Fragliches Staatsverständnis

10. November: Dohnanyi am Freitag: „Wir brauchen Bürokratiestreik. Heute über Derugulierung“

Staatliche Subventionen führen zu Wettbewerbsverzerrungen und können zum Beispiel gerade eine Exportnation wie Deutschland beeinträchtigen. Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass bereits vor Jahrzehnten im Rahmen das internationalen GATT-Abkommens, das später die Welthandelsorganisation (WTO) abgelöst hat, die Vergabe von Subventionen reguliert wurde. Diesem Abkommen haben sich im Laufe der Jahre über 160 Nationen – auch die USA – angeschlossen. Auf diese Verträge wurden u.a. die gegenseitigen Vorwürfe der Subventionierung von Boeing und Airbus zwischen der EU und den USA gestützt. Es geht hier also nicht um die Regulierungswut von „Brüssel“, auf die gern geschimpft wird, sondern um die Umsetzung internationaler Regelungen, die grundsätzlich auch im Interesse deutscher Unternehmen sind. Das hat Herr von Dohnanyi offensichtlich aus den Augen verloren. Erschreckend aber ist sein Staatsverständnis, wenn er zum Bestreiken von bürokratischen Vorschriften durch die Unternehmen aufruft. Diese Bestimmungen mögen oftmals in der Tat überflüssig und hemmend sein, aber dies rechtfertigt es nicht, sich über staatliche, vielfach parlamentarisch legitimierte Vorschriften hinwegzusetzen.

Reinhard Wagner

Deutschland bietet Schutz

10. November: „,Wir haben uns übernommen‘. Der promovierte Jurist und Ex-Panorama-Chef Joachim Wagner plädiert für die Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl. Ein Debattenbeitrag“

Wie treffend. Menschen werden sich immer aufmachen, wenn die Aussicht besteht, z.B. in Deutschland sicherer oder auch einfach nur besser leben zu können. Einfach deshalb, weil es immer irgendwo unsicherer ist oder weil man irgendwo nur schlecht leben kann. Deutschland bietet den politisch Verfolgten zu Recht Schutz (Art. 16a Grundgesetz: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“), aber eben nur denen. Es kommen aber viel mehr und denen steht dieses Recht gar nicht zu. Was tun?Die Prüfung, ob ein Schutzanspruch besteht, darf nicht erst erfolgen, wenn diese Menschen mit all ihren Hoffnungen schon in Deutschland eingetroffen sind. Das muss früher geschehen. Dazu ein einfaches Beispiel: Stellen wir uns vor, der HSV ändert seine Einlassregeln zu den Fußballspielen im Volksparkstadion. Stellen wir uns vor, es erfolgt keine Einlasskontrolle mehr. Jeder der kommt, wird zunächst eingelassen. Kontrolliert wird erst, wenn das Spiel schon läuft. Wer dann keine Eintrittskarte vorweisen kann, muss das Stadion sofort verlassen. Beides – Kontrolle und Stadionverweis – würde natürlich nicht gut funktionieren. Aber genau so funktioniert unser Asylsystem. Ich halte das nicht für besonders effektiv.

Detlev Köhler

Danke für diese Aufklärung

Auch ich war entsetzt über den Vorstoß von Thorsten Frei zum Asylrecht. Allerdings war ich nicht gut informiert. Erst durch den Artikel von Herrn Wagner habe ich verstanden, dass das „Individualrecht auf Asyl“ etwas ganz anderes ist, als ich immer dachte. Ich bin nämlich immer davon ausgegangen, dass ein Flüchtling politisch, rassistisch oder religiös verfolgt sein muss, um Asyl erhalten zu können. Und ich habe mich gewundert, dass kein Unterschied zwischen Asylsuchenden und Armutsflüchtlingen gemacht wird. Von daher vielen Dank an Herrn Wagner für diese Aufklärung, die ich mir vom Abendblatt schon länger gewünscht hätte. Ich hoffe nun, dass bezüglich des Individualrechts auf Asyl bei den demokratischen Parteien ein Umdenken stattfindet.

Eike Antje Oldenburg

Differenzierte Betrachtung!

Danke, dass hier endlich gesammelt Fakten zum komplexen Thema „Migration“ genannt werden. In der Tat steht in unserem Grundgesetz Art. 16a „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Nicht jeder Migrant ist verfolgt, oder gar politisch verfolgt. Art. 16a wurde in der Tat umgedeutet und es wurden unscharfe Begriffe eingeführt, z. B. gilt jeder Zuwanderer als „Flüchtling“. Außeracht wird gelassen, dass eine Schleusung nach Europa viel Geld kostet. Das kann sich kein von Hunger bedrohter Mensch leisten. Hierfür sind erhebliche finanzielle Mittel erforderlich. Aus vielen Heimatländern werden, da es vielversprechend gilt, eine Existenz in Europa aufzubauen, junge Männer von ihren Familien auf die Reise geschickt, die dann die Verpflichtung haben, Geld ins Heimatland zu senden. Von daher haben geldliche Sozialleistungen für Zuwanderer erheblichen Sog-Charakter. Wer es nicht glaubt, möge gerne selbst recherchieren. Auch die mediale Darstellung ist nicht repräsentativ. So werden in Regel Musterbeispiele von Integration, die es zweifelsohne gibt, dargestellt und der Eindruck erweckt, so seien alle Migranten. Das ist ebenso unzutreffend, wie die Behauptung alle Migranten wollten sich nicht integrieren und hier nur Geld abzocken. Nicht vergessen sollte man, dass Deutschland Zuwanderung braucht – und zwar qualifizierte Zuwanderer. Fragt man integrierte Zuwanderer in Deutschland, bekommt man nicht selten die Rückmeldung, man könne nicht verstehen, weshalb Deutschland Integrationsunwillige, Straftäter und Extremisten einreisen lasse.

Christoph Mertens

Ich entdecke schöne Ecken

10. November: Schüler machen Zeitung: „Probier mal… eine Woche lang überallhin zu radeln!“

Ich habe laut gelacht über diesen klagevollen Artikel. Ich habe vor vier Jahren mein Auto abgeschafft. Ich war faul. Bin sogar die 200 Meter zum Supermarkt mit dem Auto gefahren. Seitdem fahre ich fast täglich mit dem Rad. Auch weitere Touren. Habe Satteltaschen, Regenklamotten und alles was man braucht. Natürlich brauche ich wesentlich mehr Zeit und am Anfang war es echt schwer und jedes Mal eine Überwindung. Nunmehr fahre ich auch manchmal nur so, weil die Bewegung gut tut. Ich habe keine Infekte mehr und ordentlich Muskeln aufgebaut. Mein Arzt ist begeistert. Und noch geht es ohne E-bike. Ok, ich bin Rentnerin, fast 70 und habe mehr Zeit. Das gesparte Geld investiere ich in Reisen. In fremde Länder fahre ich dann mit dem Bus. Der Frust übers Wetter geht vorbei, und ich entdecke immer wieder schöne Ecken auf dem Lande.

Ulrike Stiller, Bendestorf

Wohnungs(um)bau tut not

7. November: „Warum die Saga wie der Aldi des Wohnungsbaus ist. Thomas Krebs, der Chef des Konzerns, sieht das Unternehmen als Gewinner in der Krise. Wohnen ist für ihn die neue soziale Frage“

Die SAGA ist im Hinblick auf die Wohnungsversorgung zu angemessenen Preisen sicher unverzichtbar für Hamburg und es ist gut, dass sie nicht an „clevere“ Investoren verkauft worden ist, wie es noch von einem CDU-geführten Senat einmal geplant gewesen ist. Dem Wohnungstausch sollte allerdings eine noch viel größere Bedeutung zukommen, um dem Ziel näher zu kommen, nicht mehr unbedingt und zu fast jedem Preis Wohnungen bauen zu müssen, was aus Gründen des Klimaschutzes kaum noch zu vertreten ist. Wir können nicht mehr so bauen, als gäbe es kein Morgen. Wohnungs(um)bau tut zwar not, findet aber zukünftig in erster Linie im Bestand statt. Es sei daran erinnert, dass Lutz Basse, der Vorgänger von Herrn Krebs als SAGA-Chef, bereits 2011 darauf verwiesen hat, dass durch gut organisierten Wohnungstausch 48.000 Wohnungen nicht gebaut werden müssten. Auch die ungeliebte, aber durchaus gerechte Fehlbelegungsabgabe, die in den 1990er-Jahren den sozialen Wohnungsbau mitfinanziert hat, muss wiederbelebt werden. Der Sozialdemokrat Johannes Kahrs rühmte sich noch vor einigen Jahren, die Fehlbelegungsabgabe abgeschafft zu haben.

Helgo Klatt, Hamburg

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