Die bittere Wirklichkeit

08. Juli: „Dohnanyi am Freitag: Warum nicht Nord Stream 2? Hamburgs Altbürgermeister im Gespräch. Heute über die Gasnotlage“

Russlands menschen- und völkerrechtswidrige Zerstörung der Ukraine wird von Putin und seinen Kriegsgewinnlern rücksichtslos fortgesetzt. In dieser brisanten Lage Europas lese ich freitäglich das USA-Bashing unseres Altbürgermeisters von Dohnanyi. Dazu kommen bequeme Ratschläge deutscher Menschen, sie wärmen ihre Stuben mit russischem Gas und wähnen sich offensichtlich weit genug vom Schuss um zu schreiben „Ich kann jedenfalls die Durchhalteparolen nicht mehr akzeptieren“. Der Westen -- insbesondere Deutschland -- muss endlich die bittere Wirklichkeit des Jahres 2022 akzeptieren. Russland, das sich heute „russische Föderation“ nennt hat das Ziel, alle Gebiete und Völker der ehemaligen „Union der sozialistischen Sowjetrepubliken“ bzw. des „Russischen Kaiserreiches“ zu beherrschen -- und noch einige andere wehrlose Nachbarn dazu. Warum fällt es ausgerechnet vielen Deutschen so schwer, diese durch Putin lauthals proklamierte Zielsetzung zur Kenntnis zu nehmen? Wie kann es sein, dass manche in Deutschland die Besetzung der Krim 2014 sowie von Gebieten des Donbass und von Luhansk achselzuckend als Realpolitik akzeptieren und nicht einmal jetzt während Russlands Zerstörung der Ukraine aus ihrem Traum erwachen und weiterhin vom „Wandel durch Handel“ träumen? Die bittere Erkenntnis ist, dass „Wandel durch Handel“ offensichtlich zu funktionieren scheint, jedoch in der falschen Richtung. Der Handel hat Deutschland korrumpiert (Friedensdividende) und bei manchen den moralischen Kompass blockiert. Da wird ein Nachbar (Ukraine) überfallen, und man scheut sich aus Bequemlichkeit und anderen schwer erklärbaren Motiven, ihm zur Hilfe zu eilen. Fakt ist, dass ohne wirkungsvolle ukrainische Verteidigung bereits weitere Nachbarländer auf der russischen Beuteliste stehen. Dies sind Nachbarländer mit angeblich früheren russischen Menschen oder auch ersatzweise russischer Erde wie beispielsweise die baltischen Republiken oder Finnland. Wer will das aus Bequemlichkeit riskieren?

Jens Petersen, Hamburg

Endlos überteuerte Verfahren

08. Juli: „A 20: Gericht kippt Planverfahren. Teilerfolg für Umweltschützer: Baubeschluss für rechtswidrig erklärt“

Wieder mal ein Beispiel, wie diese unsäglichen Umweltverbände die Gesellschaft am Nasenring durch die Manege führen. Die Chinesen haben in den letzten vier Jahren 43 Flughäfen gebaut und wir bekommen es in 40 Jahren nicht hin, einen Autobahnring um Hamburg zu bauen, bei dem der A 20 eine wichtige Rolle zukommen würde. Der Dumme ist, wie immer, der Steuerzahler, der für diese endlosen überteuerten Verfahren auch noch aufkommen darf. Wer den Teich austrocknen will, muss den Frosch nicht fragen, fällt mir dazu nur ein. Kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen nur noch kopfschüttelnd von diesem Staat abwenden.

Armin Dreier

Gesunder Menschenverstand

09. Juli: „Zurück ins Mittelalter. Kleine laute Gruppen bestimmen den Diskurs – angefeuert von einer Twitter-Blase, verbreitet von vielen Medien. Die Mehrheit staunt – und schweigt. Der woken Welle könnte ein böses Erwachen folgen.“

Dass ein wirtschaftsliberaler Journalist die links verortete Sahra Wagenknecht lobt und als Beleg für seine Thesen heranzieht und diese ihrerseits Positionen bezieht, die eher liberal sind, ist ein Zeichen, dass offenbar gesunder Menschenverstand unabhängig von politischen Ansichten ist. Es ist das Verdienst des Abendblattes, diese Selbstverständlichkeit immer wieder in den Meinungsbeiträgen zu betonen und den politischen und gesellschaftlichen Diskurs zu bereichern, so er denn noch stattfindet. Vielen Dank dafür. Gleiches gilt für den selbstkritischen und -reflektierten Text zur Rolle der Medien in diesem Diskurs. Solange noch solche Beiträge Raum finden in auflagenstarken Printmedien, ist mir um die Pressefreiheit nicht bange. Vielleicht färbt es ja auch noch ab auf die Kollegen in den TV-Redaktionen und Funkhäusern.

Andreas Kaluzny

Aufzwingen von Werten

Danke für die klaren Worte und Sezierung der „woken“ Bewegung. Schon lange habe ich den Eindruck, in einer Diktatur der Sprache und des Denkens zu leben. Als Teil einer gesellschaftlichen Mehrheit (zum Beispiel hetero zu sein) fühle ich mich inzwischen von einer Minderheit unterdrückt. Mich nervt dieses arrogante und schier erdrückende Aufzwingen von Werten und Meinungen. Ein Aufschrei muss durch die Gesellschaft gehen, damit wieder vernünftig diskutiert und miteinander umgegangen wird. Aber auch die Medien sollten hier sehr viel mehr Rückgrat zeigen und nicht jedem Trend blind folgen. Diskutieren: ja! Aber man muss Menschen, die eine andere Meinung haben auch zuhören und mehr Toleranz zeigen. Ich befürchte, dass es in absehbarer Zeit eine Hinwendung zu anderen -- insbesondere rechten -- Radikalen geben wird, weil sich die vermeintlich Unerhörten nicht anders Gehör verschaffen können.

Beate Matthes

Armes Deutschland!

Es wurde Zeit, dass dieses Problem sehr deutlich benannt wird. Ich fühle mich beim Lesen der zahlreichen Artikeln zum Thema oftmals wie ein Dinosaurier, wenn ich bedenke, was in dieser Welt als Problem wahrgenommen wird. Besonders absonderlich kommt es mir vor, wenn wir die zahlreichen Konflikte in der Welt und die Pandemie mit all ihren Wirkungen vor uns haben. Es gruselt mir vor den Politikern, die alle Minderheiten (und davon gibt es leider zu viele, die lautschreiend ihre Aussagen proklamieren) versuchen aufzunehmen. Es muss mal gesagt werden, dass ein Gericht 1000 Euro Schmerzensgeld verhängt und sich überhaupt mit dieser Frage beschäftigt, obwohl tausende Verfahren warten und Beschuldigte davonkommen, weil das Personal fehlt, ist das Ergebnis eines falschen Gerechtigkeitssinn. Schluss mit dem Suchen nach Fehlern in Äußerungen und Meinungen und Schluss mit dem Übertragen von eigenen Problemen auf die Gesellschaft. Was dabei rauskommt, sieht man ja deutlich an der Zusammensetzung der politischen Gremien, die aus Rücksicht auf Quoten nicht die Qualität sondern die Erfüllung von falschen Maßgaben als wichtig ansieht. Armes Deutschland!

Sabine Below

Diskussion ist nötig

Sie sprechen mir aus der Seele. Ich stimme Ihnen zu, dass eine gesellschaftliche Diskussion bezüglich „unsichtbarer“ Gruppen nötig ist. Wie häufig bei Auseinandersetzungen verliert sich die derzeitige momentan jedoch in Spitzfindigkeiten und Grenzregionen, was dem Ziel abträglich ist. Wie wenig konstruktiv inzwischen agiert wird, zeigt wunderbar das Beispiel der Bahn. Reflexhaft wird ein materieller Ersatz erbracht, wo vielleicht eine Entschuldigung mehr als ausreichend gewesen wäre. Treibt man die ganze Situation auf die Spitze, muss man sich fragen, wann zum Beispiel Agoraphobiker:innen von der Stadt eine Entschädigung erhalten, weil sie nicht über den Rathausmarkt gehen können.

Dr. Marc Auerswald, Hamburg

Eigene moralische Position

Noch ehrlicher hätte ich es gefunden, wenn Sie auch die Versäumnisse des Hamburger Abendblatts benannt hätten. Zu ergänzen wäre meiner Meinung nach, dass es eine ganze Liste anderer Politikfelder gibt, auf die Ihre Diagnose ebenso zutrifft, als da wären: Einwanderungspolitik, Integrationspolitik, innere Sicherheit, Bildungspolitik, Genderpolitik, usw. Alles Themen, wo der politisch-mediale Pippi-Langstrumpf-Mainstream jede Debatte unterbindet, immer mit Hinweis auf die eigene überlegene moralische Position und gleichzeitiger Diffamierung aller abweichenden Meinungen als rechtsradikal.

Rolf Ritter

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