Man hätte nur zuhören müssen

10. Februar: „Enthüllungsreporter: US-Taucher haben Nord Stream gesprengt. Wirbel um Bericht von Pulitzerpreisträger Seymour Hersh – Weißes Haus: „Vollkommene Erfindung““

Wenn man sagt, man hätte Putin nur zuhören müssen, dann hätte man gewusst, was er in der Ukraine vorhat, so kann man ebenfalls sagen, man muss nur Biden zuhören, dann weiß man, was er beabsichtigt. Insofern scheint es doch sehr wahrscheinlich, dass Amerika hinter der Sprengung der Pipeline steht.

Herbert Mellin

Zerfaserter Staatsapparat

9. Februar: „Was Hamburg und Kiel aus Brokstedt lernen. Nach der tödlichen Attacke wirft die Behörden-Kommunikation Fragen auf. “

Die Diskussion, welche der in diesem Fall involvierten Behörden etwas zu spät oder gar nicht mitgeteilt hat, wird am Ende wie immer dazu führen, dass keine der beteiligten Amtsstellen irgendeine Schuld an diesem administrativen Desaster hat. Dies ist auch das Ergebnis eines völlig entgleisten Föderalismus, der dieses Kompetenzwirrwarr erst ermöglicht. Das Ausländer- und Asylrecht ist dafür nur ein trauriges Beispiel. Die Zuständigkeitsabgrenzungen und ihre Wahrung sind dabei leider zum maßgeblichen Teil der Behördenarbeit geworden. Aus dem einstigen Vorschlag Churchills, die Deutschen durch Föderalismus dazu zu bringen, sich künftig nur noch mit sich selbst zu beschäftigen, ist inzwischen ein völlig zerfaserter Staatsapparat erwachsen, bei dem am Ende alle befasst sein wollen, aber keiner die Verantwortung hat. Eine effiziente Zusammenarbeit, sofern gewollt, scheitert zudem oft an der fehlenden Kompatibilität der behördenseitig genutzten verschiedenen Arbeitsprogramme. Hinzu kommt der mit deutscher Gründlichkeit überentwickelte Datenschutz mit der Folge, dass die organisierte Kriminalität sich in Deutschland so sicher fühlt wie kaum woanders in Europa, zumal wenn eine durch weitgehende Teilzeitregelungen personell unterbesetzte Justiz ihre Arbeit, wenn überhaupt, nur noch durch Deals mit den Tätern erledigen kann. Die Politik darf sich dann aber nicht wundern, wenn sich immer mehr Menschen von diesem Staat und seinen Institutionen innerlich verabschieden.

Dr. Martin Roettig

Markenzeichen fehlt

9. Februar: „Grün war die Hoffnung. Gruner + Jahr stellt 23 Titel ein und verkauft weitere. Für die Autorin Verena Carl geht damit eine Kultur unter“

Markenzeichen des Medienstandorts Hamburg ist auch die Vielfalt der Zeitschriften. Ja, die digitale Kommunikation verändert manches – es gibt aber weiterhin den Bedarf an Berichten, Analysen, Reportagen, die Platz verlangen – und Papier! So ist der Wegfall von 23 Produkten des ehemaligen Gruner + Jahr-Verlags vielleicht kein Kahlschlag, aber doch ein schmerzlicher Aderlass; der Verlust journalistischer Beschäftigung mit Themen, die vielleicht nicht lebenswichtig sind, aber zur Lebensqualität gehören. Dank an Verena Carl für diesen überzeugenden, sehr persönlichen Artikel!

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast,

Kulturforum Hamburg

Treffend beschrieben

Verena Carl beschreibt sehr treffend die Kultur bei Gruner + Jahr. Dieser Geist der im ganzen Haus zu spüren war, sogar bis in die administrativen Bereiche. Wenn Herr Rabe jetzt darauf verweist „der weit überwiegende Teil des Stellenabbaus betreffe Hamburg und sei nicht im redaktionellen Bereich, sondern in Verwaltungsbereichen geplant“, so wollte er damit sicherlich nur die wortgewaltigen Redaktionen beschwichtigen. Aber es bedeutet eben vor allem, viele Mitarbeiter müssen einen Verlust des Arbeitsplatzes befürchten. Ich wünsche dem Betriebsrat und den Kolleginnen und Kollegen viel Kraft.

Rainer Friedrich (43 Jahre bei G+J)

Eine wunderbare Zeit

6. Februar: „Abschied von einem, der das Spiel liebte. Der Regisseur und frühere Thalia-Intendant Jürgen Flimm ist im Alter von 81 Jahren gestorben“

Der Tod von Jürgen Flimm macht traurig und wehmütig. Traurig, weil ein großer und großartiger Theatermann diese Bühne verlassen hat. Wehmütig, weil damit einer der letzten Vertreter des Regietheaters starb. Vertreter einer wunderbaren (Theater)-Zeit, wie sie es wohl nie wieder geben wird. Das Theater war politisch, aber nie krampfhaft um die richtige Haltung bemüht. Es war poetisch, hatte eine Geschichte zu erzählen und ermöglichte einen anderen Blick auf die Welt. Als Jürgen Flimm 1985 mit seinem jungen Schauspielensemble ans Thalia kam begann in Hamburg eine wunderbare neue Zeit. Die Regisseure waren mutig und hellwach. Wir Zuschauer wurden herausgefordert, provoziert, aber es war fast immer spannend, selten langweilig, oft auch witzig, und manchmal wurde ganz große Kunst daraus! Als dann noch 1993 Frank Baumbauer als Intendant ans Schauspielhaus kam, war Hamburg für einige Jahre das Theaterparadies! Tempi passati. Heute wird am Theater „Vielfalt“ behauptet, die es damals tatsächlich gab. Wer die damalige Theaterlandschaft erinnert, dem bleibt nur Wehmut.

Stefan Kressin

Es muss noch viel passieren

4./5. Februar: Hamburger KRITIken: „Politik muss sich mal unbeliebt machen. Der Krieg hat viele Illusionen zerstört. Wenn wir unseren Wohlstand wahren wollen, müssen wir mehr arbeiten“

Es ist wohl unumstritten, dass die Einführung der Rente mit 63 zu vielen Menschen unnötig den Eintritt in den Ruhestand ermöglicht hat. Von den Kosten ganz zu schweigen. Hier sollte über eine Gesetzesänderung nachgedacht werden. Aber auch der Blick auf Bildung, Digitalisierung und Bürokratieabbau lässt einen erschaudern. Es muss noch so viel passieren. Durch den Ukraine-Krieg ist viel untergegangen. Im Moment ist Klimaschutz wichtiger als die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen. Die Zustände unserer Bildungseinrichtungen lassen sehr oft genauso zu wünschen übrig wie deren Digitalisierung. Durch die massive Nutzung von Smartphones können unsere Kinder immer schlechter lesen, schreiben, rechnen. Selfies, Instagram und TikTok bestimmen die Tagesordnung. Zeitungen und Bücher sind nur noch was für Nerds. Wie schlecht in Deutschland die Digitalisierung vorangeschritten ist, sieht man an den Polizeien der Bundesländer, die erst 2025 miteinander vernetzt seien sollen. Kann also (erfahrungsgemäß) noch bis 2030 dauern. Alles so traurig, dass man schon fast drüber lachen kann.

Axel Pabst

Konzept zu wenig durchdacht

4./5. Februar: „Hamburg bekommt einen neuen Hafen. Steinwerder Süd wird 42 Fußballfelder groß. Die Stadt beginnt bald mit den Bauarbeiten“

Die Philosophie der HPA kann nicht ganz überzeugen. Zum einen bleibt es aus Steuerzahlersicht ein sehr risikobehaftetes Konstrukt, den Bau eines neuen Areals über künftige Mieten zu finanzieren, obwohl man öffentlich noch keinen größeren Interessenten vorweisen kann. Zum anderen fehlen nach wie vor die echten kreativen Visionen abseits der klassischen Hafenwirtschaft, indem man zum Beispiel in Steinwerder Süd gezielt Start-ups aus der Logistikbranche ansiedelt sowie nach Vorbild von Rotterdam auch Freiflächen und Kaimauern mit größeren Biotopen zum Binden von CO2 für einen besseren Klimaschutz nutzt. Deshalb erscheint das Konzept, wie so oft leider in Hamburg, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt wenig durchdacht, zumal angesichts der ökonomischen Zeitenwende mit einer immer deutlicher zutage tretenden verhärteten Blockbildung zwischen den politischen Großmächten ebenfalls niemand genau vorhersagen kann, in welche Richtung sich die Globalisierung und der internationale Handel weiterentwickeln!

Rasmus Ph. Helt,

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