Giftmüll soll im Boden nahe dem Hafen lagern, mitten in der sensiblen Schutzzone des Biosphärenreservats Elbtalaue.

Alt Garge. Aufregung herrschte gestern beim ersten Spatenstich mit Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) für den neuen Deich in Alt Garge. Giftmüll soll im Boden nahe dem Hafen lagern, mitten in der sensiblen Schutzzone des Biosphärenreservats niedersächsische Elbtalaue, hieß es am Rande der Veranstaltung. Die Rede war von Polychlorierten Biphenylen (PCB), von denen einige dem Supergift Dioxin ähnlich sein könnten, eingelagert in einer vergessenen Deponie. Die Stoffe sollen von dem 1974 stillgelegten Kraftwerk stammen, das die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) in Alt Garge betrieben hatten. Das Umweltministerium wies den Verdacht zurück.

Sprecherin Jutta Kremer-Heye sagte auf Rundschau-Anfrage, dass das Ministerium keine Erkenntnisse über Giftmüll im Boden von Alt Garge habe. "Wir haben uns beim zuständigen Landkreis Lüneburg informiert und können dessen Aussagen nachvollziehen", so Kremer-Heye. Kreissprecher Harald Fichtner sagte, es handele sich bei der Lagerstätte nicht um eine Deponie. "Wir hatten 1995 ein Gutachten über die Situation dort erstellen lassen als Nachermittlung möglicher Altlasten im Boden. Außerdem wurden Unterlagen geprüft und es gab einen Ortstermin", so Fichtner. Ergebnis der Nachforschungen damals sei gewesen, dass nichts Dramatisches festgestellt wurde. "Hausmüll, Bauschutt und Reste vom HEW-Kraftwerk wurden entdeckt."

Jedoch gebe es Gerüchte, sagt er, dass ein Transformator des ehemaligen Kraftwerks im Boden vergraben worden sein soll. "Für uns ist das nicht plausibel. Denn Transformatoren bestehen aus Kupfer und anderen wertvollen Metallen, die nicht vergraben, sondern recycelt werden." Somit gehe der Kreis davon aus, dass keine PCB-haltigen Öle vom Trafo den Boden belasteten.

"Zumal schon 1965 begonnen wurde, das Kraftwerk außer Betrieb zu nehmen und zu demontieren." Und PCB sei, so der Kreissprecher, ohnehin erst im Laufe der 1960er-Jahre in Umlauf gekommen. "Es gibt keine Beweise für PCB oder Dioxin."

Die Diskussion über möglicherweise mit Giftmüll verseuchten Boden löste eine Alt Gargerin aus. Beim Surfen im Internet auf den Seiten des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie entdeckte sie Ende März eine Übersicht über die Altlastendeponien im Land. Es war auch Alt Garge aufgeführt, mit einem optischen Gefahrenhinweis in Form eines roten Punktes auf der Karte.

Sie schrieb einen Brief an Umweltminister Sander, wollte Antwort auf die Frage nach der Gefahr in Alt Garge, der aber nicht beantwortet wurde. Stattdessen stufte das Landesamt im April die Gefahrenstufe für Alt Garge auf seiner Internetseite herunter.

Ministeriumssprecherin Kremer-Heye sagte, der Brief sei Auslöser für das Landesamt gewesen, die Gefahrenstufe zu aktualisieren. "Erst mit dem Schreiben wurde das Versäumnis erkannt, dass die nicht richtige farbliche Kennzeichnung korrigiert werden muss." Sie räumte ein, dass es eine Kommunikationspanne gewesen sei, den Brief nicht zu beantworten. Dafür entschuldige sich der Minister bei der Anwohnerin.