Kitt für die Gesellschaft

23. Dezember: „Kinderärzte: So dramatisch ist die Lage in Hamburg wirklich“

Es ist besorgniserregend, wie stiefmütterlich die verantwortlichen Politiker in Bund und Ländern die öffentlichen Dienstleistungen, auch passenderweise Daseinsfürsorge genannt, behandelt haben. Es kann doch nicht so schwer sein unter Berücksichtigung des demografischen Wandels absehbare Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu sehen und rechtzeitig zu handeln um notwendige gesellschaftliche Dienste mit Fachkräften vorzuhalten: ein belastbares Gesundheitssystem, Feuerwehr und Rettungsdienste, Verkehrs- und andere Infrastruktur. Bedauerlich und ärgerlich der gegenwärtige Zustand der Infrastruktur, bedrohlich für Betroffene die keine rechtzeitige Hilfe erhalten. Eine angemessene Bezahlung für die Berufsgruppen und ein angemessener Personalbesatz sind die Voraussetzungen, um die Berufe attraktiv zu gestalten. Da kann es auch keine Ausreden geben. Die öffentlichen Dienste halten wirklich notwendige Aufgaben vor. Die gute Ausgestaltung der Daseinsfürsorge ist ein wesentlicher Kitt für den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Reiner Gorning

Hilfreich: Technische Lösung

22. Dezember: „Wieder Waitzstraße: Senior fährt in Café-Terrasse. SUV rauscht in Außengastronomie“

Was mich bei den zahllosen Unfällen von in der Regel älteren Fahrern mit neueren Kfz wundert, sei es in der Waitzstraße oder anderswo, ist eben diese Verwunderung. Ich bin mir sicher, das ziemlich alle diese Vorfälle eine Gemeinsamkeit haben, und zwar Kfz mit Automatik-Getriebe. Während ein althergebrachtes Auto mit Handschaltung im Falle einer unübersichtlichen und stressigen Situation vom Fahrer meist „abgewürgt“ wird, bietet ein (neues) Kfz mit Automatik bei versehentlichem festem Tritt auf das Gaspedal den sogenannten Kickdown und überwindet so Poller, Schaufenster und ähnliches. Hier könnte von Seiten der Kfz-Hersteller eine technische Lösung helfen, die anhand von Navigationsdaten eine solche Fehlbedienung durch temporär überforderte Fahrer gar nicht erst zulässt

Gunter Harms, Hamburg

Komplexe Strategie ist nötig

22. Dezember: „Was tun Sie für schlechte Schüler, Frau Prien?“

Die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein stellt in dem Interview, das sie dem Hamburger Abendblatt gegeben hat, ihren Erklärungsansatz für das schlechte Abscheiden der Grundschülerinnen und Grundschüler aus Schleswig-Holstein beim aktuellen IQB-Bildungstrend dar. Darüber hinaus skizziert sie erste Ansätze, wie sie den Abwärtstrend der Leistungen, der bereis seit gut zehn Jahren anhält, aufzuhalten gedenkt. Neben einer (noch) früheren Testung der Kinder bereits im Kindergartenalter, möchte sie sich mit ihren Maßnahmen offensichtlich vor allem auf die Teile der Bevölkerung fokussieren, die sie als Ursache für das schlechte Abschneiden ausgemacht hat: Familien mit Migrationshintergrund, die nicht ausreichend Deutsch sprechen und Familien, die ihre kleinen Kinder nicht ausreichend durch Vorlesen und medienarme Erziehung fördern. Dieser Ansatz ist in meinen Augen zum einen populistisch, zum anderen gesellschaftlich fatal, weil er auf Aussagen fußt, die weiter zur Spaltung der Bevölkerung beitragen können. Einen wesentlichen Punkt lässt die Ministerin in ihren Aussagen leider vollkommen außer acht. Zwar spricht sie davon, dass auch mehr Lehrerstellen nötig sein werden, um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können. Woher diese Lehrkräfte jedoch kommen sollen, erwähnt sie nicht einmal am Rande. Dabei sind die Herausforderungen, offene Stellen an (Grund-) Schulen zu besetzen, seit Jahren bekannt. Mittlerweile gibt es Grundschulen, an denen nahezu die Hälfte der Erwachsenen, die dort arbeiten, keine ausgebildeten Lehrkräfte sind. Über die Ausstattung mit Lehrkräften, die im Fach Mathematik ausgebildet worden sind, rede ich hier gar nicht. Fatal wird dieser blinde Fleck im Blickfeld der Ministerin auch, wenn man dazu noch in den Blick nimmt, dass an anderen Stellen des Bildungssystems von Schleswig-Holstein zusätzlich und in überhasteter Art und Weise zahlreiche neue Planstellen geschaffen werden. (...) Es bleibt die Frage, ob die große Aufgabe des Schließens der immer stärker auseinanderklaffenden Schere der sozialen Separation, allein durch Lehrkräfte an Schulen an einem Vormittag erledigt werden kann? Ich meine, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass es einer Vielzahl von Menschen mit entsprechender Ausbildung bedarf, die jungen Familien helfen, ihren zunehmend komplexeren Alltag zu bewältigen. Die Schule allein ist damit überfordert!

Jochen Kähler, Elmshorn

Viel Bürokratie und Bedenken

22. Dezember: „Was Deutsche von Dänen lernen können ...“

Den Gastbeitrag von Claus Ruhe Madsen habe ich gefeiert. In Deutschland wird aus allem und jedem ein Problem gemacht. Und die Entscheidungsträger können kaum etwas packen, weil jeder Einzelne vor Gericht Projekte solange sabotieren kann, bis sie überholt sind. Die Möglichkeit ist in Dänemark nicht so groß, von der Regierung mehrheitlich beschlossene Projekte zu verhindern. In Deutschland gibt es zu viel Bürokratie und zu viele Bedenken. Die Schleswig-Holsteiner sind auch eher pragmatisch.

Karen Weidmann-Henkel

Sprache ist ein Kulturgut

21. Dezember: Frauengold: „Ich bin damit fein. Immer mehr eingedeutschte englische Ausdrücke sickern in unseren Sprachgebrauch. Macht Sinn, oder?“

Die Betrachtungsweise von Frau Stauber kann ich nicht nachvollziehen. Im Gegenteil, das ewige deutsch-englische Kauderwelsch ist für mich ein Armutszeugnis par excellence. Wie sollen denn die Tausenden von Immigranten vernünftiges Deutsch lernen, wenn wir selbst unsere Sprache derart lächerlich machen und obendrein auch noch falsches Englisch in unsere Sprache einflechten? Sprache ist ein Kulturgut und sollte gepflegt werden!

Frauke Täschner, Bielefeld

Was für eine Farce

21. Dezember: „KZ-Sekretärin schuldig gesprochen“

Was für eine Farce. Da wird eine 97-jährige Frau nach vierjähriger Ermittlungsarbeit vor Gericht gestellt und nach einem extrem aufwendigen Verfahren verurteilt, weil sie eine Straftat begangen haben soll, die zur Tatzeit nicht unter Strafe stand und im übrigen nach 20 Jahren verjährt gewesen wäre. Aber eine bemerkenswerte „kreative“ Justiz hat im Jahr 2016 (also knapp 70 Jahre nach der Tat ) erstmals und urplötzlich festgestellt, dass wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden kann, wer an den Mordfall nicht direkt beteiligt war. Hinsichtlich der Verjährung war der Rechtsanspruch zur Verfolgung der Tat schon seit vielen Jahren erloschen. Aber 1969 wurde die Verjährungsfrist auf 30 Jahre und erst 1979 auf die heutige Norm verändert und zwar rückwirkend, obwohl jedes rückwirkende Gesetz mit den Prinzipien eines Rechtsstaates unvereinbar sein sollte. Das hat doch auch – erschreckenderweise – bei Richtern und Staatsanwälten geklappt, die sich z.B. durch rechtswidrige Todesurteile strafbar gemacht hatten. Aber kein einziger Jurist hat sich bisher dafür verantworten müssen, weil diese Straftaten bereits verjährt waren, bevor die Verjährungsfrist angehoben wurde. (...) Soweit zur Rechtslage, nun zur Angeklagten. Es handelt sich hier um einen Schauprozess, bei dem es nur vermeintlich um die Rechtsverfolgung gegen die 97-jährige Angeklagte ging. Die Ziele einer Strafverfolgung liegen zweifelsfrei in der Bestrafung und der Resozialisierung sowie dem Schutz der Gesellschaft. Sind diese Zielsetzungen wirklich bei dieser Fallgestaltung bei einer 97-Jährigen durch eine zweijährige Bewährungsstrafe sinnvoll und vernunftsgeleitet anzusetzen?

Dieter Plambeck, Hamburg

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