Gendern nicht aufzwingen

17. November: „,Gendern funktioniert nicht!‘ Volksinitiative plädiert vor dem Gleichstellungsausschuss für generische Sommelbegriffe“ und Leitartikel: „Gefahr für die SPD. Die Genderinitiative bekommt Rückenwind – auch aus Hessen“

Gendern oder nicht sollte den Menschen nicht aufgezwungen werden. Sprache entwickelt sich. In den skandinavischen Ländern ist die Gleichberechtigung doch wesentlich weiter als bei uns auch ohne gendern. Außerdem werden die Menschen, die sich weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen jetzt erst recht ausgegrenzt. Übrigens, wer bei einer Einladung als Gast bezeichnet wird und sich darüber aufregt, hat wohl keine anderen Sorgen. Das Wort Gästin hat es vorher nicht gegeben.

Karen Weidmann Henkel

Eine Frage des Respektes

„Der generische Sammelbegriff habe immer schon alle erfasst“ stimmt insoweit, dass Frauen weder in der Sprache noch in der Gesellschaft wahr genommen wurden. In den letzten ca. 100 Jahren hat sich daran endlich etwas geändert. Meine Mutter musste in den 70er-Jahren noch die Erlaubnis meines Vaters einholen um arbeiten zu dürfen. Als ich 1983 in der Ausbildung war, stand in meinem Zeugnis: „Herr Bettina Boelz hat seine Prüfung zum Elektroniker bestanden.“ Erst nach Protest wurde mein Zeugnis „gegendert“. Auch heute werden Frauen bei Beförderungen und Qualifizierungsmöglichkeiten übergangen. In Schülerin steckt das Wort Schüler, in Schüler nicht das Wort Schülerin. Es ist längst Zeit, dass wir Frauen auch in der Sprache vorkommen. Gendern ist eine Frage des Respekts für alle Menschen.

Betti Boelz

Augenmaß beim Gendern

Die Volksinitiative zeigt m. E. vernünftig und mit Augenmaß den richtigen Umgang mit dem sogenannten Gendern auf. Jedes gut geführte Unternehmen verfügt über eine Corporate Identity, in der u.a. auch die zulässigen bzw. erwarteten Formulierungen in Wort und Schrift gegenüber den Kunden definiert sind. Wie privat geredet und geschrieben wird, bleibt Privatsache. Das sollte auch für das Unternehmen Hamburg gelten. Der Hinweis von Frau Fegebank als Vertreterin des Unternehmens Hamburg, dass Gendersprache weder in der Verwaltung noch in der Schule vorgeschrieben, aber auch nicht verboten ist, wirkt da ziemlich verbohrt. Im Interesse von Klarheit und Verständlichkeit sollte Hamburg deshalb sehr zügig eine Verwaltungsvorschrift erlassen, die das Gendern für öffentlich Bedienstete untersagt, sobald sie sich als Vertreter Hamburgs artikulieren. In ihren Eimsbütteler Altbauwohnungen können diese dann Gendern so oft und so viel sie wollen.

Michael Pistorius, Hamburg

Gruppendruck an Schulen

Der Initiative geht es um den Verzicht der sogenannten Gendersprache in Bildung und Verwaltung. Man mag sich fragen, warum dies so ein Anliegen ist. Dazu lohnt der Blick in Verwaltung, Schule und Hochschulen. Dort ist korrekte Gendersprache zwar oft formal nicht gefordert, praktisch wird diese aber rigoros umgesetzt: Im Unterricht wird konsequent von fast allen Lehrkräften gegendert (Diversität und Gendern sind ab den weiterführenden Schulen regelhafte Bestandteile in einigen Fächern und von Projektwochen). Selbstverständlich sind Unterrichtsmaterialien und Schreiben der Schule gegendert. Auch Punktabzüge in der Bewertung hat es schon gegeben. In höheren Jahrgängen berichten Schüler durchaus auch von einem Gruppendruck. An der Uni Hamburg wurden wiederholt Arbeiten mit 0 Punkten bewertet (gerade im Studiengang Pädagogik), weil nicht gegendert wurde. Aus mehreren Behörden ist zu hören, dass dort Vermerke korrigiert werden müssen, wenn keine Gendersprache verwendet wurde. Machen wir uns nichts vor: Gendern erfolgt längst auf breiter Front durch die Hintertür. Die Befürworter halten sich nicht mit Diskussionen über Sinn oder Unsinn auf – sie setzen Gendersprache einfach um, in der Hoffnung, dass junge Menschen es kritiklos verinnerlichen.

Chris Mahns

Es kann nur besser werden

16. November: „Der Domplatz in der City soll größer werden. Mit neuen Plänen der Konkurrenz trotzen: Boulevard von der Alster bis zur HafenCity, mehr Grün und belebtes Parkhaus“

Schon oft habe ich nach einem Einkauf in der Mönckebergstraße auf dem Weg zum Rödingsmarkt den Domplatz überquert. Jedes Mal habe ich mich dabei über die Gestaltung dieses Platzes mehr als gewundert: Eine seelenlose Freifläche mit Steinklötzen, vermeintlich als Sitzgelegenheiten aber als solche natürlich nur nutzbar an warmen, regenfreien Tagen. In welchen Köpfen entstand wohl seinerzeit die Vorstellung, einen Platz in Super-Citylage so zu gestalten? Ich meine, dass der Domplatz mit diesem kalten und abweisenden Charakter seit Jahrzehnten schon so besteht. Wenn jetzt also Überlegungen im Raum sind, diesen Platz umzugestalten, ihn zu erweitern und bis zur Petrikirche hin auszubauen und in eine sog. Domachse mit Boulevard-Flair zwischen Alster und Elbe einzubinden, kann alles einfach nur besser werden. Höchste Zeit, dass der Domplatz seiner Superlage gerecht und einladender wird, an Attraktivität gewinnt und als Relikt einer fehlgeleiteten Auffassung von öffentlicher Raumgestaltung eine Renaissance erfährt. Zu hoffen bleibt allerdings dabei, dass alte Fehler sich nicht wiederholen.

Jan Troje

Der Unterton gefällt mir nicht

11./12. November: „Senioren am Steuer: Was tun, wenn es wiederholt kracht? Versehentliche Unfälle wie an der Waitzstraße werfen Fragen auf, ob Pflicht-Tests nötig sind. Was Experten dazu sagen“

Was mir an Ihrem Artikel nicht gefällt, ist der Unterton, dass Senioren mit zunehmendem Alter immer weniger fahrtüchtig sein könnten. Woher aber bitte kommt diese Annahme? Selbst Bundesverkehrsminister Volker Wissing will die entsprechenden Pläne der EU-Kommission stoppen, da, so Wissing, die Unfallstatistik in der Altersgruppe über 70 „keine signifikanten Zahlen bei schweren Unfällen“ verzeichne. Was die Unfallstatistik aber hergibt, sind jedoch Zahlen, bei denen ein Senior bei einem Unfall verletzt oder getötet wird. Also „Opfer“ wurde, ohne ein Fahrzeug geführt zu haben! Weil er z.B. nicht mehr so gewandt und schnell wie ein junger Mensch war, um dem viel zu schnell fahrenden 20-jährigen Fahranfänger auf der kleinen Verkehrsinsel in Fahrbahnmitte oder am Straßenrand noch rechtzeitig ausweichen zu können. Oder weil er auf Grund älterer Knochen schwerere Verletzungen erleiden musste, als vielleicht noch vor 30 Jahren. Und diesen womöglich erlag. Dass Senioren selbstverantwortlich ihre Fahreignung überprüfen lassen sollten, ist also eine Sache. Und das können die auch! Man sollte ihnen seriöser Weise diese Verantwortung auch nicht absprechen oder in Frage stellen. Dass aber eine solche vom Senior eigenverantwortlich praktizierte Prophylaxe in der Presse gerne unerwähnt bleibt und stattdessen wieder einmal und fast schon zwanghaft über notwendige Zwangsmaßnahmen berichtet wird, das macht mich schon nachdenklich.

Wilhelm Baack, Norderstedt

Eine echte Alternative fehlt

Dazu sage ich nur: Wer nichts zu befürchten hat, sollte damit kein Problem haben. Die einzige Rechtfertigung dafür ist die vielfach fehlende kritische Selbstreflexion. Außerdem fehlt eine echte Alternative zur eigenen Motorisierung. Das könnte eine lebenslange Gratis-Seniorenfahrkarte für den lokalen ÖPNV sein und zusätzlich die Möglichkeit, einmal im Monat z. B. Moia für größere Einkäufe nutzen zu können.

Saskia Schneider, Harburg

Schreiben Sie uns gerne an oder per Post an das Hamburger Abendblatt, 20445 Hamburg
Von den vielen Leserbriefen, die uns erreichen, können wir nur einen kleinen Teil veröffentlichen. Teilweise müssen wir kürzen, um möglichst viele Meinungen zu veröffentlichen. Mit Ihrer Einsendung erlauben Sie uns, alle Inhalte und Ihre Kontaktdaten an die zuständigen Redakteurinnen/Redakteure und/oder an externe Autorinnen/Autoren weiterzuleiten. Sollte eine Weiterleitung Ihrer Kontaktdaten und ein Dialog mit uns nicht gewünscht sein, bitten wir um Mitteilung. Einsendungen werden sowohl in der gedruckten Ausgabe sowie den digitalen Medien vom Abendblatt veröffentlicht und geben ausschließlich die Meinung der Einsender wieder. Veröffentlichte Leserbriefe finden Sie auch auf abendblatt.de/leserbriefe.