Bayerische Doppelmoral

17. April: „Nach dem Ausstieg: Söder plant bayerischen Alleingang“

Markus Söder will die Kernkraft in die Verantwortung der Länder überführen und in Bayern reaktivieren. Ein Endlager in Bayern hat er dagegen in seinem Koalitionsvertrag (im Kapitel: „Für eine gesunde Umwelt“) vorsorglich ausgeschlossen. Wie passt das zusammen?

Dr. Jürgen Samtleben, Hamburg

Kein Endlager vor meiner Tür

15./16. April: Hamburger KRITIken: „Atomausstieg – Politik wie im Taka-Tuka-Land. Der Wunsch nach dem Ende der Kernkraft ist in Deutschland stärker als jede Vernunft. Das hat fatale Folgen“

Der Kommentar erscheint mir insgesamt etwas zu schwarz, die Sicht ungewohnt einseitig. Dagegen war der Blick in „Leschs Kosmos“ am 11. April im ZDF zum Thema sehr erhellend. Keine Energieform war für uns bisher so teuer (eine Billion Euro) wie die Kernkraft, und das Risiko trägt keine Versicherung, sondern wir. Ich möchte gar nicht wissen, ob in der dargelegten CO2-Bilanz die Herstellung der Brennstäbe, der jahrzehntelange Rückbau der Anlagen, und die Schaffung eines Endlagers enthalten sind. Mir reicht zu wissen, dass auch ich kein Endlager vor der Tür haben möchte, und unsere Nachfolgegenerationen für den Müll noch viele Jahrtausende zahlen müssen, ohne eine Sekunde vom Atomstrom profitiert zu haben. Die Probleme der Atomenergie werden nicht besser, nur weil andere Länder weiter darauf bauen. Mit Blick auf die zunehmende Wasserknappheit, gerade auch in Frankreich, bin ich sehr gespannt, wer mittelfristig von wem Strom beziehen muss. Der Atomausstieg wurde vor vielen Jahren beschlossen. Jetzt Versäumnisse der Vergangenheit den Grünen vorzuwerfen, ist zu einfach. Der Regierung kann man aber vorwerfen, dass sie jetzt nicht alle Mittel nutzt, wie Tempolimit und andere Einsparpotenziale oder auch Geld aus Übergewinnen, um den CO2-Anstieg zu kompensieren. Zumindest da machen andere Länder etwas besser.

Dr. Michael Hahn

Nach mir die Sintflut?

Dem Kommentar von Herrn Iken kann ich nicht zustimmen. Wie im Bericht auf Seite drei aufgeführt, macht der Anteil von Atomstrom in Deutschland nicht einmal sieben Prozent aus. Vielleicht sollte sich die Menschheit einmal überlegen, ob und wofür sie überhaupt so viel Strom benötigt. Die Selbstverständlichkeit, dass Strom rund um die Uhr aus der Steckdose kommt, hat doch dazu geführt, dass mit dieser Energieform viel zu verschwenderisch umgegangen wird. Allein für unnötige Beleuchtung, dumme Leuchtreklame, 24-Stunden-Internet oder künftig stromfressende SUVs, wird Strom rund um die Uhr förmlich „verballert“. Die Hinterlassenschaften einer extrem teuren Sackgassentechnologie, nämlich radioaktiver Müll für Jahrtausende, scheinen auch keinen mehr zu interessieren. Das altbekannte Motto – nach mir die Sintflut – ist aktueller denn je.

Jens Ode

Fatale Entscheidung

Während um uns herum zahlreiche AKWs gebaut werden, wurden jetzt die letzten drei deutschen abgeschaltet. Laut Forsa-Umfrage halten 43 Prozent der Deutschen die Abschaltung für falsch, 25 Prozent würden weitere abgeschaltete AKWs sogar wieder in Betrieb nehmen. Einmal abgeschaltet, bekommt man sie aber nicht wieder ans Netz. Atomstromfrei ist Deutschland dennoch nicht, denn der wird weiter teuer aus älteren und weniger sicheren als den in Deutschland abgeschalteten AKWs importiert. Zudem wird Strom aus schmutziger Kohle gewonnen. Klimaminister Habeck verspricht, dass sich Deutschland bis 2030 zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien speist – 2022 waren es rund 46 Prozent. Beim aktuellen Ausbautempo von Windkraft, PV-Anlagen und vor allem Stromtrassen sind bei diesem Datum aber Zweifel angebracht. Die Importabhängigkeit von fossiler Energie wird nicht kleiner, die Kosten nicht geringer, und das Klima nicht besser. Es ist eine ideologische und verantwortungslose Entscheidung. Auch die FDP, die zwar gegen den Ausstieg ist, verhindert ihn nicht und vergibt damit die große Chance, ihre fatale Entscheidung von 2011 für den Atomausstieg zu korrigieren. Viele meinen, Deutschland müsse bei der Energiewende vorangehen. Das stimmt – aber welcher Riese (China, USA, Indien) folgt schon blind einem Zwerg?

Rando Aust

Klimaziele so nicht erreichbar

Ich stimme Herrn Iken in allen Punkten zu. Nach dem Atomausstieg wird die geplante Energiewende noch schwerer umsetzbar sein. Bis alle Kohlekraftwerke ebenfalls abgeschaltet werden können, weil sie durch Solar- und Windkraft ersetzt wurden, werden noch viele Jahrzehnte ins Land ziehen. Und damit wird Deutschland auf unabsehbare Zeit sämtliche Klimaziele verfehlen. Darauf zu bauen, dass sämtliche Gebäude in diesem Land bis 2032 klimaneutral sind, ist völlig unrealistisch. Die Energieversorgung für Industrie und Bevölkerung wird nur sichergestellt, weil Atomstrom aus den Nachbarländern für viel Geld zugekauft werden muss. Die Behauptung von Frau Göring-Eckardt, dass der Strompreis künftig günstiger werden wird, ist daher eine dreiste Lüge und zeigt, wie ideologiegesteuert die Grünen dieses Land mitregieren. Schon bei den nächsten Wahlen werden sie dafür die Quittung bekommen.

Martin Wucherpfennig

Same procedure as every year?

17. April: „Beim HSV ist die Angst zurück“

Die auf dem Betzenberg verschenkten Punkte machen das Aufstiegsziel des HSV noch anspruchsvoller! Angesichts der großartigen Unterstützung des Hamburger Publikums bleibt es jedoch weiterhin erreichbar, wenn Mannschaft und Trainer auf der Zielgeraden den gleichen Enthusiasmus entwickeln wie die Fans, die das Team insbesondere in kritischen Situationen bedingungslos unterstützen. Es ist dringend angezeigt, das riskante und fehleranfällige Spielsystem des Teams kurzfristig annähernd so facettenreich umzugestalten wie die Choreographien der HSV-Anhänger zu den Heimspielen. Gelingt dies, muss der Trainer künftig seine Phrasen zum Thema Aufstieg nicht mehr bemühen, die ebenso stereotyp und durchschaubar sind, wie das Spiel der Mannschaft. Das Hamburg-Derby am Freitag ist richtungsweisend. Der HSV hat einerseits viel zu verlieren. Ein Misserfolg rückt die Erste Liga für den Ex-Dino nicht nur in weite Ferne. Vielmehr droht nach fünf erfolglosen Aufstiegsversuchen der Zerfall des überdurchschnittlichen Kaders und damit das Ende von Zuschauer- und Ticketpreis-Rekorden, gleichbedeutend mit dem wirtschaftlichen Blackout des Clubs. Andererseits bietet das Derby dem HSV eine der letzten großen Chancen Charakter zu zeigen, die Erstligatauglichkeit durch engagiertes, variantenreiches Spiel nachzuweisen und damit den notwendigen Adrenalinschub bei Mannschaft und Fans für den Endspurt in Richtung höchster Spielklasse zu generieren! Mannschaft und Trainerstab der Rothosen sind ultimativ gefordert.

Dirk Petersmeier

In der Pflege nicht möglich

15./16. April: „Vier-Tage-Woche? Hamburgs Firmen skeptisch“

Grundsätzlich stehe ich diesem „Konzept“ skeptisch gegenüber. Denn es gibt viele Betriebe, die nur auf „24/7“ laufen können. Zum Beispiel nehme man den Bereich der Personenpflege. Da kann man nicht sagen: „So, ich bin jetzt im (verlängerten) Wochenende! In dieser Zeit bitte nicht einnässen und wund liegen.“ Wenn man die Vier-Tage-Woche dafür nutzen würde, Arbeitssuchende „fest“ („sozialversicherungspflichtig“) im Betriebsablauf einzubinden, wäre von meiner Seite aus nichts einzuwenden. Aber es kommt auf das „dazu“ passende Konzept an!

Saskia Schneider, Harburg

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