Rechtsruck auf dem Burschentag: Völkische Vereinigungen wollen die Aufnahme an eine Art „Ariernachweis“ knüpfen. Immer mehr liberale Verbindungen verlassen den Verband.

Eisenach. Auf dem Burschentag in Eisenach geht es vor allem um ein umstrittenes Thema: Die Aufnahmekriterien für die in der Kritik stehenden Studentenverbindungen. In der Deutschen Burschenschaft (DB) werde nach wie vor diskutiert, wer ein „deutscher Student“ sei, sagte der amtierende Sprecher Burkhard Mötz am Donnerstag. Eine Kommission habe einen Antrag vorgelegt, der sich bei der Definition des Deutschseins eng an das Bundesvertriebenengesetz anlehne.

Seit zwei Jahren sorgt die Debatte für heftige Kontroversen. Kritiker werfen den Verbindungen einen Rechtsruck und die Forderung nach einer Art „Ariernachweis“ vor. 2011 war auf dem Burschentag erstmals der Antrag einer Burschenschaft diskutiert worden, der von manchen als Forderung nach einem „Ariernachweis“ für die Mitgliedschaft gedeutet wurde. Den jetzt vorliegenden Vorschlag der Kommission bezeichnete Mötz als „gemäßigter“.

Einen Bericht von „Spiegel Online“, wonach in dem Antrag nicht mehr nur zwischen „deutscher“ und „nicht-deutscher“ Abstammung unterschieden werde, wollte Mötz nicht kommentieren. Dem Bericht zufolge soll nun die Unterteilung in „deutsche“, „abendländisch-europäische“ und „nicht-abendländisch-europäische“ Abstammung vorgeschlagen sein. Sollte sich jemand aus der dritten Gruppe bewerben, sei eine „Einzelfallprüfung durch den Rechtsausschuss der Deutschen Burschenschaft“ erforderlich.

Da immer mehr liberale Vereinigungen aus dem Verein austreten, hat dieser auch immer mehr Ausfälle von Mitgliedsbeiträgen zu verzeichnen. Die Tagungsunterlegen, die ebenfalls „Spiegel Online“ vorliegen, zeigen dem Medium zufolge, dass „der angeschlagene Verband demnach vollends desolat erscheint, vor allem, was Finanzen und Strukturen angeht“.

Die Deutsche Burschenschaft ist der größte Dachverband der Verbindungen. Kritiker werfen ihm vor, nicht deutlich genug gegen rechtsradikale Strömungen innerhalb der Burschenszene vorzugehen. Zahlreiche als liberal geltende Burschenschaften haben den Dachverband in der Vergangenheit verlassen. Burschenschaften sind Studentenverbindungen. Nach Angaben von Christian J. Becker gibt es etwa 250 Burschenschaften in Deutschland, durchschnittlich hat jede von ihnen gut 100 bis 150 Mitglieder. Der größte Zusammenschluss von Burschenschaften im deutschsprachigen Raum ist die umstrittene Deutsche Burschenschaft, in der gegenwärtig noch etwa 100 Verbindungen organisiert sind. Prominente deutsche Burschenschafter sind unter anderem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) oder Berlins ehemaliger Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU).

Die Geschichte der Burschenschaften ist eng mit der Geschichte der deutschen Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts verknüpft. Die Urburschenschaft ging aus dem Lützowschen Freikorps hervor, das sich in den Befreiungskriegen gegen Napoleon einen Namen gemacht hatte. Sie gründete sich am 12. Juni 1815 in Jena. In den folgenden Jahrzehnten setzten sich die Burschenschafter – teilweise mit radikalen Methoden – für die Schaffung eines einheitlichen deutschen Nationalstaates ein. Ein wesentlicher Bezugspunkt für ihre Traditionspflege ist das Wartburgfest 1817.

Die Kontroverse zwischen liberalen und konservativen Burschenschaftern hat sich in den vergangenen Jahren unter anderem immer wieder an einzelnen Anträgen entzündet, über die während des Burschentages debattiert wurde. So wollten Konservative 2011 einen Antrag beschließen lassen, nach dem nur Mitglied in einer Burschenschaft werden kann, wer „deutscher Abstammung“ ist. Kritiker innerhalb wie außerhalb der DB hatten dieses Ansinnen die Forderung nach einem „Arier-Nachweis“ genannt. Damals ging es darum, dass eine Burschenschaft wegen eines chinesischstämmigen Mitglieds mit deutschem Geburtsort und Pass aus dem Dachverband geschmissen werden sollte. Wegen des großen medialen Interesses wurden die Anträge aber zurückgezogen.

In verschiedenen Verfassungsschutzberichten tauchen immer wieder Hinweise auf verschiedene Burschenschaften in ganz Deutschland auf. (dpa)