Aktenberge statt Computer

17./18. September: „Hamburg lässt Leiharbeiter Polizeiaufgaben erledigen“

Sieht man sich das Foto von Hamburgs obersten Polizeichef an, weiß man, wie es in den meisten Amtsstuben der Hansestadt aussieht: Auf dem Schreibtisch zahlreiche Akten, von Computer und Bildschirm keine Spur. Den Stift in der Hand, Locher und Hefter liegen griffbereit in der Nähe, im Hintergrund lauert der Kopierer, um gefüttert zu werden. Kein Wunder, dass die Polizei in Aktenbergen erstickt. Bleibt zum Schluss die Frage: Was machen denn auf der Wache heute die Kollegen der Schutzpolizei, die nicht mehr für den Außendienst geeignet sind und früher im Notfall noch mal eingreifen konnten?

Hansjörn Muder

Pensionäre reaktivieren

Im Januar 2010 unterbreitete ich dem damaligen Polizeipräsidenten den Vorschlag, zur Unterstützung in der täglichen Kleinarbeit der Kriminalpolizei Pensionäre der Polizei anzusprechen und für diese Tätigkeit zu werben. Dahinter steckte die Idee aus Bayern, Pensionäre der Justiz als Zeitarbeiter zu reaktivieren. Berufliche Erfahrungen, Kenntnisse und der nachwirkende Diensteid hätten sicher optimale Ergebnisse erbracht! Die Antwort des Polizeipräsidenten im Februar 2010: „Da für eine abschließende Entscheidungsfindung noch zahlreiche Detailabfragen zu klären sind – z.B. zu statusrechtlichen oder datenschutzrechtlichen Punkten – ist es von hier aus noch nicht absehbar, ob ein solcher Einsatz von pensionierten Polizeibeamten tatsächlich realisierbar sein wird. Sobald hier ein gangbarer, rechtlich vertretbarer Weg gefunden ist, wird die Polizei Hamburg den in Frage kommenden Personenkreis gezielt ansprechen.“ Das war der Stand vor 12 Jahren. Im Dezember 2017 wiederholte ich meine Anregung an den damaligen Leiter des Landeskriminalamtes. Die Antwort im Januar 2018: „Ich halte diesen Gedanken für sehr interessant und habe meinen Stab gebeten, in eine Prüfung einzutreten. Dieses wird nach meinen Erwartungen einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Das war der Stand vor fünf Jahren. Und nun gibt es unter dem wohlklingenden Arbeitsbegriff „Crash Team“ eine ganz neue Idee: Lassen wir die Pensionäre, auch wenn sie geeignet wären, in Ruhe ihren Lebensabend genießen. Versuchen wir’s mal mit Leiharbeitern aus der freien Wirtschaft. Status- und datenschutzrechtliche Hürden lassen sich bestimmt in den nächsten zehn Jahren überwinden! Übrigens, ich hätte nach meiner Pensionierung nach 40-jähriger Tätigkeit als Polizei- und Kriminalbeamter durchaus Interesse verspürt, meine Erfahrungen in einer zuarbeitenden Beschäftigung weiterzugeben. Jetzt als gut Achtzigjähriger ist mir die Lust vergangen!

Klaus Lang

Bürgernähe: ein kostbarer Wert

17./18. September: „Rasierte Bezirke: Wie weit geht der Senat? Die Zentralisierung der Kundenzentren könnte erst der Anfang sein, befürchten selbst Sozialdemokraten“

Es ist schon bemerkenswert, wie kampflos sich die Bezirke ihrer originärsten Aufgaben berauben lassen: Nur zwei Bezirksamtsleiter sträuben sich, die Kundenzentren zu verlieren. Mit dem Argument „Digitalisierung“ lässt sich alles begründen. Bürgernähe ist aber ein unschätzbarer Wert, der der Identifikation mit „seiner“ Verwaltung dient. Man muss auch an die vielen, oft älteren, Bürger denken, die nicht so digitalaffin sind und dennoch mit der Verwaltung zurechtkommen sollen.

Dr. Rolf Lange, Bezirksamtsleiter a.D.

Unsinnige Worthybride

17./18. September: „Kauderwelsch, wohin man hört. Hierzulande scheitert die Verständigung schon an besonderen Codes. Dabei benötigen wir eine Sprache für alle“

Zwei Aspekte möchte ich ergänzen: Was sich da „Englisch“ nennt, hat mit dieser Sprache meist nur noch wenig bis gar nichts zu tun. Viele der verwendeten Begriffe gibt es im Englischen überhaupt nicht oder sie haben eine andere Bedeutung, wie „Handy“, „Public Viewing“, „Body Bag“. Unsinnige Worthybride und -chimären werden generiert, vom „Backshop“, der Engländer zum Lachen bringt, bis zur Unsitte, englische Verben in deutscher Pseudokonjugation zu verwenden, wie „downgeloadet“ oder „upgecycelt“. Außerdem sind Anglizismenwahn und Genderunfug oft gepaart mit unzureichender Kenntnis der deutschen Grammatik. Das reicht vom Provinzkäseblatt, dessen Autoren die deutsche Sprache nur unzureichend beherrschen, sich aber stattdessen mit Gendersternchen oder -doppelpunkten interessant machen möchten, bis in bürgerliche Bildungseinrichtungen hinein. In einem Berliner Museum fand ich vor Jahren eine Informationstafel, auf der „gegenüber des Eingangs“ stand und im aktuellen Spielplan der Deutschen Oper Berlin wimmelt es nicht nur von „Dirigent*innen“, „Sänger*innen“ und „Schauspieler*innen“, man kann dort auch über „die Idee, ,dem‘ italienischen Autor und ,dem‘ Regisseur Pier Paolo Pasolini in seinem 100. Geburtsjahr zu gedenken“ lesen.

Wolfgang Brocks

Englisch verbindet die Welt

Die glücklichsten Menschen in Europa leben in Skandinavien – und dort spricht man seit Jahrhunderten die Landessprache und Englisch. Well done, denke ich! Ihr Artikel ist ehrenwert und nostalgisch zugleich. Deutsch wird keine Sprache, die die Welt spricht und sich damit verbindet, in englischer Sprache erfolgt das schon seit Jahrhunderten mehr oder weniger gut. Es wäre viel klüger, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger zum (weiteren) Erlernen der englischen Sprache zu animieren, um unsere Defizite zu verkleinern.

Jens Wende

Anglizismen im Schaufenster

Ihre Kolumne zum Thema „deutsche Sprache“ spricht mir aus dem Herzen. Mit meinen Englischkenntnissen aus der Schulzeit in den 40er-Jahren komme ich zwar auch heute noch über die Runden, aber muss es denn sein, dass in fast allen Geschäften die Werbung und sonstige Aussagen mit englischen Ausdrücken gespickt wird? Wir haben so viele deutsche Wörter, die uns die Angebote schmackhaft machen können und zum Kauf anreizen. Selbst in öffentlichen Verkehrsmitteln findet man immer irgendwelche Anglizismen. Ich glaube, dass hier zu wenig nachgedacht wird. Unsere deutsche Sprache verdient es nicht, so verfälscht zu werden.

Karl-Heinz Kretzschmar

Eine vielfältige Sammlung

17./18. September: „,Es droht ein Overkill an Maritimem‘. Peter Tamm jr., Chef des Maritimen Museums, kritisiert Pläne für neues Hafenmuseum scharf“

Bei meinem Besuch am vergangenen Wochenende konnte ich mich überzeugen, wie vielfältig sich die Sammlung zu Themen wie Schiffbau, Güterumschlag und Hafenarbeit präsentiert. Alles in Originalgröße und funktionsfähig. Und immer und überall steht der Mensch und die von ihm geleistete Arbeit im Vordergrund. Darüber hinaus ragen draußen am Kai gewaltige Kräne in die Luft und im Hafenbecken die Flotte der historischen Wasserfahrzeuge. Die Viermastbark Peking ragt da natürlich besonders heraus. Freundliche Mitarbeiter, oft ehrenamtlich tätige Ehemalige beantworten mit unwiederbringlicher Kompetenz alle Fragen und machen vieles „begreifbar“. Für mich nicht nur ein Museumsbesuch, sondern eine Zeitreise in die Welt des Hamburger Hafens der Nachkriegszeit, wie ich sie dort selbst erlebt habe. Um zu einer vernünftigen Diskussion beitragen zu können, sollten wir Hamburger einen Besuch im Hamburger Hafenmuseum machen, um dann ein gutes Urteil darüber abzugeben, ob wir das Erbe unseres Hafens wirklich verschrotten oder aber dem Deutschen Hafenmuseum den ihm gebührenden Platz in unserer Museumslandschaft einräumen wollen.

Wolf Baus

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