Personalmisere selbst gemacht

26. September: „Finanzämtern läuft das Personal weg“

Die Personalmisere bei den Finanzämtern hat sich der Senat selbst eingebrockt. Die Beamtenbesoldung in Hamburg ist verfassungswidrig zu niedrig. Es sind seit Jahren mehr als 5000 Klagen von Hamburger Beamten beim Verwaltungsgericht anhängig. Die Verfassungswidrigkeit wurde zwischenzeitlich selbst vom Senat anerkannt. Statt zeitnah mit einer Erhöhung des Grundgehalts zu reagieren, wird mit Taschenspielertricks im neuen Besoldungsstrukturgesetz die bisherige Besoldung schöngerechnet. Dies muss auch den Nachwuchskräften angesichts der Lebenshaltungskosten und Mieten in Hamburg zynisch vorkommen. Dazu kommt die, den allgemein geänderten Lebensumständen nicht mehr gerecht werdende Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses. Es fehlt jegliche Flexibilität. So ist es z. B. fast unmöglich, sich in ein anderes Bundesland versetzen zu lassen, wenn dies wegen Änderung der familiären Verhältnisse nötig wird. Auch die Arbeitsumstände haben sich verschlechtert. Die hoch qualifizierten Kräfte werden im Arbeitsalltag nur damit beschäftigt, von einem Programm ausgesteuerte Steuerfälle zu bearbeiten. Selbstständiges Denken wird immer weniger gefordert. Es ist niemandem zu verdenken, wenn er die qualitativ hervorragende Ausbildung in den Hamburger Finanzämtern nutzt, um sein Glück an anderer Stelle zu finden.

Christian Schult

Deutschland rückt nach rechts

26. September: „Asylpolitik im Realitäts-Check. Was hilft wirklich in der Flüchtlingskrise?“

Flucht ist kein Spaziergang – Flucht ist oft tödlich, degradierend, enttäuschend. Die hierzulande und in Europa erwogenen Gegenmaßnahmen sind vielfach unmenschlich. Mit Blick auf den drohenden Schatten der AfD und der fortlaufend sich steigernden militärischen Ausrüstung der Ukraine rückt Deutschland zunehmend nach rechts. Harte Lösungen werden salonfähig, die vielfachen Tod billigend in Kauf nehmen. Was wäre, wenn all die Menschen mit Fluchtbiografie, die in Kliniken, im Verkehrswesen, bei der Städtereinigung, in Universitäten, in der Gastronomie, in Schulen, in Handel und Industrie den Laden am Laufen halten, in den Ausstand träten und keine mehr hinzukämen? Warum werden die hierher Geflüchteten nicht bei Einreise nach ihren Kompetenzen befragt und weiterbefähigt? Warum lässt man sie Monate und Jahre in der Arbeitslosigkeit hängen, überfrachtet Integration mit seitenlangen Antragsformularen, verweist sie an ihre gefürchteten Herkunftsländer zwecks Einholen fehlender Original-Dokumente, macht Sprachprüfungen von schwer begreifbaren und komplizierten Grammatikregeln abhängig? Frau v. d. Leyen hat die Ukrainerinnen als „unsere Familie“ definiert, was soll diese Begriffssegregation? Die Menschheit ist aufeinander angewiesen und die Probleme der Überbevölkerung, von Klimawandel, Naturkatastrophen, ethnischer Verfolgung und Kriegen müssen global gelöst werden im Miteinander: vor Ort und international. Regionale Abschottung hilft nicht weiter – es müssen solidarische Konzepte der Menschlichkeit errungen und der diplomatische Diskurs auf allen Ebenen wiederbelebt werden. Andere „Lösungen“ sind brutal und verstärken das Chaos von Tod und Verderben, das auch auf uns zurückfällt.

Gertrud Tammena

Gebühren nach Gutsherrenart

25. September: „Park-Chaos am Elbe-Einkaufszentrum“

Die Parkgebühren im Elbe-Einkaufszentrum werden nach Gutsherrenart erhoben. Bei der Einfahrt (wenn man direkt vor der Schranke steht, kann man nicht mehr umkehren) ist nicht zu ersehen, was es kostet. Es ist vorher überhaupt nicht kommuniziert worden, dass die vorher freie erste Stunde nun gebührenpflichtig sein soll, und dann von 0 auf 1,30 Euro! Schon die Umstellung vor einigen Jahren wurde auf dem Rücken der Nutzer/-innen ausgetragen, und die Abokarten, auf denen noch Guthaben war, waren plötzlich nicht mehr nutzbar. Ich bin sehr verärgert und werde mich umstellen und woanders einkaufen.

Claudia Schneider

Fußball aus der Mottenkiste

25. September: „HSV droht die nächste Bruchlandung“

Sie schreiben, dass der Trainer nach dem 1:2 in Osnabrück die Schuld bei seinen Spielern suche. Ja, möglicherweise hat bei dem Spiel wie auch zuvor in Elversberg die Gier und Leidenschaft gefehlt – und ja, in beiden Spielen haben Abwehrspieler des HSV die ersten Treffer der Gegner durch Ballverluste ausgelöst. Was der Trainer nicht sagt: Seine meines Erachtens unerträgliche Spielidee löst doch diese Ballverluste aus. Einen eigenen Abwehrspieler im oder kurz vor dem eigenen Strafraum riskant anzuspielen, löst diesen Stress und wie in Elversberg und Osnabrück geschehen, Gegentreffer aus. Die Abwehrspieler des HSV wagen es ja gar nicht, in schwierigen Situationen einen langen Ball zu spielen. Die Walter-Spielweise hat in den vergangenen Spieljahren jeweils mindestens sechs Punkte gekostet. Beide Male wäre es der direkte Aufstieg gewesen. Die Art, wie Tim Walter spielen lässt, ist Fußball aus der Mottenkiste! Wie moderner, erfolgreicher Fußball aussehen kann, könnte Walter bei seinem jungen Kollegen Hürzeler einige Kilometer entfernt anschauen. Kontrollierte Defensive, aggressives Anlaufen und Pressen, schnelles Umschalten bei Balleroberung mit gleichzeitiger Konterabsicherung. Alles kein Hexenwerk, erfordert nur eine hohe Laufbereitschaft der Spieler und einen Trainer, der lernfähig ist und nicht halsstarrig an einer hochriskanten Spielidee festhält. Es ist abzusehen, dass am Ende dieser Saison der FC St. Pauli direkt aufsteigt und der HSV in das siebte Jahr Zweitklassigkeit geht – es sei denn, Herr Walter verändert seine Philosophie deutlich. Das Problem ist er, nicht seine Spieler. Der HSV hat meiner Einschätzung nach den besten Kader der 2. Liga – vermutlich auch den Teuersten. Leider hat er eben nicht den besten Trainer!

Richard Selck

Vermeidbare Misere

23./24. September: „Gymnasium protestiert mit Open-Air-Unterricht“

Die Raumnot wird auf dem Rücken der Kinder – unserer Zukunft – ausgetragen. Der eindringliche Appell an Verwaltung und Politik mit der Open-Air-Aktion mag berechtigt sein. Gleichwohl sollte sich das Coppernicus-Gymnasium aber auch an die eigene Nase fassen: Die Schulleitung hat, gleichwohl sie um die Raumnot wusste, Jahr für Jahr immer mehr Schülerinnen und Schüler aufgenommen. Die heutige Misere wäre vielleicht nicht vermeidbar, aber immerhin zu mildern gewesen. Rechnerisch handelt es sich bei der Ermittlung der Anzahl der maximal neu aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung der vorhandenen Räume und Lehrkräfte um eine Gleichung mit nur einer Unbekannten. Diese ist lösbar. Oder wird am Coppernicus-Gymnasium kein Mathe mehr gelehrt?

Albert Schönhoff

Weihnachten im Spätsommer

22. September: „Weihnachtsmärkte dürfen in der City früher öffnen“

Niemand wundert sich, dass das Oktoberfest im September startet und der Weihnachtsdom am 10. November eröffnet wird. Supermärkte und Einzelhändler haben ihr Weihnachtssortiment bereits aufgestellt. Schoko-Weihnachtsmänner, Marzipan, Kekse und Adventskalender füllen im Spätsommer die Regale. Bald folgen die Glühwein- und Wurstbudenstände und im Januar wird die Schoko-Garde von Osterhasen abgelöst. Hat in den Regalen eine Zeitverschiebung stattgefunden? Muss das alles so frühzeitig angeboten werden? In drei Monaten ist Weihnachten, wer möchte, kann sich schon bevorraten. Ein Haltbarkeitsdatum ist überall vermerkt. Guten Einkauf und wohl bekomm’s!

Rita Humpke

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