privaten Initiative und glaube, dass sie die stärkste Kraft ist, um aus den jeweiligen Gegebenheiten den höchsten Effekt herauszuholen.“ Was ist nur aus Erhards Union geworden? KIELER NACHRICHTEN

In früheren Zeiten hatten Regierungsparteien in solchen Fällen noch Zuflucht in der weiteren Erhöhung der Kreditaufnahme des Staates suchen können. Doch diesen Ausweg hat die deutsche Politik sich verbaut, als sie in großer Eintracht (mit Ausnahme der Linkspartei) eine „Schuldenbremse“ ins Grundgesetz aufgenommen hat. Noch wissen wir nicht, wer Angela Merkel in Zukunft beim Regieren zur Hand gehen wird. Aber der Preis des Partnerwechsels zeichnet sich schon ab. Wer hätte gedacht, dass uns die kleine, nicht immer sehr sympathische Anti-Steuer-Partei so schnell fehlen würde. KÖLNER STADTANZEIGER