An erster Stelle steht der Profit

8. Februar: „Protest gegen Kahlschlag bei Gruner + Jahr. Mutterkonzern Bertelsmann kündigt Wegfall von 700 Stellen an“

Qualitätsjournalismus und neoliberales Heuschrecken-Gebaren passen schon auf den ersten Blick nicht gut zusammen. Der Bertelsmann Konzern, der Eigentümer der ehemaligen G+J-Titel ist, fällt mit einem solchen Verhalten schon seit vielen Jahrzehnten auf. Dieser medienübergreifende Konzern maximiert seinen wirtschaftlichen Erfolg seit Jahrzehnten hemmungslos. Damit ist er unter den großen Aktiengesellschaften keine Ausnahme. Besonders bei Bertelsmann ist der Anstrich von Gemeinnützigkeit und sozialem Engagement, den sich dieser Konzern gibt. Besonders über die Bertelsmann Stiftung wird der Eindruck von staatstragender Moral und Unparteilichkeit erweckt. Das Beispiel G+J zeigt: Da ist nichts dran! Bertelsmann und deren Eigentümer sind ganz normale profitorientierte Unternehmer. Jeder Politiker, der mit diesem Unternehmen klüngelt, sollte sich darüber im Klaren sein.

Dr. Philip Düwel

Blanker Populismus

8. Februar: „Startschuss für Anti-Gender-Initiative. Jetzt beginnt die erste Phase der Unterschriften-Sammlung“

Frau Mertens Aussagen triefen von Intoleranz und Ignoranz gegenüber Menschen, die sich nicht in ein binäres Geschlechtersystem einordnen können. Sie sollen sich also einfach dazu entscheiden, vom generischen Maskulinum angesprochen zu werden. Menschen mit Frau Mertens Denkweise gehen sicher auch davon aus, dass man es sich abtrainieren kann schwul, lesbisch oder transsexuell zu sein. Mit ihrer Einlassung, „wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch und trans werden sollen ...“ zeigt sie endgültig, dass ihre Argumentationsweise auf blankem Populismus basiert und sich genau den Prinzipien der Demagogie bedient, die wir von der AfD oder in Hamburg von der Schill-Partei kennen. Im Übrigen ist das Bemühen um eine gendersensible Ausdrucksweise die Fortführung eines lange andauernden parteiübergreifenden Meinungs- und Willensbildungsprozess, der auf politischer Ebene 1987 – unter der damaligen Regierung Helmut Kohls – mit der interministeriellen „Arbeitsgruppe Rechtssprache“ begann. Schon Anfang der 90er-Jahre – vom Bundesministerium der Justiz unter dem FDP-Politiker Klaus Kinkel – herausgegebenen „Handbuch der Rechtsförmlichkeit“ wurde der Gebrauch des generischen Maskulinums in Frage gestellt. Die Debatte um eine sprachliche Gleichstellung der Geschlechter in Rechts- und Verwaltungsorganen wurde in den 80er- und 90er-Jahren in allen Bundesländern und über Parteigrenzen hinweg geführt und mündete logischerweise in entsprechenden demokratisch legitimierten Erlassen und Leitfäden. Es ist schlicht ungehörig, nun so zu tun, als würde eine „Gendersprache“ durch geschickte Lobbyarbeit einer Minderheit von oben herab diktiert. Ironischerweise wollen genau diejenigen, die von einer angeblichen „Sprachdiktatur“ reden, anderen vorschreiben wie sie zu sprechen haben. Die Humanität und Qualität einer Demokratie zeigt sich daran, wie respektvoll sie mit Minderheiten umgeht.

Christian Moritz

Ausbildungsjahr auf dem Land

7. Februar: „Hamburgs Ärzte immer älter: Stirbt die Praxis um die Ecke? Vor allem junge Mediziner scheuen Risiko der Selbstständigkeit“

Stirbt die Praxis um die Ecke? Sie muss nicht, aber möglicherweise wird sie es. Was ist das Problem? Vermutlich das Götter-in-Weiß-Syndrom. Herr Doktor! Warum kann man nur Medizin studieren, wenn man ein Superabitur hat? In z. B. Afrika gibt es jede Menge kompetente Medizinmänner ohne Schulbildung mit zufriedenen Kunden. Gut, wir können ja nicht bei jedem Wehwehchen nach Afrika fliegen. Und wir sollten auch nicht bei jedem Wehwehchen ohne Überweisung durch den Hausarzt zum Spezialisten laufen. Was wir brauchen, sind Hausärzte! Was wir haben, sind immer weniger Hausärzte und immer mehr Spezialisten in Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern. Und Arztpraxen sind sogar schon ein Geschäftsmodell für Investoren. Warum? Wegen der Rendite! Wir haben ein System der finanziellen Gewinnmaximierung für ärztliche Leistungen. Das kann so nicht weitergehen. Lernen wir doch z. B. einmal von der Türkei. Dort muss jeder Arzt nach Beendigung seines Studiums zwei Jahre als Arzt auf dem Land tätig werden, zumindest war das dort früher so. Unser Gesundheitssystem ist krank. Nur wer soll es heilen? Wenn wir auf die Selbstheilungskräfte der Natur warten, dann werden wir vermutlich vorzeitig mit der „Letzten Generation“ aussterben.

Hans-Peter Hansen, Hamburg

Handy öfter mal weglegen

7. Februar: „81 ,Klimaschulen‘ ausgezeichnet – konkrete Projekte“

Zu Ihrer Meldung eine Anmerkung: Alle Ansätze, die die Schüler für Klimaschutzmaßnahmen vorgeschlagen haben, zeigen ein breites Spektrum für den Klimaschutz. Nur – es gibt immer Besserwisser – ein Ansatz fehlt mir, den man täglich umsetzen kann, nicht mal in der Gruppe, sondern auch allein: Zu Fuß, mit öffentlichem Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen. Nicht von den Eltern vorfahren lassen. Und: Weniger Handy benutzen. Diese alltäglichen Beiträge habe ich für den Schutz des Klimas vermisst.

Uwe Holler

Vor allem gerne arbeiten!

4./5. Februar: Hamburger KRITIken: „Politik muss sich mal unbeliebt machen“

„Mehr und länger arbeiten“? Vielleicht. Vor allem aber gern arbeiten! Mich graust der jubelnde Spruch „Hoch die Hände – Wochenende!“ Oder wenn der Moderator im Frühstücksradio am Montag verkündet: „Nur noch fünf Tage bis zum Wochenende...“ Natürlich gibt es Arbeit, die Fron ist, da ist tatsächlich die Politik gefordert, für bessere Bedingungen zu sorgen. Doch den Großteil der Arbeit – mit der wir einen Großteil unseres Lebens zubringen – kann von uns selbst gestaltet werden, allein schon dadurch, dass wir sie mit einem Lächeln auf den Lippen erbringen.

Dr. Ursula Augener

Putin will immer mehr

3. Februar: Leserbrief: „Säbelrasseln statt Entspannung“ und 2. Februar: „Bundestags-Vizepräsidentin Göring-Eckardt unterstützt Kiews EU-Ambitionen“

Zum Einmaleins von Verhandlungen zur Beendigung eines Konflikts kommt es nur, wenn beide Parteien genau abgewogen haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dass eine Fortsetzung der militärischen Auseinandersetzung weniger vorteilhaft ist als verhandeln. Davon ist Putin noch weit entfernt. Als Quasi-Zar verfügt er über einen riesigen Schattenhaushalt und kann außerdem jederzeit die Vermögen seiner Oligarchen einziehen. Er kann weitaus mehr Soldaten an die Front schicken als die Ukraine. Als Aggressor definiert er die Kriegsziele. Wenn er erklärt, Russland wolle die bereits annektierten Oblasts Luhansk, Donezk und Saporischschja vollständig erobern, so ist das in Anbetracht seines Selbstverständnisses als „Sammler russischer Erde“ wenig glaubhaft. Würde Selenskyj sich bereit erklären, die drei Gebiete und dazu die Krim zu opfern, würde Russland in einer Position der Stärke wahrscheinlich weitergehende Forderungen stellen, nicht nur eine bündnislose und neutrale Ukraine, sondern auch ein waffenloses und damit hilfloses „Restgebiet“ sowie eine russlandfreundliche Regierung. Mit ihr würde Putin dann umgehen können wie mit Lukaschenko. Er würde weiter arbeiten an der Ausdehnung russischer Macht. Drängten oder nötigten wir jetzt Selenskyj zu Verhandlungen, wäre das nicht nur seine Kapitulation, sondern auch die Europas. Ein fatales Signal, um des Friedens willen zur Selbstaufgabe bereit zu sein.

Paul Joachim Bader, Hamburg

Schreiben Sie uns gerne an oder per Post an das Hamburger Abendblatt, 20445 Hamburg
Von den vielen Leserbriefen, die uns erreichen, können wir nur einen kleinen Teil veröffentlichen. Teilweise müssen wir kürzen, um möglichst viele Meinungen zu veröffentlichen. Mit Ihrer Einsendung erlauben Sie uns, alle Inhalte und Ihre Kontaktdaten an die zuständigen Redakteurinnen/Redakteure und/oder an externe Autorinnen/Autoren weiterzuleiten. Sollte eine Weiterleitung Ihrer Kontaktdaten und ein Dialog mit uns nicht gewünscht sein, bitten wir um Mitteilung. Einsendungen werden sowohl in der gedruckten Ausgabe sowie den digitalen Medien vom Abendblatt veröffentlicht und geben ausschließlich die Meinung der Einsender wieder. Veröffentlichte Leserbriefe finden Sie auch auf abendblatt.de/leserbriefe.