Wie soll man das verstehen?

23. September: „Hamburger Bündnis ruft auf: In allen Lebensbereichen Energie sparen. Senat, Kammern, Unternehmen und Vereine starten Kampagne. Ziel: Information und Motivation“

Dass aufgrund des Krieges in der Ukraine und der Versäumnisse in der Energiepolitik gespart werden muss, ist allgemein unbestritten. In meinen Augen ist es aber nicht nachvollziehbar, einen Klimarechner mit einem jährlichen Stromverbrauch von 16 Millionen Kilowattstunden in Betrieb zu nehmen. Diese Leistung würde komplett für ca. 4.000 Haushalte reichen. Eine Inbetriebnahme dieses Computers hätte sicher noch einige Monate Zeit gehabt. Wie soll Otto Normalverbraucher nachvollziehen, dass auf der einen Seite inflationär Energie verbraucht wird und auf der anderen Seite die Beleuchtung auf Weihnachtsmärkten abgestellt werden soll.

Lutz Weiser, Hamburg

Planungen für U 5 stoppen

Dazu sollten sofort die Stadt und die Hochbahn ihre Planungen für die U 5 anpassen. Nicht unter dem Hauptbahnhof durch, wo heute schon ein furchtbares Gedränge herrscht und Bauhindernisse unabsehbar und Kosten unkalkulierbar sind, sondern nördlich um die Alster herum mit einem oberirdischen Streckenverlauf und Umsteigemöglichkeit in die vorhandenen zum Bahnhof führenden Linien. Nur so lassen sich Millionen Tonnen CO2 und viel Energie einsparen, und der öffentliche Verzicht auf dieses Projekt könnte als Vorbild verstanden und als Beispiel nachgeahmt werden.

Dr. Gunter Alfke, Hamburg

Keine echte Solidarität

22. September: „30.000 Hamburger müssen keine Gasumlage zahlen. Städtischer Versorger verzichtet wegen hoher Gewinne auf Weitergabe. Was wird aus den anderen?“

Welch gute Nachricht für 30.000 Kunden der Hamburger Energiewerke, sie müssen keine Gasumlage von 2,4 Cent/Kilowattstunde zzgl. MwSt zahlen. Da es sich um eine staatliche Umlage der Bundesregierung zur Unterstützung von schwächelnden Gaslieferanten handelt, werden also die Hamburger Energiewerke die Gesamtsumme für alle ihre Kunden anschließend an den Bund zur Weiterverteilung überweisen. Oder habe ich hier was falsch verstanden? Anstatt ihren Kunden günstigere Tarife anzubieten, freut man sich hier auf die Weitergabe der Gasumlage an die Kunden verzichten zu können, weil es „unerwartet hohe Gewinne infolge der steigenden Energiepreise“ gegeben habe. Im Umkehrschluss heißt das doch, dass die Hamburger Energiewerke hohe Gaspreise an die Kunden weitergeben, denen keine steigenden Gaseinkaufspreise gegenüberstehen. Woher sonst die unerwartete hohen Gewinne? Und wer wird die unerwartet hohen Gewinne denn bezahlt haben? Natürlich die Kunden. Wie zynisch ist das denn, den Kunden ein Geschenk zu offerieren, das man ihnen vorher schon abgenommen hat. Da wäre es besser, die Preise für die Kunden zu reduzieren und nur noch fünf Prozent Gewinn zu machen. So sähe dann echte Solidarität und Kundenfreundlichkeit aus.

Stefan Steinmetz

Wozu sind die USA bereit?

22. September: Leitartikel: „Wider die Eskalation. Putin ist der Kriegstreiber – aber bremsen ihn immer mehr Waffen?“

Matthias Iken gehört zu den wenigen mutigen und vernünftigen Stimmen neben dem erschreckend großen Chor der Bellizisten in Politik und Medien. Danke dafür. Auch ich bin davon überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine nur auf dem Verhandlungsweg gesichtswahrend für alle Seiten beendet werden kann. Das setzt aber Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft nicht nur in Kiew und Moskau voraus, sondern auch in Washington. Denn nur von dort kann Russland die Sicherheitsgarantien bekommen, die es nicht ganz zu Unrecht gefordert hat. Ich fürchte aber, dass die USA dazu weiterhin nicht bereit sein werden, weil es ihren geostrategischen Interessen widerspricht, die darauf ausgerichtet sind, Russland und indirekt auch China zu schwächen und zu isolieren, um die eigene globale Vormachtstellung zu wahren. Man mag es kaum aussprechen, aber das Risiko, dass der zunächst nur regionale Konflikt in der Ukraine mit einem Atomkrieg endet, ist groß.

Werner Duckstein

Geschlossenheit und Stärke

Alte Gewissheiten wurden durch den Angriffskrieg Russlands in Frage gestellt. Gewiss ist aber aktuell, dass nicht Verhandlungen zum Rückzug von Putins Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine geführt haben, sondern das ukrainische Militär mit westlicher Unterstützung. Was wäre, wenn die Ukraine demnächst mangels schwindender Waffenbestände und Munition nicht mehr weiter kämpfen und sich verteidigen könnte? Putin will die Auslöschung der Ukraine und kämpft gegen den „kollektiven Westen“, also auch gegen Deutschland, gegen Europa und die Demokratie. Es gab sehr viele Verhandlungsbemühungen vor und zu Beginn des russischen Angriffs. Derzeit sieht auch die Mehrheit der außen- und sicherheitspolitischen Wissenschaftler keine Verhandlungsbasis. Welche Bedenken hat Herr Iken gegen blau-gelbe Fahnen in Deutschland, die ein Zeichen der Solidarität mit der angegriffenen Ukraine, einer europäischen Demokratie, sein sollen? Was meint Herr Iken damit, dass wir die geopolitische Lage nicht zu Ende gedacht hätten? Billigt Herr Iken einen Sieg Russlands, wenn wir weiter billige Energieträger aus Russland beziehen können, damit „unser Wohlstand“ wieder hergestellt wird – auf Kosten anderer? Nur in einem demokratischen, freiheitlichen Europa kann Wohlstand in jeder Hinsicht gesichert werden. Natürlich müssen notleidende Bürgerinnen und Bürger und mittelständische Gewerbebetriebe hierzulande unterstützt werden, um Auswirkungen extremer Energiepreise abzufedern und die soziale Stabilität zu sichern. Auch das gehört zur notwendigen Solidarität in Krisenzeiten. Angesichts der russischen Drohungen gebietet verantwortungsvolle Vorsicht jetzt nicht, in Angststarre zu verfallen und billigem Erdgas nachzutrauern, sondern Putin weiter geschlossen mit militärischer Stärke und mit zielgerichteten Sanktionen im Sinne wirksamer Solidarität auszubremsen.

Andreas Tjaden, Hamburg

Putin muss gestoppt werden

Als kompetenten und gebildeten Journalisten schätze ich Herrn Iken und seine zu vielem abgewogene Meinung. Den erwähnten Leitartikel halte ich jedoch für fehlgeleitet. Ganz sicher helfen Waffenlieferungen niemals Menschenleben zu retten! Aber der in der Ukraine von Putin angezettelte mörderische Angriffskrieg verlangt von möglichst allen Staaten weltweit, insbesondere aber von Europa, eine kraftvolle, nachhaltige Antwort – auch wenn es wehtut! Putin will in seinem irrationalen Wahn mit aller Brutalität Europa und die Welt in seinem Sinne völlig umkrempeln. Dabei nimmt er den Tod Zigtausender, ungezählte Verletzte, die Vertreibung und Entwurzelung von Millionen Menschen, tiefgreifende Familientragödien, gewaltige Zerstörungen, Hungersnöte und weltweit härteste wirtschaftliche Folgen sowie den Ruin seines eigenen Landes skrupellos in Kauf. Die ukrainische Armee hat mit ihren jüngsten erfolgreichen Offensiven ein Momentum geschaffen, das den entfesselten Kremlfürsten ganz offenbar zu Verzweiflungstaten zwingt. Hunderttausende russische Wehrfähige liefert er diesem irrsinnigen Zerstörungsfeldzug quasi als neues Kanonenfutter aus. Und gerade jetzt mit diesem Momentum hat die heldenhaft kämpfende ukrainische Armee und das mit großer Treue und Verbundenheit dahinter stehende ukrainische Volk die volle Unterstützung der westlichen Welt hoch verdient. Der Kreml muss auf seinem imperialistischen Weg nachdrücklich gestoppt werden. Der Westen muss Putin in fester Geschlossenheit die Stirn bieten!

Volker Deising

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