Sippenhaft ist vorprogrammiert

26. September: „Verfassungsschutz: Extremisten missbrauchen Gaskrise für ihre Ziele. Hamburger Nachrichtendienst erwartet ,kritischen Herbst‘. Auch das BKA warnt“

Menschen, die ihr grundgesetzlich verankertes Recht auf Demonstration und damit auf Widerspruch und Kritik nutzen, sind keine Extremisten. Dies sollte auch der Fall sein, wenn es sich um die Gaskrise handelt, deren Ursachen äußerst individuell eingeordnet und bewertet werden müssen. Der eigene Geldbeutel spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Dementsprechend fallen auch die persönlichen Reaktionen, und der Wunsch dagegen zu demonstrieren aus. Wenn ihnen allerdings von Verfassungsschutz und Politik höchst pressewirksam die Diskreditierung, sie würden an einem „extremistischen Rechten- und Reichsbürger dominierenden kritischen Herbst“ teilnehmen, vorauseilt, schadet dies der Demokratie und Meinungsfreiheit. Wer demonstriert dann noch angstfrei? „Sippenhaft“ und damit der Vorwurf, Teil des „rechten Lagers“ zu sein, ist vorprogrammiert.

Liesel Amelingmeyer

Die Politik muss etwas tun

24./25. September: „Obdachlose in der City: „Ich sehe hier absoluten Handlungsbedarf“. Im Interview spricht Ralf Neubauer (SPD) über Verelendung, die Lage am Hauptbahnhof – und wie er sich die Innenstadt der Zukunft vorstellt“

Selbstverständlich muss etwas gegen die Obdachlosigkeit getan werden. Allerdings frage ich mich, wieso nicht stärker gegen osteuropäische Trinkergruppen vorgegangen wird. Der Bezirksamtsleiter glaubt, sie werden mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt. Ich glaube, ihre Wünsche werden hier erfüllt. Essen, Kleidung und Unterkunft umsonst, wahrscheinlich auch noch Sozialhilfe. Diese oft in kleinen Gruppen auftretenden Trinker machen den Anwohnern das Leben schwer. Da muss die Politik endlich mal was tun und auch die Polizei stärken. Auch wir Anwohner haben ein Recht auf ein ruhiges Leben. Dieses allgemeine Geschwafel des Bezirksamtsleiters geht mir wirklich auf die Nerven.

Peter Meyer

Wo bleibt der große Wurf?

Von einem neuen Bezirksamtsleiter Mitte hätte ich erwartet, dass seine Ideen für die Entwicklung der Innenstadt nur so sprudeln. Immer mehr Gastronomie? Wer soll einer ohnehin gebeutelten Branche das alles abnehmen? Was ist mit einer neuen Nutzung der brachliegenden Einzelhandelsflächen: z.B. die Erweiterung des Museums für Kunst und Gewerbe in den Kaufhof, Paketverteileinrichtungen, oder großzügig angelegte Besucherinformationen, mehr öffentliche Toiletten, eine öffentliche Zentralbibliothek, oder auch Wärmeräume und Kantinen für Obdachlose. Gefragt sind Ideen für die Erweiterung des denkmalgeschützten Hauptbahnhofs nach Süden und die Integration von Gleisen und Bahnsteigen für die zweite Verbindungsbahn. Wie auf die neue Konkurrenz der HafenCity reagieren? Stattdessen eine Aufzählung von Problemen und Schweigen zu Ideen. Wo bleibt der große Wurf, wie ihn Jochen Vogel vor 50 Jahren mit der Olympiade für Münchens Innenstadt geschafft hat? Da nimmt in Hamburg das Volk den Politikern die Verantwortung ab. Aufgabe ist, die Innenstadt attraktiver zu machen. Dann kommt die Belebung von selbst.

Hans Lafrenz

Das ist zu wenig!

Jetzt ist es bald geschafft! Mit dem Ausverkauf bei Karstadt Mö wird jetzt auch der letzte Einkaufsmagnet der einst beliebten und quirligen Einkaufsmeile verschwinden. Geht man die Meile auf und ab – von flanieren und wohlfühlen kann keine Rede sein – fragt man sich, was aus dem noch verbliebenen Geschäfte-Mix werden soll. Unter dem rot-grünen Senat ist die Hamburger Innenstadt zum politischen Spielball der parteilichen Eigeninteressen geworden. Wieder einmal wird erst alles zerschlagen, bevor ein vernünftiger, auf den Bürger ausgerichteter Ersatz geschaffen ist. Die Vorschläge des Bezirksamtsleiters Ralf Neubauer sind äußerst mager. Außer fragwürdigen Events zur Freizeitgestaltung des Publikums (Affen, Ausstellungen, Gastronomie auf der Straße etc.) wird weitgehend nur auf Handlungsbedarf und vorgesehene Gespräche auf leitender Ebene hingewiesen. Das ist zu wenig! Die Hamburger haben ganz andere Sorgen, auf die man sich konzentrieren sollte. Um den selbstgeschaffenen, gordischen Knoten zu lösen, benötigt man nun noch eine professorale Innenstadtkoordinatorin. Sind die bestehenden Verwaltungsgremien zur Stadtentwicklung und Bauwesen etwa überfordert? Die Hamburger sollten anfangen, mehr Fragen zu stellen und den Senat in die Pflicht nehmen.

Dietrich Teudt

E-Autos sind Energiefresser

23. September: „Hamburger Bündnis ruft auf: In allen Lebensbereichen Energie sparen“

Seit Monaten sind die Themen Energie sparen, Energie-Knappheit und Energie-Kosten in allen Medien. Die Bevölkerung, konfrontiert mit Preissteigerungen und möglichen Energieausfällen, wird regelmäßig aufgefordert, lauwarm zu duschen, lauwarm zu wohnen, so viel Energie wie möglich im Haushalt zu sparen. Jetzt sollen auch die Büros auf 19 Grad runtergestuft werden. Hat die Politik sich überlegt, was das für einen Arbeitnehmer, der den gesamten Tag ruhig vor seinem PC sitzt, bedeutet? Warum ist in all diesen Monaten in den Medien nie die Rede davon, dass auch E-Roller und E-Autos, vor allem die großen, schweren Modelle, Energiefresser sind? Warum werden nicht auch sie aufgefordert, weniger zu fahren? Nicht für jeden kleinen Weg das Auto zu nehmen oder auch mal zu Fuß zu gehen? Dem Bürger wird regelmäßig vorgerechnet, wie viel er durch ein Grad Wärme weniger für die Allgemeinheit, für die Industrie erreichen kann. Bisher gab es solche Angaben nicht für die oben erwähnten Energiefresser. Da scheinen Politik und Medien blind auf einem Auge zu sein.

Renate Kring, Hamburg

Die naive Gesellschaft

24./25. September: „Zeit, den Menschen reinen Wein einzuschenken. Kein Tempolimit. keine Laufzeitverlängerung, kein Fracking – die Krise ist in vielen Köpfen nicht angekommen“

In welch einer erbarmungslos naiven Gesellschaft leben wir? Da demonstrieren zigtausend Kinder und Jugendliche gegen den Klimawandel, und jeder von ihnen führt dabei sein Handy spazieren. Wie viel CO2 dabei für Herstellung und Betrieb verbraucht wird, interessiert niemanden. Da wird gefracktes Gas aus aller Herren Länder gekauft, aber das eigene Gas bleibt im Boden. Geothermie ist dagegen großartig, wie das Bohrloch in Wilhelmsburg beweist. Soll diese Erdwärme doch bald zum Heizen genutzt werden. Dabei ist Geothermie nichts anderes als Fracking. Wir hätten uns schon lange von russischem Gas frei machen können, wenn wir unsere eigenen Gasreserven nur genutzt hätten. Stattdessen machen wir uns völlig abhängig und fahren unsere Wirtschaft an die Wand. Noch interessiert es niemanden, welche Schäden in den Gebäuden bei unsachgemäßer Beheizung und Lüftung passieren wird, aber der Schimmel wird uns schon einholen. Wir haben ja alles dafür getan, dass keine Feuchtigkeit mehr entweichen kann, aber nur warme Luft kann ausreichend Feuchtigkeit aufnehmen, und diese muss nach draußen abgeführt werden. Doch was kümmert uns der volkswirtschaftliche Schaden von morgen. Solange Russland, China und Indien nicht aufwachen und mit der übrigen Welt die vorhandene Energie von Sonne und Wind nutzen, wird dieser Planet nicht gerettet werden können. Dafür haben wir ihn bereits zu sehr zerstört. Solange wir alles, was Dreck und CO2 verursacht ins Ausland auslagern, sollten wir uns lieber die Frage stellen, was wir mit unserem Handeln anrichten, statt über gestörte Lieferketten zu lamentieren.

Heinrich Stüven

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