Themen: „Remigration“ ist das Unwort des Jahres +++ AfD-Verbot: Ja oder nein? +++ Bürger dürfen Umfeld der Sternbrücke mitplanen.

Den Kontext berücksichtigen

16. Januar: „,Remigration‘ ist das ,Unwort des Jahres‘“

Dem sogenannten „Unwort des Jahres“ 2024 wird von Ihnen heute kommentarlos nur ein knapper achtzeiliger Hinweis auf Seite eins gewidmet. Auch in dem Artikel „Alle sind Verfassungsschutz“ wird es nur kurz erwähnt. Zur Begründung der Wahl dieses Begriffs heißt es, er „stehe beschönigend für die Forderung nach Zwangsausweisung und Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte“. Neben dieser aktuellen Aneignung des Begriffs durch rechtsgerichtete Kreise sei darauf verwiesen, dass er auch andere, sachliche Bedeutungen hat, die mit Rechtspopulismus nichts zu tun haben. So gibt es in der Soziologie das Feld der Remigrations-Forschung, die z.B. die Rückkehr deutscher Exilanten aus dem Ausland mit Beendigung des Zweiten Weltkriegs untersucht oder die Rückkehr von Wolgadeutschen aus dem sowjetischen oder postsowjetischen Bereich. Unter Remigration versteht man daneben auch die (wiederholte) Rückkehr ehemals ausgewiesener Migranten in das Einwanderungsland. In meinem Kulturkreis heißt „Remigration“ übersetzt „Heimflutningur“, Umzug in die Heimat, zurück nach Island, oft verbunden mit Heimweh. Es kommt darauf an, in welche Richtung man denkt und zieht. Ohne solche Kontexte zu berücksichtigen, ist es meines Erachtens sehr fragwürdig, Wörter zu „Unwörtern“ zu deklarieren. Sprachkritik sollte der semantischen Vielfalt der Begriffe gerecht werden und sie in ihren Beurteilungen auf jeden Fall berücksichtigen.

Dr. Ava Baldursdóttir

Wiederholung der Geschichte?

15. Januar: „AfD-Verbot: Ja oder nein? Bei der NPD scheiterten zwei Versuche. Was bei der AfD dafür spricht – und was dagegen“

Der Sozialdemokrat Carlo Schmid hat nach dem Zweiten Weltkrieg im parlamentarischen Rat durchgesetzt, dass das Grundgesetz zum Schutz der Demokratie den Artikel 18 enthält, nach dem beim Bundesverfassungsgericht ein Antrag auf Verwirkung von Grundrechten für jemanden gestellt werden kann, der die Grundrechte im Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht. Der AfD-Politiker Höcke sieht sich nah am Ziel, nach den Wahlen in Thüringen zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden. Dafür reicht es nach der Verfassung von Thüringen, wenn er im dritten Wahlgang die meisten Stimmen erhält, und sich die demokratischen Parteien nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können. Haben wir aus der Geschichte nichts gelernt? Wiederholt sich die Geschichte in Thüringen nach 92 Jahren, als es die NSDAP erstmals schaffte, einen Regierungschef in Deutschland zu stellen? Es dürfte für einen Antragsteller (eine Landesregierung, den Bundestag oder die Bundesregierung) nicht so schwierig sein, dem Bundesverfassungsgericht darzulegen, dass dies für Herrn Höcke zutrifft.

Winfried Wolf

Tschüs HVV!

15. Januar: „Neue HVV-Prepaidkarte verwirrt Fahrgäste. Eigentlich sollte die Karte das Busfahren vereinfachen. Bei einigen Hamburgern führt das bargeldlose Bezahlen jedoch zu Frust“

Auch ich habe bei meinen ersten beiden Fahrten mit dieser Karte die Erfahrung gemacht, dass die Busfahrer selbst nicht wussten, wie das Lesegerät funktioniert. Wahrscheinlich soll der Kunde von Geburt an mit diesen Geräten vertraut sein. Jetzt mit mehr Erfahrung bezweifle ich, dass der Kaufakt mit diesem Gerät schneller gehen soll als mit Bargeld. Wenn ich dem Busfahrer eine Münze auf’s Tablett lege, geht es ratzfatz. Aber es geht ja einmal mehr darum, dass ein Unternehmen die Vertriebskosten auf die Kundschaft abwälzt. So stand ich denn jetzt in einem Lottoladen fünf Minuten an, um diese dämliche Karte aufzuladen. Es sind meine fünf Minuten, die ich hier verplempere, nicht die des HVV. Vollends sauer macht es mich, wenn ich dann im Bus die Werbung zu diesem Mumpitz lese: „Anruf aus den Achtzigern: Wir wollen unser Bargeld zurück“. Davon mal abgesehen, dass dieser Spruch geklaut ist, ist es eine Verhöhnung der Kundschaft, die lieber bar bezahlen will. Wahrscheinlich können sich die BWL studierten Werber nicht vorstellen, dass es solche Menschen gibt. Der HVV hat für mich den ersten Platz als kundenunfreundlichstes Unternehmen für den Rest meines Lebens. Wenn der Winter vorbei ist, fahre ich wieder mit dem Fahrrad. Tschüs HVV.

Andreas Geisler

Schlechte Umsetzung

Es wäre schön gewesen, wenn Sie sich nicht so sehr auf das Chaos bei der Kartenversorgung (ein temporäres Problem), sondern mehr auf die schlechte Umsetzung des Ticketbuchens bei Fahrtantritt fokussiert hätten. Dies ist für mich das eigentliche Problem. Früher hat man dem Fahrer sein Ziel gesagt und dieser hat den Tarif festgestellt. Jetzt müssen die Leute vorab Ziel und Tarif wissen, was besonders älteren Menschen schwerfällt. Warum hat sich der HVV nicht mal bei unseren Nachbarstaaten umgeschaut? In den Niederlanden zum Beispiel loggt man sich mit einer Karte ein und aus. Kurz die Karte über das Lesegerät beim Einsteigen und dann wieder beim Aussteigen halten. Die Tariffeststellung und Abbuchung erfolgt im Hintergrund. Eigentlich wie bei der App HVVAny, welche ich nutze und sehr gut finde.

Lars Martens

Es geht um Sparen und Profit

Die Argumente, mit denen der Hamburger Verkehrsverbund die Abschaffung der Barzahlung begründet hat, sind inzwischen allesamt widerlegt. Als einzige Begründung bleibt, dass es mal wieder ums Sparen und den Profit geht. Wäre dem nicht so, hätte man zumindest die Alternative der Bezahlung mit der Kreditkarte ermöglicht. Aber das hätte zunächst Investitionen erfordert.

Herbert Hengstenberg

Dialog kommt zu spät

15. Januar: „Bürger dürfen Umfeld der Sternbrücke mitplanen. Ende Januar sind die Anwohner zu Informationsdialogen eingeladen. Was für 2024 außerdem geplant ist“

Das ist ja wohl ein schlechter Witz! Diese Umfeldplanung hätte vor der Brückenplanung passieren müssen. Denn an der Größe des Umfelds und den Bedürfnissen der Bürger orientieren sich doch Größe und Aussehen der Brücke. Die Planung muss also von Beginn an ergebnisoffen mit den Anwohnern gemeinsam erfolgen und verbindlich sein. Nach Diebsteich und „Neue Mitte Altona“ setzt die „Monsterbrücke“ ein weiteres Fanal der Umfeldzerstörung und Ignoranz. Die Wut der Altonaer Bürger über die Arroganz der Politik ist groß! Denn es ist ja schon aus vorhergehenden Bürger-Dialogen bekannt, dass die Wünsche der Bürger allesamt nicht umgesetzt werden.

Christine Zander

Probleme werden ausgesessen

13./14. Januar: „Seniorin traut sich kaum aus der Wohnung. Eisglatte Fußwege sind besonders für ältere Menschen derzeit extrem gefährlich. Ex-Bezirksamtsleiter stellt Forderungen“

Mir fehlt leider jegliches Verständnis für nicht geräumte Gehwege vor der eigenen privaten Haustür. Im Bekanntenkreis gab es schon zwei Stürze mit komplexen Brüchen. Es besteht Räumpflicht und viele halten sich auch daran, viele aber auch nicht. Mir ist es ein Rätsel, warum Ordnungs- und Bezirksamt erst den „Dialog“ mit den „Sündern“ suchen? Wenn ich falsch parke, wird mit mir auch nicht erst der Dialog gesucht, sondern ich bekomme wegen Nichteinhaltung der Regel gleich einen Strafzettel. Dieses Aussitzen der Probleme fördert nur die nächsten Stürze beim nächsten Schneefall, mit Leid und Kosten für alle.

Andreas Jörk

Schreiben Sie uns gerne an briefe@abendblatt.de oder per Post an das Hamburger Abendblatt, 20445 Hamburg
Von den vielen Leserbriefen, die uns erreichen, können wir nur einen kleinen Teil veröffentlichen. Teilweise müssen wir kürzen, um möglichst viele Meinungen zu veröffentlichen. Mit Ihrer Einsendung erlauben Sie uns, alle Inhalte und Ihre Kontaktdaten an die zuständigen Redakteurinnen/Redakteure und/oder an externe Autorinnen/Autoren weiterzuleiten. Sollte eine Weiterleitung Ihrer Kontaktdaten und ein Dialog mit uns nicht gewünscht sein, bitten wir um Mitteilung. Einsendungen werden sowohl in der gedruckten Ausgabe sowie den digitalen Medien vom Abendblatt veröffentlicht und geben ausschließlich die Meinung der Einsender wieder. Veröffentlichte Leserbriefe finden Sie auch auf abendblatt.de/leserbriefe.