Den Weg frei machen

13. Februar: „CDU gewinnt die Wahl – verliert sie trotzdem? Union in Berlin vorn. Verluste für SPD. Die könnte die Koalition mit Grünen und Linken aber fortsetzen“

„Dit is Berlin“, sagt man. Und in der Tat passieren dort Dinge, die schwer vorstellbar sind. Dass aber eine abgestrafte Regierungskoalition die Chuzpe hat, aus einer rein arithmetischen Logik heraus weitermachen zu wollen, ist unerträglich. Wenigstens könnte man, der politische Hygiene halber, erwarten, dass die Protagonisten den Weg frei machen. Es hat schon abgewählte Politiker gegeben, die in Würde abgetreten sind. Das ist nicht zu viel verlangt. Zu befürchten ist allerdings, dass genau dies nicht geschieht, zum Schaden der Stadt, ihrer Menschen und auf Kosten demokratischer Gepflogenheiten.

Christian Thomsen

Nagel auf den Kopf getroffen

11./12. Februar: Hamburger KRITIken: „Mein marxistischer Moment. Als Bertelsmann in dieser Woche Gruner + Jahr endgültig zerschlug, musste ich an Adorno denken“

Auch wenn ich nicht immer mit der Meinung von Herrn Iken einig bin, hier hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Vielleicht plant RTL schon die nächste Staffel „Ich war bei Gruner + Jahr, ich hartze jetzt“ und brauchte noch Input. Hoffen wir, dass dieser Zeitgeist die Funke-Gruppe verschont.

Volker Martens, Wentorf

Sedan ist nicht bekannt

11./12. Februar: „Wird die Sedanstraße umbenannt? Vorstoß einer Initiative wird von Linken und Grünen unterstützt. Straße soll den Namen eines Deserteurs tragen“

Ich war etwa 20 Jahre beruflich in der Sedanstraße tätig. An den Hintergrund des Namens „Sedan“ hat dort niemand gedacht. Erst jetzt wurde mir und anderen das bewusst. Die Schlachten um Sedan sind deutsche und europäische Geschichte. Das sollte nicht ausgelöscht werden. Es wäre damit auch nichts erreicht. Sinnvoll wäre allenfalls eine deutliche und ausführliche Erklärungstafel o. ä. Und – gibt es in dieser gewalttätigen Welt nichts Wichtigeres zu tun? Gegen jede Gewalt, heute und immer.

Ludwig Müller

Das Ende eines Krieges

Hoffentlich befreit uns Matthias Iken mit einer seiner Glossen von den übermotivierten Fantasten, die, mit einer Historikerin als Munitionslieferantin, ungeliebte Straßennamen, die langjährige geschichtliche Marken sind, beseitigen wollen. Da wird ein französischer Bürgermeister mit seinem Psychogerede angeführt, der traumatisiert sei, weil er den Namen seiner Heimatstadt auf deutschen Straßenschildern lesen muss. Der französische Staat dagegen will uns nicht von unserem Niederlagentrauma erlösen, indem er vom Arc de Triomphe die Namen von Jena, Ulm oder Oberelchingen entfernt. Die Erinnerung an Sedan steht überhaupt nicht für entwertende Feindbilder, sondern für das vorläufige Ende des letzten durch Napoleon III. mutwillig angezettelten Krieges und den Ausgangspunkt der Reichsgründung. Heute wissen die meisten Hamburger nicht mehr, was Sedan bedeutet. Frau Meyer-Lenz teilt uns aber bestimmt noch auf einer der unvermeidlichen Acryl-Infotafeln mit, dass es für das Propagieren von Krieg als legitimem Mittel der Politik steht. 1870 hielt Napoleon III. das für legitim und wurde nach der Niederlage von Sedan „ab nach Kassel“ geschickt. Heute weiß der letzte Klippschüler aus dem Sozialkundeunterricht und aus der Neujahrsansprache des Bundespräsidenten, dass die Zeiten anders geworden sind. Deshalb können wir getrost auf die ständigen Belehrungen von Aktivisten verzichten, die uns über Straßenschilder weismachen wollen, dass Desertion per se schon eine Tugend sei, und dass ein rassistischer Mord an einem Nichteuropäer einen Straßennamen wert sei – im Gegensatz zu dem an einem Deutschen. Mal überprüfen, wie viele Kommunisten, folglich nicht lupenreine Demokraten, noch auf Straßenschildern verewigt sind (z.B. Thälmann, Ernst Henning). Vorschlag zu einer völlig neuen Straßenbenennungskonzeption: Die Friedensallee, benannt nach dem Frieden von 1871 (sie allein neutralisiert schon die „martialische“ Sedanstraße!) bekommt Seitenstraßen, die alle nach deutschen Niederlagen benannt werden, von den Falklandinseln bis Stalingrad. Ist ja alles Geschichte.

Alfons Raith

Müde von der Seeluft

11./12. Februar: „Sein Job: Mehr Kultur an der Küste. Mirko Gläser ist Eventmanager für die Heimathafen-Hotels, denkt aber viel weiter“

Die Urlaubsstädte an der Küste, besonders an der Nordsee auf Eiderstedt, sind so schon total überlaufen, dass es wohl kaum eines Klamaukmanagers braucht, um Leben in die scheinbar langweilige Bude zu bringen. Dafür gibt es für die jungen Urlauber schon Mallorca und die dazugehörigen spanischen Ferieninseln. Ich habe Büsum und St. Peter mit allen Nebenorten, von Ording und Dorf bis Westerhever, Husum und Sylt kennen und lieben gelernt und nie die angestrebten Veranstaltungen vermisst. Außerdem sind diese Küstenstreifen schon so mit Urlaubern überbucht, dass man auf noch mehr Veranstaltungen als ohnehin geboten werden, verzichten kann. Menschen, die an der See Urlaub machen, suchen die Ruhe oder das Erleben mit ihren Kindern, mit Sonne, Sand und Wasser. Wer aber doch Veranstaltung braucht? Wenn man auf der A 23 an die Küste fährt, kommt man an Waken vorbei. Dort kann man sich austoben. Auch die Winterurlauber sind nicht immer von großen Veranstaltungen angetan. Wer tagsüber bei Wind und Wetter an der See unterwegs ist, liebt die abendliche Ruhe in einem angenehmen Quartier, bei einem Glas Wein oder einem frischen Glas Bier und hat sich die Bettschwere am Tage angelaufen. Also lasst die Kirche im Dorf!

Gotthard Kalkbrenner, Reinbek

Wann will Putin verhandeln?

10. Februar: „Nach dem Beben. Hamburgs Altbürgermeister im Gespräch“

Herr von Dohnanyi hat in seinen Beiträgen stets zum Ausdruck gebracht, dass die Politik der USA sehr egoistisch und bewusst gegen die Interessen der EU gerichtet ist, und dass die EU und Deutschland zu „dumm“ sind, das nicht zu erkennen. Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Eine Zusammenarbeit mit den USA ist bei aller Kritik für die westlichen Staaten unabdingbar. Ich kann aber auch seiner Meinung zustimmen, dass wir uns darüber im Klaren sein müssen, dass wir, gleichgültig wie der Kriege zu Ende geht, mit Russland irgendwie wieder zusammenarbeiten müssen. Vielleicht ist es zu Beginn des Krieges versäumt worden, auf dem Verhandlungswege für die jetzt umkämpften Ostgebiete unter internationaler Kontrolle Regelungen zu finden, die eine Selbstbestimmung für diese Gebiete zur Grundlage gehabt hätte. Die Begründung von Russland, dass es Angst vor der Nato-Erweiterung hat, entgegen angeblich ursprünglicher Zusagen, ist einfach lächerlich. Hat die Nato jemals gezeigt, dass sie aggressiv Angriffskriege geführt hat? Nur, wie kann man einen Aggressor wie Russland, der weder vertragliche noch völkerrechtliche Regelungen einhält, dazu bewegen an den Verhandlungstisch zu kommen? Wie das geschehen könnte, würde ich gern von Herrn Dohnanyi hören. Das hätte seinem Schlusssatz „wer nicht zur Verständigung mit unserem größten Nachbarn Russland bereit ist, der taugt weder für eine Mitgliedschaft in der Nato noch in der EU!“ einen erlösenden Hinweis gegeben. Es ist doch eindeutig, dass Putin keinen Deut seiner Aggression zurücknimmt und dass er damit zu keiner Verhandlung bereit ist. Er zerstört, ja ich würde sagen, er löscht wie ein Wahnsinniger ein ganzes Land aus, mitsamt der Infrastruktur und der Bevölkerung.

Dieter Schrage, Buchholz

Schreiben Sie uns gerne an oder per Post an das Hamburger Abendblatt, 20445 Hamburg
Von den vielen Leserbriefen, die uns erreichen, können wir nur einen kleinen Teil veröffentlichen. Teilweise müssen wir kürzen, um möglichst viele Meinungen zu veröffentlichen. Mit Ihrer Einsendung erlauben Sie uns, alle Inhalte und Ihre Kontaktdaten an die zuständigen Redakteurinnen/Redakteure und/oder an externe Autorinnen/Autoren weiterzuleiten. Sollte eine Weiterleitung Ihrer Kontaktdaten und ein Dialog mit uns nicht gewünscht sein, bitten wir um Mitteilung. Einsendungen werden sowohl in der gedruckten Ausgabe sowie den digitalen Medien vom Abendblatt veröffentlicht und geben ausschließlich die Meinung der Einsender wieder. Veröffentlichte Leserbriefe finden Sie auch auf abendblatt.de/leserbriefe.