Ein toxischer Mix

19. Oktober: „Kosten explodieren: Hamburger Wohnungsbau vor Zusammenbruch. Kreditzinsen vervierfacht. Baustoffe bis 30 Prozent teurer: ,Projekte sind nicht mehr kalkulierbar‘“

Der Neubau von Wohnungen und Einfamilienhäusern bricht aktuell nicht nur ein, er droht zum Stillstand zu kommen. Inflation, allgemeine Lebensunsicherheit, steigende Zinsen und speziell die exponentiell steigenden Energiekosten für Energieträger und energetische Ertüchtigung sind ein toxischer Mix, der jede Investitionsbereitschaft von Unternehmen und Privatpersonen zum Erliegen bringt. Die wird sekundär zu massiv steigenden Mietpreisen und einer weiteren Verteuerung von Bestandsimmobilien führen. Die Gesellschaft wird immer unwiederbringlicher in Immobilienbesitzer und Mieter geteilt. Sich Wohneigentum zu erarbeiten, wie es Generationen vor uns getan haben, wird für die aktuellen und zukünftigen jungen Familien nicht möglich sein. Das ist zu tiefst ungerecht und unsozial. Es verurteilt ganze Altersgruppen zu einer lebenslangen Abhängigkeit in einem wesentlichen Bereich – der Wohnung. Das der Klimawahn der Grünen, der einer der wesentlichen Treiber der Kostenentwicklung bei Energie- und Gebäudekosten ist, von der Gesellschaft bislang nicht gestoppt wird, ist völlig unverständlich. Klimaschutzmaßnahmen sind zwar nicht die einzige Ursache dieser Situation, sie wären aber veränderbar. Jeder sollte sich bei seiner Wahlentscheidung klar machen: wer die aktuellen Klimamaßnahmen der Grünen wählt, akzeptiert auch den Tausch von sozialer Gerechtigkeit in diesem Land, für ein wohliges Gefühl von moralischer (Klima)Überlegenheit.

Dr. Philip Düwel

Politische Inszenierung

18. Oktober: „Atomstreit: Scholz spricht Machtwort. Kanzler macht von Richtlinienkompetenz Gebrauch. Alle drei deutschen Kernkraftwerke, auch das AKW Emsland, bleiben bis Mitte April 2023 in Betrieb. FDP begrüßt die Entscheidung. Die Grünen reagieren reserviert“

Das aktuelle Mach(t)wort des Kanzlers darf gewiss als „Inszenierung von Politik“ (wobei allein diese Aussage freilich nichts anderes als ein Pleonasmus ist) betrachtet werden. Den Atomstreit derart zu beenden war, unabhängig von fachlichen Hintergründen, machttaktisch opportun und gesamtgesellschaftlich absehbar populär; ein – zumal in diesen krisenverhafteten Zeiten – regierungsseitig zweifellos höchst seltenes Momentum. Bleibt angesichts der allenthalben hohen wirtschaftlichen Belastungen für Privathaushalte wie für Unternehmen sehr zu hoffen, dass diese Entscheidung auch sachlich und nachhaltig die richtige war.

Matthias Bartsch, Lichtenau

Endlich Führungskraft

Das war ein befreiendes Machtwort! Endlich hat der Bundeskanzler die Kurve vom Status-Quo-Moderator zur Regierungs- Führungskraft gekriegt und das unwürdige Gezänk zwischen Finanz- und Wirtschaftsminister gesetzeskonform beendet. In einer der größten Wirtschaftsnationen der Welt kann in der derzeitigen Energiekrise grüne Parteiideologie keinen Vorrang vor dem Wohl der Volkswirtschaft haben! Die Grünen haben diesen Schritt in ersten Reaktionen überwiegend anerkannt. Das verdient Respekt. Bei aller Erleichterung über diese wichtige und logische Entscheidung des Kanzlers zum Weiterbetrieb der drei AKWs bleibt aber auch die Erkenntnis, dass noch nicht alle Probleme des Krisenmanagements gelöst sind. Kein Mensch kann derzeit voraussagen, wie sich die Energiekrise bis zum 15. April des kommenden Jahres entwickelt. Bliebe sie unverändert oder hätte sie sich bis dahin sogar zugespitzt, dann wäre die Logik des Weiterbetriebes der drei AKWs mindestens genau so zwingend wie heute. Hier fehlt meines Erachtens eine klare Aussage des Kanzlers für eine Option zum Weiterbetrieb, was auch eine sofortige Entscheidung zur Beschaffung von Brennstäben sowie zur Verfügbarkeit des Fachpersonals (für den weiteren Betrieb über den 15. April hinaus) erfordern würde. Unterbleibt dies, dann erleben wir im kommenden Frühjahr eine Neuauflage des Ampel-Atomstreits.

Michael Deil, Bargteheide

Auf dem Rücken der Bewohner

8. Oktober: „Wie das Bewohnerparken reformiert werden könnte. CDU macht konkrete Vorschläge und bringt Antrag in die Bürgerschaft ein. Fraktionschef Thering: ,So wie bisher funktioniert es nicht‘“

Wie im Abendblatt berichtet kommt Mitte November im Gebiet Hoheluft-Ost/Süderfeld das Bewohnerparken, was ich grundsätzlich befürworte, weil aktuell sehr viele Mitarbeiter/-innen des UKE in der Süderfeldstraße und im Heinrich-Kock-Weg parken und besonders morgens chaotische Zustände herrschen. Leider können Bewohner/-innen des Heinrich-Kock-Wegs keinen Bewohnerparkschein beantragen, denn hier darf künftig grundsätzlich nur noch gegen eine stündliche/tägliche Gebühr geparkt werden. Die Begründung lautet, dass es in der Straße Tiefgaragen gibt. Allerdings kostet ein Tiefgaragen-Stellplatz 120 Euro im Monat und es steht auch gar nicht für jeden Mieter bzw. jede Wohnung ein Stellplatz zur Verfügung. 120 Euro plus zwei HVV-Monatskarten á 85 Euro kann sich aber nicht jeder leisten, wir auch nicht. Einen Bewohnerparkausweis für die angrenzenden Straßen können wir mit der Meldeadresse Heinrich-Kock-Weg jedoch auch nicht beantragen. D.h. im großräumigen Umfeld unserer Wohnung können wir nirgends parken, das ist doch absurd! Im Heinrich-Kock-Weg wohnen fast ausschließlich Familien mit kleinen Kindern, da ist Car-Sharing u.a. aufgrund des mitzubringenden Kindersitzes keine Alternative. In Plänen aus März 2022 gibt es diese Sonderregelung für den Heinrich-Kock-Weg noch nicht, und es wurde eine Information und Beteiligung der Bewohner angekündigt. Beides ist jedoch nie passiert, bis heute nicht. In der Straße gibt es ausschließlich Miet-/Sozial- und Studentenwohnungen, vermutlich wurde nur der Eigentümer informiert und der freut sich jetzt, dass endlich alle Tiefgaragen-Stellplätze vermietet werden. Wahrscheinlich hat auch der Einfluss des UKE zur Überarbeitung der Parkregeln im Heinrich-Kock-Weg geführt. Es wird gerne mit Nachtdiensten von Pflegekräften argumentiert, dieses könnte ich auch verstehen, wenn ich nicht wüsste, dass es auf dem UKE-Gelände sowohl eine Tiefgarage als auch ein Parkhaus für Mitarbeitende gibt. Hier könnten bezahlbare Parkplätze für Mitarbeiter/-innen im Nachtdienst zur Verfügung gestellt werden. Aber all das sollte nicht auf dem Rücken der Bewohner/-innen im Heinrich-Kock-Weg ausgetragen werden.

Regina Hoefert

Erfahrungen nach 40 Jahren

18. Oktober: „Warum Hamburger Schüler besser abschneiden. Bundesweite Bildungsstudie: Stadt landet in Deutsch und Mathematik auf Rang sechs unter 16 Ländern“

Ihr Bericht über die Entwicklung der Fähigkeiten der Schüler wundert mich nach über 40 Jahren Schuldienst nicht. Wenn ich die Anforderungen und Möglichkeiten in den Leistungskursen der 80er-Jahre mit den heutigen vergleiche, kommt mir das Grauen. Schuld ist mit Sicherheit auch die ständige Anpassung des Schulsystems an hypothetische neue Anforderungen. Was ist z. B. mit der Mengenlehre aus den 90er-Jahren geworden? Dann kamen um die 2000 die „Methoden“ als revolutionäre Neuerung. Dann stand in einem Biologie-Lernbuch, Methodenseite: „Wir bestimmen einheimische Laubbäume“. Das fand ich fantastisch, hatte ich doch schon 20 Jahre zuvor diese „Methode“ entdeckt. Aber sicher konnten sich mit den Methoden zig Pädagogen profilieren und einen Karriereschub erzielen. Jetzt sind es seit Jahren die „Kompetenzen“. In meiner Referendar-Zeit Ende der 70er-Jahre nannten wir es „Überblick, Einblick, konkrete Kenntnis und Fähigkeit bzw. Fertigkeit“. Allein die qualitative und quantitative Differenzierung bietet in einem Bildungsplan exaktere Möglichkeiten.

Horst Zeller

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