Was für eine Doppelmoral

20. November: Kommentar: „Unwürdige Pfiffe in Berlin. DFB-Kapitän Gündogan erlebt bitteren Abend“

Ich bin empört und gleichzeitig enttäuscht, was die türkische Community von sich gegeben hat. Zuerst macht der türkische Präsident inakzeptable, antisemitische Äußerungen. Bezeichnet Israel als Terrorstaat und die Hamas als Widerstandskämpfer. Kurz darauf erfolgt sein Staatsbesuch in Deutschland. Die Hände werden kräftig geschüttelt und kurz darauf folgt auch noch ein „Fußballspiel in Freundschaft“ Deutschland-Türkei in Berlin. Hier leben alleine schon 200.000 Menschen mit türkischem Migrationshintergrund. Es musste doch allen klar gewesen sein, dass Spannungen vorprogrammiert sein würden. Der Bundestrainer lässt dann auch noch den deutschen Nationalspieler mit türkischer Herkunft, Gündokan, als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft auflaufen. Dass dann das Heimspiel einer deutschen Nationalmannschaft von einem Pfeifkonzert erster Güte begleitet wird, ist doch fast zu erwarten gewesen. Umso mehr verstört und erschüttert mich das. Was soll das, bitte schön? Was ist das für eine Doppelmoral. Hier in Deutschland leben und dann den Kapitän der deutschen Nationalmannschaft auspfeifen, nur weil er türkischer Herkunft ist und sich aufgrund seines deutschen Passes für das deutsche Trikot entschieden hat. Wenn wir es nicht schaffen Religion, Staat und Sport zu trennen, wird es immer wieder solche Auswüchse geben.

Reiner Harbrucker

Lernen aus der Bauruine

18./19. November: „Jahrelange Bauruine? Stadt darf Elbtower frühestens 2029 kaufen“

Die bisher geheim gehaltenen Vertragsbedingungen, wie die früheste Kaufoption in 2029 hat wenigstens den Vorteil, dass diese Bauruine sich sechs Jahre lang in das Bewusstsein von Olaf Scholz und allen anderen am Bürger vorbei handelnden Politikern einprägen kann. Autoritäre Stadtplanung mit falschen Gebäudetypen am falschen Platz sollte der Vergangenheit angehören. Die moderne Stadt ist kein Ort der Sensationen, sondern eher der Kommunikation der Muße und der Erholung. Das gilt insbesondere für diesen innovativen neuen Stadtteil HafenCity. Die Überfrachtung der neuen Stadt an der Elbe mit publikumsintensiven Aktivitäten bewegt sich jetzt schon auf sein Limit zu. Auch die bisher sichtbare Verkehrsplanung ist da wenig hilfreich.

Bruno Brandi

Lärm gehört zur Großstadt

18./19. November: „Außengastro auch im Winter – Anwohner sauer. Altona will Sondernutzung bis Ende 2024 erlauben“

Ottensen ist ein beliebtes und belebtes Viertel, in dem rund um die Uhr immer etwas los ist. Genau deswegen ist der Stadtteil so beliebt. Gerade die vielen kleinen inhabergeführten Geschäfte und Restaurants verleihen Ottensen seinen unverwechselbaren Charme. Wer dort wohnt, weiß also was ihn erwartet. Sich dann über den Lärmpegel zu beschweren, finde ich, gelinde ausgedrückt, völlig absurd. Auch ohne diese Sondernutzung außerhalb der Lokale ist es in Ottensen laut. Wir wohnen eigentlich in einer ruhigen Wohngegend. Aber unsere Wohnung liegt neben der S-Bahn-Strecke Blankenese-Altona und zudem in der Einflugschneise des Flughafens. Zum ruhigen Schlafen helfen nur Ohrstöpsel oder geschlossene Fenster. In einer Großstadt ist ein gewisser Lärmpegel nun einmal nicht zu vermeiden.

Birgit Peters

Gendersprache spaltet

17. November: Leitartikel: „Gefahr für die SPD. Die Genderinitiative bekommt Rückenwind – auch aus Hessen“

Wer Respekt fordert, sollte nicht respektlos handeln. Eine Wahlkampfaussage meiner Partei forderte vor der letzten Bundestagswahl Respekt. Respekt vor der deutschen Sprache, der Sprache von Goethe, Schiller, Grass und vielen anderen hat sie nicht. Sie gendert fröhlich drauflos mit Gendersternchen und dem sprachlichen „Gerülpse“ vor „...innen“. Dadurch verliert man Glaubwürdigkeit. Sprache ist ein Mittel. Ein Mittel der Verständigung, des Diskurses und oft auch friedensstiftend. Die Gendersprache leistet das nicht. Sie spaltet, ist ärgerlich und macht, wie mehrfach festgestellt wurde, Deutsch zur Fremdsprache. Der Rat für deutsche Rechtschreibung lehnt das Gendern eindeutig ab. Übrigens: Die Verwahrlosung des Denkens beginnt mit der Verwahrlosung der Sprache. In diesem Sinne. Auch hier gilt: Die Hoffnung auf respektvolles Verhalten stirbt zuletzt. Die Einhaltung gültiger Regeln darf ich auch von meiner Partei erwarten.

Wolfgang Kaeser, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Zum Frieden durch Verzicht

18./19. November: „,Netanjahu hat versagt, uns zu schützen‘. Hamburgs nächster Generalmusikdirektor, der israelische Dirigent Omer Meir Wellber, über den Krieg“

Während des aktuellen Vergeltungsschlags des israelischen Militärs auf Gaza empfinde ich es als überaus erleichternd, wenn ein prominenter Israeli in seinen Überlegungen zu einer friedlichen Lösung des Konflikts nicht das immer wieder strapazierte Recht der Selbstverteidigung bemüht, sondern ganz besonnen und besorgt die (einzig hilfreiche) Möglichkeit der Aussöhnung der verfeindeten Völker ins Spiel bringt. Auf einer gemeinsamen Basis der Vernunft. Ehrlich und „von Herzen kommend“. So, wie Deutschland und Israel nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zueinandergefunden haben. Jedem vernünftigen Menschen dürfte bewusst sein, dass das natürlich nicht ohne Verzicht und Verzeihen möglich ist. Und den westlichen Staaten, besonders Deutschland, sollte endlich bewusst werden, dass sie genau hierfür alle ihre Bemühungen für eine friedliche Lösung des Konflikts stecken müssen. Und nicht vor allem in die Unterstützung der „Selbstverteidigung“ Israels - die ja schon lange keine „Verteidigung“ mehr ist, sondern (unverhältnismäßige) Vergeltung.

Peter M. Lange, Henstedt-Ulzburg

Die Autolobby ist zu stark

17. November: „Regelmäßiger Führerscheintest für Senioren?“

Ein regelmäßiger Führerscheintest wäre zu begrüßen, wird aber in der deutschen Autolobby nie eine Mehrheit finden. Schon vor 19 Jahren, nach dem Unfalltod meines Sohnes durch einen 84-jährigen, halb blinden Autofahrer, erklärte mir der damalige Polizeichef in Germering, dass die Senioren ein großes Problem im Straßenverkehr darstellen. Warum wird in Deutschland dieses Thema immer in die Diskriminierungsschublande gesteckt? In fast sämtlichen europäischen Ländern, in denen alle zwei Jahre Fahrtüchtigkeitstests gang und gäbe sind, spricht niemand von Diskriminierung. Es liegt doch in der Natur der Sache, dass viele Autofahrer im fortgeschrittenen Alter, die einen früher, die anderen später, nicht mehr so fit sind – was sich aber nur durch Tests hinterfragen lässt. Kein alter Autofahrer wird von vornherein als fahruntauglich eingestuft. Auch sind die Ursachen der Verkehrsunfälle bei jungen Fahrern, wie Unerfahrenheit, Selbstüberschätzung oder Leichtsinn, völlig andere als bei Senioren, bei denen es um körperliche Mängel geht wie nachlassende Reflexe und Aufmerksamkeit. Der Bundesverkehrsminister lügt sich in die Tasche, möchte er sich die Senioren als potenzielle Wähler nicht vergraulen? Auch der ADAC spricht sich aus Eigennutz gegen Fahrtüchtigkeitstests aus, denn er würde Mitglieder verlieren. Der Bundesverkehrsminister sollte sich an Stellen orientieren, die Ahnung davon haben, wie die Versicherungswirtschaft und die Polizei. Politiker, die den Mut haben, dieses „heiße Eisen“ anzuschneiden, werden sofort zurückgepfiffen. Ob diese Personen, die sich gegen Fahrtüchtigkeitstest aussprechen, immer noch dagegen wären, wenn es sie selbst träfe?

Roswitha Seebauer

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