Wasser predigen, Wein trinken

2./3. Juli: „Senator Kerstan: In Hamburg keine neuen Einfamilienhäuser mehr!“

So sind sie die Politiker: Wasser predigen und Wein trinken. Das Interview mit Umweltsenator Jens Kerstan ist eine schallende Ohrfeige für die Hamburger. Fleischkonsum zu reduzieren fordern, aber auf Mettbrötchen nicht verzichten, weniger Fliegen, aber mehrmals im Jahr nach Malle fliegen (immerhin zahlt er den C02-Ausgleich) auf Wohnraum verzichten, aber als Single in einem Einfamilienhaus wohnen. Energieversorger mit Geldern der Steuerzahler zurückkaufen und dann im Hamburger Abendblatt damit prahlen, dass man sich wortwörtlich daran „dumm und dusselig“ verdiene, ist der Gipfel der Unverschämtheit – da könnten Grundkosten oder Strompreise gesenkt werden, damit warm duschen auch weiterhin bezahlbar bleibt. In Hamburg keine Einfamilienhäuser mehr – geht’s noch? Fangen die Grünen erneut an, uns bevormunden zu wollen? Ganz im Ernst, Herr Senator: Sprücheklopfer braucht kein Mensch und erst Recht keine Ansichten, die nur für andere gelten sollen, aber nicht für Sie. Den Lebensstil ändern, das hört sich immer gut an – am besten Sie fangen selbst damit an und sind ein Vorbild.

Dieter Johnen

Charmante Eigenheime

Wenn das nicht nur Herrn Kerstans Wille ist, sondern der Wille der Grünen, wird dieser Gedanke ihnen als Erziehungsfehler ähnlich schwer auf die Füße fallen wie der Veggie-Day. Der liebste Traum fast jedes Bundesbürgers und jeder Bundesbürgerin ist das Eigenheim im Grünen. Den Charme einer Stadt machen gewiss nicht die Wohnsilos aus, wie sie gerade überall entstehen, sondern die individuellen kleineren Häuser mit Gärten, die außerdem noch einen großen Teil der Grünen Lunge dieser Stadt darstellen. Stellt euch vor, Hamburg baut massenhaft Wohnungen – und niemand will dort wohnen...

Dr. Ursula Augener

Optimismus statt Panikmache

2./3. Juli: „,Es geht im Ernstfall um sechs Millionen Arbeitsplätze‘. Fritz Vahrenholt (SPD), ehemaliger Umweltsenator in Hamburg, im Interview“

Wie wohltuend, von einem Kenner der Materie ohne Panikmache informiert zu werden – schade, dass Herr Vahrenholt nicht zum Beraterteam des Vizekanzlers gehört. Die Umweltideologien der Grünen, „Fridays for Future“ und insbesondere der „Letzten Generation“ werden hier durch Fakten mehr als in Frage gestellt. Die große Hoffnung auf Wind und Sonne ist hinsichtlich des immer stärker wachsenden Verbrauchs (E-Autos/Handys/PCs) und nicht möglicher Speicherung naiv zu nennen. Trackinggas aus den USA zu ordern und gleichzeitig auf Nutzen eigener Gasquellen zu verzichten, ist bigottes Verhalten. Das Beispiel von Professor Vahrenholt zeigt – beim Evaluationsbericht „professionelle Risikokommunikation“ genannt – was die Deutschen erwarten: Ehrlichkeit und Optimismus. Bevormundung und Panikmache mündiger Bürger war gestern.

Norbert Herzberg, Pronstorf

Konzept Langeweile

01. Juli: „Was wird aus Hamburg? Das Viertel der Superlative. Der Investor Westfield will 2023 das Überseequartier eröffnen“

Konzept Langeweile gilt in Hamburg als Superlative – gebaut wird das ewig Selbe. Es ist schon bemerkenswert: Während in der Innenstadt die letzten Sitzbänke vor Saturn demontiert wurden und viele Hamburger Institutionen, Wirtschaftsverbände und Bürgerinnen und Bürger sich fleißig darüber befinden, wie das Einkaufen „zum Erlebnis“ werden soll, wird im Überseequartier von einem vermeintlich angesehenen Investor wieder das ewig gleiche Konzept aufgerufen: Wohnungen, Einkaufen und Schiffsanleger umrahmt von toter, überteuerter Star-Architektur, die ausschließlich für Tagestouristen interessant ist. Das hat in der HafenCity nicht funktioniert, das wird auch hier nicht funktionieren. Und der Senat und Bezirk tragen es mit. Worin liegt der echte Mehrwert für die Hamburger Bevölkerung, die durch solche Projekte später nur für ihre eigene Miete tiefer in die Tasche greifen muss? Wo ist die Naherholung? Wo sind die Vereine? Wo die sportlichen, sozialen und kulturellen Räume? Echte Stadtentwicklung funktioniert mit Raum für Aktivitäten im Freien, Zentren für Seniorinnen und Senioren, Jugendtreffs, Räumen für Kunst, Musik und Tanz. Stattdessen wird in Zeiten überbordender Netflixerei noch ein Kino eröffnet? Mit derlei Projekten reiht sich Hamburg in die Langeweile vieler anderer Städte ein, die ihre letzten schönen Flächen an kapitalgetragene, ideenlose Investoren verkaufen. Und in 20 Jahre muss dies alles wieder korrigiert werden.

Christian Kröncke

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