Initiative ist ungeeignet

4. Januar: „Hamburger entscheiden über das Gendern. Volksinitiative steht in der Hansestadt in den Startlöchern.“

Einmal mehr zeigt sich mit der Volksinitiative „gegen das Gendern“, wie ungeeignet eine direkte Bürgerbeteiligung für die Beantwortung komplexer Fragestellungen ist. Hinter „dem Gendern“ stecken nämlich viel Detailfragen, die sich einem einfachen Ja-Nein-Schema entziehen: Auf der einen Seite die Gleichberechtigung von Mann und Frau (weshalb die Nennung beider Geschlechter selbstverständlich ist, wenn auch zuweilen grammatisch herausfordernd), aber eben auch der Minderheitenschutz und damit verbunden die Frage, ob man unter ein Prozent der Bevölkerung, das sich als nonbinär versteht, in der Sprache abbilden muss. Über Letzteres ließe sich umfassend diskutieren. Nicht diskutieren lässt sich m. E. aber darüber, dass tiefe Eingriffe in die deutsche Sprache nur von dem dafür zuständigen Gremium beschlossen werden dürfen. Dies ist der Rat für deutsche Rechtschreibung, der allerdings für viele aufgeregte Diskutanten als befangen gilt. Wer aber soll dann über solche Fragen befinden? Die Staatsräte/-innen-Runde etwa, wie im Juni 2021 ohne benannte Grundlage geschehen? Die Volksinitiative zeigt deutlich auf, wie sich Debatten verselbstständigen, wenn sie politisch verschlafen werden. Man darf gespannt sein, was der Volksinitiative von staatlicher Seite aus angeboten werden wird.

Dr. Tim Schurig, Hamburg

Ehrliche Debatte ist wichtig

Bei der Debatte um das Gendern fällt auf, dass vor allem die Gegner/-innen von inklusiver Sprache von einer „Ideologisierung“ und „Spaltung der Gesellschaft“ sprechen. Das Wort „Ideologie“ wird u.a. als „an eine soziale Gruppe, eine Kultur o. ä. gebundenes System von Weltanschauungen, Grundeinstellungen und Wertungen“ definiert. Daraus wird deutlich, dass dieser ewige Vorwurf von „Ideologie“ gerade aus konservativen Strömungen nicht nur beim Thema Gendern völlig inhaltsleer ist: Es gibt keine ideologiefreien Debatten, da wir alle mit unseren Weltanschauungen und Wertungen debattieren. Auch die Verfechter/-innen einer scheinbar sauberen Standardsprache handeln ideologisch, nur eben mit einem anderen Wertekompass. Eine ehrliche Debatte ohne solche Vorwürfe gegen die Vertreter/-innen des Genderns und ohne Kampfabstimmungen wäre ein großer Fortschritt. Zu einer freien Gesellschaft gehört auch eine freie Weiterentwicklung von Sprache. Das Deutsche im Jahr 2023 ist nicht mehr das Deutsch von Goethe und das Deutsch im Jahr 2123 wird sich auch von unserer heutigen Sprache unterscheiden. Mein Vorschlag: Lasst die Leute in Verwaltung und Schulen gendern wenn Sie wollen und lasst es sie sein, wenn sie es nicht wollen. Dann wird man sehen, was sich langfristig durchsetzt. Ich für meinen Teil gendere gerne und freiwillig, weil ich gerade als privilegierter Mann in einer Führungsposition will, dass meine Ausdrucksweise alle Menschen in meinem Umfeld mitnimmt und nicht nur Menschen, die meinem Spiegelbild entsprechen. Im Übrigen hätte ich es als Leser schön gefunden, wenn in dem Artikel nicht nur die Kritiker/-innen des Genderns prominent zu Wort kommen, sondern zur Einordnung für Ihre Leser/-innen auch die Pro-Gendern-Argumente dargestellt worden wären.

Tobias Langguth, Hamburg

Emotional geführte Diskussion

4. Januar: „Dieser Unfall ist mir völlig rätselhaft“

Nach erneutem Parkunfall in der Waitzstraße flammt die Diskussion um Fahrprüfungen für betagte Autofahrer erneut auf, wird emotional geführt und – es würde mich nicht wundern – führt womöglich zu einer politischen Initiative, Nachprüfungen für Senioren verpflichtend zu machen. Ich habe den Eindruck, dass es sich bei dem Vorgang um ein weiteres Beispiel dafür handelt, politische Entscheidungsfindung nicht faktenbasiert, sondern aufgrund von Meinungen, Ideologien oder Zukunftsängsten zu starten. Dabei stellen sich in unserem Fall doch zumindest zwei Fragen, die zuvor einer objektiven Klärung bedürfen: Kommen in Straßen, die wie die Waitzstraße keine Durchgangsstraßen, sondern eher Parkstraßen sind, nicht allein aufgrund ihres Zweckes vermehrt entsprechende Unfälle vor? Außerdem wäre m. E. eine altersgemäße Aufschlüsselung der Ursachen von Unfällen im Straßenverkehr verpflichtend, in die auch die Schwere Eingang finden muss.

Volker Schreiner, Hamburg

Fühle mich für dumm verkauft

3. Januar: „Mogelpackungen – es werden immer mehr. Verbraucherschützer Armin Valet kämpft gegen versteckte Preissteigerung bei Lebensmitteln“

Als Verbraucher fühle ich mich für dumm verkauft, aber nicht von den Lebensmittelherstellern, sondern von der Verbraucherzentrale, die mir offenbar nicht zutraut, die Mengenangabe auf einer Packung zu lesen und dann von selbst drauf zu kommen, dass da jetzt weniger Produkt als erwartet drin ist. Außerdem merke ich das als kompetenter Verbraucher in der Regel schon am gefühlten Gewicht. Maximaler Schaden bei selbstverschuldeter Unaufmerksamkeit: Ich habe das Produkt noch einmal gekauft und entscheide mich eventuell erst beim nächsten Einkauf für das Konkurrenzprodukt. Die Forderung nach einem Gesetz, dass Mengenverringerungen noch einmal extra kenntlich gemacht werden müssen, ist geradezu grotesk und könnte von den Herstellern durch Anbieten verschiedener Gebindegrößen leicht ausgehebelt werden. Eigentlich ein Witzthema, mit dem die Verbraucherzentrale den Empörungskult pflegt. Was mich aber tatsächlich empört ist, dass die VZ mit diesem Nebenthema die ohnehin überlasteten Gerichte beschäftigen will und zur Einschätzung der mageren Erfolgsaussichten die Gesetzeslage im fernen Brasilien heranziehen muss. Das Prozesskostenrisiko liegt beim Steuerzahler, denn der finanziert die VZ zu 80 Prozent direkt.

Tim van Goos, Hamburg

Wachsamkeit schadet nicht

Gibt es sie denn nicht mehr, die aufgeklärten Verbraucher? Um nicht auf die sogenannten Mogelpackungen reinzufallen, bedarf es doch nur zweier Dinge: zu wissen, welchen Füllinhalt ein Artikel hat und was er kostet. Das reicht schon vollends, um bei Abweichungen gegenüber dem gewohnten stutzig zu werden, Preisvergleiche anzustellen oder auch mal etwas nicht zu kaufen. Dass nicht nur gegenwärtig, sondern immer schon ein Einkauf teurer wird, sollte uns veranlassen, aufmerksamer zu werden. Preiserhöhungen sind nicht per se ungerechtfertigt, aber etwas Wachsamkeit kann nicht schaden.

Bernd Glodek, Hamburg

Eine friedliche Stimmung...

3. Januar: „Jeder dieser Angriffe ist unerträglich“

Mit Entsetzen haben wir die verachtenswerten Ereignisse an Silvester verfolgt. Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei bei der Ausübung ihres ohnehin nicht einfachen Jobs u.a. mit Feuerwerkskörper anzugreifen, zeugt von einer beispiellosen Verrohrung und dem ist von staatlicher Seite entschieden entgegen zu treten. Bedauerlicherweise wird von der Politik in einer solchen Situation gerne reflexartig wie einfallslos nach Verboten gerufen. Aber warum? Nur weil eine kriminelle und gewaltbereite Minderheit mit offensichtlichem Migrationshintergrund sich nicht an unsere Gesetze halten will, soll die große friedliche Mehrheit, die den Jahreswechsel mit Feuerwerk genossen hat, mit bestraft werden? Meine Frau und ich waren auf Steinwerder gegenüber von den Landungsbrücken, und wir haben uns mit vielen anderen das beeindruckende Himmelsspektakel angeschaut. Es war eine friedliche Stimmung und hat uns viel Freude bereitet. Der Staat hat die Pflicht und die Mittel seine Bürger zu schützen und das nicht durch Verbote, sondern durch die aktive Durchsetzung von Recht und Ordnung!

Heiko Böttcher, Neugraben-Fischbek

Schreiben Sie uns gerne an oder per Post an das Hamburger Abendblatt, 20445 Hamburg
Von den vielen Leserbriefen, die uns erreichen, können wir nur einen kleinen Teil veröffentlichen. Teilweise müssen wir kürzen, um möglichst viele Meinungen zu veröffentlichen. Mit Ihrer Einsendung erlauben Sie uns, alle Inhalte und Ihre Kontaktdaten an die zuständigen Redakteurinnen/Redakteure und/oder an externe Autorinnen/Autoren weiterzuleiten. Sollte eine Weiterleitung Ihrer Kontaktdaten und ein Dialog mit uns nicht gewünscht sein, bitten wir um Mitteilung. Einsendungen werden sowohl in der gedruckten Ausgabe sowie den digitalen Medien vom Abendblatt veröffentlicht und geben ausschließlich die Meinung der Einsender wieder. Veröffentlichte Leserbriefe finden Sie auch auf abendblatt.de/leserbriefe.