Der Senator hat keine Zeit

3. August: „Kerstan: ,Der Krebs hat mein Leben verändert‘. Umweltsenator über Krankheiten, Mallorca-Flüge, Alkohol, Hunde, seinen Ruf als Streithammel – und einen Entschluss“

Herr Kerstan hat keine Ahnung. Zwar gibt es den Hispania-Express von Kopenhagen nach Portbou mit Kurswagen nach Barcelona schon lange nicht mehr. Aber man kann immer noch mit der Bahn dorthin gelangen und das schneller und komfortabler denn je, seit die französischen Hochgeschwindigkeitszüge in Spanien fortgesetzt werden. Wer einen Internetzugang hat, kann das auf bahn.de nachprüfen. In Barcelona kann man wie seit ewigen Zeiten abends die Fähre nach Mallorca nehmen und dort sein Ziel mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Auch das besser denn je. Und die Bahn ist umweltschonend, sagt man. Zugegeben: Es dauert trotz aller Verzögerungsbemühungen der Flughäfen bei der Abfertigung und ihrem lustigen Gepäckroulette mit der Bahn immer noch etwas länger. Und das ist für einen Umweltsenator, der sich sputen muss, die Umwelt zu schützen, wahrscheinlich entscheidend. Je schneller er vom Haus seiner Familie auf Mallorca zurückgeeilt ist, desto früher kann er hier die Umwelt schützen. Dennoch: Mallorca ist nicht „nur“ mit dem Flugzeug zu erreichen. Es ist mit dem Flugzeug nur billiger und umweltschädlicher. Aber ein Umweltsenator macht durch guten Willen vieles von dem wett, was er aus beruflichen Gründen nicht vermeiden kann.

Dr. Uwe J. Petersen

Ich habe dafür kein Verständnis

1. August: „Kerstan kauft Regenwald in Panama“

So macht man das also – kauft ein Stück Regenwald und hat dann eine weiße Weste? Bequemer geht es nicht – statt Vorbild zu sein eine Ausgleichszahlung. Sorry, ich habe dafür kein Verständnis.

Detlef Lienau

Der Bürger fühlt sich getäuscht

Umweltsenator Kerstan kauft in Panama 2500 Quadratmeter ehemaligen Regenwalds, um seinen persönlichen CO2-Ausstoß zu kompensieren. Diese Fläche würde „dann von Menschen vor Ort bepflanzt und nachhaltig bewirtschaftet; damit schafft dieses Projekt auch Arbeitsplätze“, so selbstbewusst stolz der Senator. Nüchtern betrachtet erweist sich allerdings die zweifellos beeindruckende Zahl von 2500 Quadratmetern als etwas aufgeblasen. Mit ein wenig Mathematik (d. h. durch Wurzelziehen) zeigt sich, dass sich dahinter doch nur ein für den Zweck eher kleines Grundstück von 50 mal 50 Metern verbirgt, auf dem der Senator „zum Wiederaufbau des tropischen Waldes sowie zur Biodiversität“ beitragen will. (Zum Nachrechnen: Die Wurzel aus 2500 ist 50, sodass 50 mal 50 Meter 2500 Quadratmeter ergibt). Wieder einmal reduziert sich eine bombastische Ankündigung in der Realität auf eine Winzigkeit. Gut Hamburgisch ausdrückt: auf Kleinkram! Der Bürger fühlt sich getäuscht – und zwar nachhaltig.

Prof. Dr. Heinz Renn

Für jeden ein CO2-Budget

2. August: Gastbeitrag: „Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Rechtsstaat muss angemessen auf strafbare Aktionen der ,Letzten Generation‘ antworten. Keine falsche Nachsicht“

Der Aufzählung der Aktionen der „Letzten Generation“ durch den FDP-Fraktionschefs des Schleswig-Holsteinischen Landtages möchte man gerne eine andere Aufzählung gegenüberstellen: Die Meldungen über Extremwetterereignisse überschlagen sich dieser Tage. Das Eis der Antarktis ist um 20 Prozent zurückgegangen, Hitzewellen suchen Europa heim. Temperaturen bis fast 50 Grad wurden in Europa gemessen. Zahlreiche beliebte Urlaubsorte brennen, Folgen des menschengemachten Klimawandels. Und auf anderen Kontinenten? In Regionen, wo die meisten Menschen leben, die kaum zur globalen Erwärmung beigetragen haben, in Afrika und weiten Teilen Asiens sind die Folgen für die betroffenen Menschen zumeist ungleich dramatischer: Dürren, Überflutungen und oft daraus resultierende Hungerkatastrophen. Ein Ergebnis auch unserer überdurchschnittlichen Emissionen. Und das die selbst ernannte Freiheitspartei FDP, die in der Regierung durch Unterlassungen und Blockaden insbesondere in die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen eingreift, ist keine Petitesse. Denn das gegenwärtige (fast) Nichtstun, hauptsächlich auch im Verkehrssektor, verantwortet durch die FDP, wird zukünftige Sachzwänge für erforderliche Anpassungsmaßnahmen und zur Eindämmung weiterer Schäden, bedingt durch die globale Erwärmung, zur Folge haben. Unendlich schlimmer als das Festkleben auf Fahrbahnen ist das Festhalten an einer Politik, die zunehmend unsere Lebensgrundlagen zerstört. Nach meiner Auffassung ist das geradezu kriminell. Aber in einem Punkt stimme ich mit Fraktionschef Vogt überein: bei der Ausweitung des Emissionshandels. Letztlich wäre es gerecht, wenn jeder Mensch auf der Welt ein gleiches, individuelles CO2-Budget hätte. Eingebettet in ein nachhaltiges Gesamtbudget. In dem Zusammenhang wäre dann auch ein Emissionshandel unter den einzelnen Menschen möglich. So müsste beispielsweise Elon Musk zahlreiche CO2-Zertifikate kaufen, um einmal um die halbe Welt zu fliegen. Die technischen Voraussetzungen dafür gäbe es durchaus, und arme Menschen könnten letztlich auch davon profitieren.

Reiner Gorning, Hamburg

Noch ein Extra-Pride-Day?

1. August: „Gedenkort für sexuelle Vielfalt. Senat befasst sich mit entsprechender Forderung aus der Community und der Bürgerschaft“

Nun kommt endlich ein „dringend“ benötigtes Denkmal an die Außenalster, um Besuchern Impulse zur Auseinandersetzung mit Vielfalt in der Stadt zu geben. Soll auch nur knapp eine halbe Million Euro kosten. Wie wäre es denn daneben noch ein weiteres Fahrradparkhaus zu errichten? Wenn schon finanzielle Mittel für Präferenzen von Minderheiten verbrannt werden sollen, dann aber richtig. Und vielleicht noch am jeden ersten eines Monats einen Extra-Pride-Day mit Vollsperrung der City für den Wirtschaftsverkehr, wer braucht denn noch Gewerbesteuereinnahmen, wenn man stattdessen zeigen kann, wie offen und tolerant die Stadt doch ist, insbesondere die Verantwortlichen im Rathaus. Hier besteht aufgrund des offensichtlichen Fachkräftemangels dringender Handlungsbedarf.

Paul Meier

Habeck erkennt das nicht!

28. Juli: „Habeck will Energiepreisbremsen verlängern. Obergrenzen bei Strom und Gas sollen bis Ostern 2024 gelten“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Preisbremsen für Strom und Gas bis Ostern 2024 verlängern. „Die Preisbremsen wirken wie eine Versicherung gegen steigende Preise“, sagte der Grünen-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“. Nach den bisherigen Beschlüssen würden die Hilfen zum Jahresende auslaufen. In Radiomeldungen wurde hierzu berichtet, dass das Budget für die Energiepreisdeckelung noch nicht erschöpft sei, und deshalb Herr Habeck die Energiepreisdeckelung fortsetzen will. Es ist schon widersinnig, künstlich das Preisniveau höher halten zu wollen, als der Markt es aktuell erforderlich macht. Die Preise für Gas liegen unter dem Niveau von vor Beginn des Krieges, wenn man Ihrer Berichterstattung folgt. Wird der Preis jetzt künstlich auf einem Niveau von 12 Cent bei Gas gehalten, öffnet dies zum einen den Energiekonzernen das Tor, einen ordentlichen zusätzlichen Profit auf Kosten der Allgemeinheit einzustreichen, auf der anderen Seite fehlen anderen Ministerien die dringend benötigten Mittel. Geringere Energiekosten für die Verbraucher, wirken zudem der Inflation entgegen. Unser Wirtschaftsminister erkennt das nicht. An der Fähigkeit und Kompetenz der Regierung, hege ich wachsende Zweifel!

Peter Vogel

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