Schneller, höher, teuer

28. Juni: „Initiative prophezeit Diebsteich-Desaster. Der neue Fernbahnhof Altona werde ein Schienen-Nadelöhr und müsse später mit Milliardenaufwand ertüchtigt werden

Trotz immer enger werdender Ressourcen und trotz einer uns alle betreffenden „ Zeitenwende“, hält die Bahn weiterhin fest an ihrer inzwischen völlig aus der Zeit gefallenen Ausrichtung: Schneller, höher, teuer. Was nützt mir ein proklamierter minutengenauer „Deutschland-Takt“ und dazu noch weg vom Zentrum, wenn ich das Ticket nicht mehr bezahlen kann, die Gasrechnung nicht, den Strom, das Benzin, die Miete, das Mehl und die Lebensmittel für den täglichen Bedarf. Es wird höchste Zeit, dass auch bei der Bahn und den politischen Entscheidungsträgern ein schnelles Umdenken einsetzt und die bestehende Ressource Bahnhof Altona für die weiteren Planungen genutzt wird. Wo bleibt eigentlich die Bürgerbefragung?

Sabine Förster

Irreale Wunschvorstellungen

Ich fahre (immer noch) gerne mit der Bahn, auch wenn Zugausfälle, Verspätungen und sonstige Störungen wie defekte Toiletten den Reisenden viel Geduld und Nachsicht abverlangen. Die Zuverlässigkeit der DB ist schon heute kaum gewährleistet. Wie soll nun ein neuer Bahnhof Diebsteich mit weniger Kapazität (nur 6 Gleise), aber noch 50 Prozent mehr Fahrgästen im Deutschlandtakt reibungslos funktionieren? Das Management der DB berechnet am Computer alles nach irrealen Wunschvorstellungen, verschließt aber die Augen vor der Realität. Auch ohne besondere Situationen wie Streiks, Großbaustellen oder Wetterkapriolen gibt es tagtäglich nicht rechtzeitig einsetzbares Zugpersonal, Schäden am Zug, längeres Ein- und Aussteigen wegen defekter Türen, Polizeieinsätze, Weichenstörungen usw., die teilweise zu massiven Verspätungen und Störungen des Bahnverkehrs führen. Ich habe den Eindruck, dass es der DB schon lange nicht mehr um das Kerngeschäft geht, Personen und Güter schnell und zuverlässig zu befördern, sondern in erster Linie um Gewinnmaximierung auf welchem Weg auch immer. Kosten für laufende Instandhaltungen werden dadurch eingespart, dass man Bahnanlagen, Brücken (Sternbrücke!), Bahnhöfe usw. nicht auf eigene Kosten und rechtzeitig saniert, sondern sie verkommen lässt, bis sie angeblich nicht mehr zu retten sind, denn ein (möglichst billiger) Neubau wird bekanntlich überwiegend aus Steuergeldern finanziert. Der Bahnhof Altona, einziger absolut barrierefreier Fernbahnhof Hamburgs, ist leistungsstark, eine unersetzliche Hilfe bei betrieblichen Engpässen (wie z. B. nach dem Böschungsbrand) und muss unbedingt erhalten bleiben. Aber der Neubau einer „Hundehütte“ am Diebsteich lockt: Die Bahn spart die längst fällige Sanierung der Brücke über die ehemaligen Gütergleise und erhält zudem viel Geld für den Verkauf eines Geländes, das der Reichsbahn als Staatsunternehmen vor mehr als 100 Jahren für den Betrieb einer Eisenbahn mehr oder weniger geschenkt wurde. Wird hier die Stadt nach dem missglückten Verkauf des Holsten-Areals erneut über den Tisch gezogen? Noch ist es nicht zu spät, aus Fehlern zu lernen.

Christoph Beilfuß

Ins rechte Licht gesetzt

29. Juni: „Hafenarbeiter – so viel verdienen sie wirklich. Der Streit um Tariferhöhungen will nicht enden. Das Abendblatt hat nachgerechnet, was bisher gezahlt wird“

Die Hafenarbeiter und ihre Vertreter haben es über die Jahre geschafft sich einen hohen Wohlstand herbei zu argumentieren, indem sie die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung der Lieferketten gekonnt ins rechte Licht gesetzt haben. Ich würde mich freuen, wenn die Kranken- und Altenpfleger oder die Krankenschwestern sowie insbesondere deren Vertreter genauso tough wären. Eine ähnlich selbstbewusste Darstellung ihrer Produkte - nämlich die Aufrechterhaltung der menschlichen Lebensqualität - würde ihnen in nur wenigen Jahren fraglos eine Verdoppelung ihres Lohns bringen. Hier bräuchte es nicht mal eines Streiks; ein schon ernsthaft durchgezogener Warnstreik würde Wunder vollbringen und es bedürfte nicht einmal des Wohlwollens der Politik.

Rolf Gläßner

Verantwortungsethische Lösung

Jeder möchte gut verdienen - aber das geht nur mit Arbeit! Ebendiese Arbeit ist aber in Gefahr, wenn unser Hafenstandort Hamburg nicht nur in punkto Digitalisierung, die sicher einen Teil der Stellen ersetzen wird, sondern auch bei den Kosten gegenüber den Westhäfen in Benelux, insbesondere in Rotterdam, ins Hintertreffen gerät - Sie berichteten im Mai diesen Jahres darüber. Gerade in Zeiten des globalen Wettbewerbes haben unsere Kunden eine Wahl und diese fällt zunehmend nicht mehr auf Hamburg. Zu teuer, nicht innovativ genug lauten die Argumente. Wer nun diese Kosten mit Forderungen nach 14 Prozent Mehrverdienst noch weiter in die Höhe treiben möchte, sägt an dem Ast, auf dem er derzeit recht bequem sitzt und auf dem Tausende weitere Beschäftigte der Logistik und Spedition, die durch den Wettbewerbsdruck keine solchen Abschlüsse erzielen, auch sitzen. In Zeiten der Inflation mehr Geld zu fordern, ist legitim, aber die Forderungen müssen der Realität der wirtschaftlichen Lage Rechnung tragen. Zu wichtig ist der Hafenstandort Hamburg, als dass wir uns diesen ausartenden Tarifstreit auf Dauer leisten könnten. Hier muss dringend zur Vernunft gerufen und verantwortungsethisch eine schnelle Lösung gefunden werden - denn sonst werden wir alle ärmer.

Raúl Wolfgang Bruning

Pendler bezahlen

29. Juni: „Mehr Züge, mehr Pünktlichkeit: Große Pläne für Hamburgs S-Bahn. Linien werden neu geordnet und Störungen beseitigt, um das Netz leistungsfähiger zu machen“

Mit dem Umbau des Hamburger S-Bahn Netzes zeigt Herr Tjarks sehr deutlich, dass er für eine Partei in der Bürgerschaft sitzt, die junge und vermögende Menschen als Wähler ansprechen möchte. Wobei die Bedürfnisse, der durch die immensen Mietpreis-Steigerungen immer mehr zu Pendlern gemachten kleinen und mittleren Einkommensgruppen, hinten an zu stehen haben. Es ist zwar schön, dass jetzt einige Prestige-Projekte des Senats besser per S-Bahn erreichbar sind, aber das wird von vielem Pendlern durch mehr Umsteigen und längere Fahrzeiten bezahlt. Hier nur zwei Beispiele : Die neue S-Bahn nach Stade wird zur Umsteigeverbindung und für die S 21 Strecke Elbgaustraße - Bergedorf ist neben einem zusätzlichen Umstieg noch 15 Minuten mehr einzuplanen, wenn die Bahn mal keine Verspätung hat.

Ernst Günther Josefowsky

Allgemeiner Erkenntnisstand

29. Juni: „Kein Rezept gegen die Feuerwalzen. Experten schlagen Alarm: Deutschland ist schlecht vorbereitet auf große Flächenbrände“

Dass Nadelwälder als reine Monokulturen verheerende Waldbrände begünstigen und die Bekämpfung erschweren, ist spätestens seit der Flächenbrände Mitte der siebziger Jahre in Gorleben und in der Lüneburger Heide immer wieder vieldiskutiert und allgemeiner Erkenntnisstand geworden. Dennoch sind zur Abhilfe und aus ökologischen Überlegungen zur Diversifizierung von Fauna und Flora nicht in sinnvollem Umfang Mischwälder angelegt worden. Wie in anderen landwirtschaftlichen Bereichen auch, sind die Gesetzgeber im Bund und in den Ländern vor den mächtigen Bauernverbänden und sonstigen Lobbyisten eingeknickt. Schließlich lassen sich aus schnellwachsenden Monokulturen eher Profite erzielen als aus Mischwäldern, die erst nach vielen Jahrzehnten wirtschaftlich verwertbar sind, während sonstige ökologische Aspekte und selbst erhöhte Waldbrandrisiken für forstwirtschaftliche Betriebe, gleichgültig sind – erstere sowieso und für Brandschäden gibt es schließlich die Feuerversicherung.

Ulrich Reppenhagen

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