Leserbriefe

Briefe an die Redaktion: 8. Juni 2022

| Lesedauer: 5 Minuten

Lösung ohne Militär

7./8. Mai: „Ein Hoch auf ,Emma‘ und Alice Schwarzer. Der offene Brief zu Putins Krieg mag nicht jeden überzeugen – aber er hat das Fenster zur nötigen Debatte aufgerissen

Für Ihre klaren Worte zum offenen Brief der 28 möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Es ist ja die Absicht der Initiatoren, die Lösungsmöglichkeiten für diesen Krieg nicht allein im Militärischen zu sehen. Es ist dabei unangebracht, jedes einzelne Wort auf die Waagschale zu legen und dann noch einseitig zu interpretieren. Eine Debatte ist angeschoben. Ich finde es gut, dass Sie sich von einem Bashing distanzieren. Vielen Dank.

Jürgen Beeck

Dohnanyi auf Irrwegen

6. Mai: „Dohnanyi: Ukrainischer Botschafter muss sich entschuldigen oder gehen“

Nicht, dass man das Handeln des ukra­inischen Botschafters nicht kritisieren dürfte. Wenn dies aber so geschieht, als sei die Einhaltung der diplomatischen Gepflogenheiten unser Hauptproblem, der Angriffskrieg hingegen kaum der Rede wert, dann wundert man sich doch ein wenig. Herr von Dohnanyi „enthüllt“ es gleichsam als Skandal, dass die ukrainische Regierung sich im Ausland um möglichst viel Geld und Bewaffnung bemühe – na Donnerwetter! Ist es ungehörig, sein Land vor der Vernichtung bewahren zu wollen? Aber auch sonst hat er an den Opfern allerhand zu bemängeln. Nicht leicht für sie, bei diesem Herrn „alter Schule“ auf Verständnis zu stoßen – als russischer Autokrat hat man es da erkennbar leichter. Denn dass die Ukraine auch am Krieg selbst schuld sei, legt Herr von Dohnanyi zumindest nahe. Wenn er schließlich die Ausweisung des ukrainischen Botschafters verlangt, ist die Grenze zwischen dem Absurden und dem Perversen nicht mehr leicht zu ziehen, ganz offensichtlich jedenfalls schlägt sein Herz auf der falschen Seite. Traurig, dass auch in Hamburg ein ehemals bedeutender Sozialdemokrat auf derart verirrten Pfaden wandelt. Traurig aber auch, dass das Abendblatt ihm dazu neben der Seite zwei auch noch die Seite eins als Forum bietet.

Dr. Hugo Winters, Staatsrat a. D.

Opfer und Täter zugleich

6. Mai: „Stadt will das Holsten-Quartier kaufen“

So kann es gehen, und das wäre nicht das erste Mal. Die Neue Heimat der 1980er-Jahre lässt grüßen. Dabei sehen beide, die Stadt und der Investor, nicht gut aus. Beide sind Opfer und Täter zugleich. Die Stadt ist Opfer ihrer völlig verfehlten Wohnungspolitik, die im Wesentlichen Wohnungen hervorgebracht hat, die sich Otto Normalverbraucher nicht leisten konnte und kann. Die Stadt ist dabei auch zum Täter geworden, indem sie die Flächen im Holsten-Quartier fahrlässig der Grundstücksspekulation überlassen hat. Der Investor ist schlicht und einfach Opfer seiner Großmannssucht geworden und Täter, indem er aktiv den „Wert“ des Holsten-Geländes in die Höhe manipuliert hat. Das Holsten-Quartier kann warten – und die Stadt auch. Unter den gegebenen Verhältnissen können dort keine preiswerten/bezahlbaren Wohnungen entstehen. In der Insolvenz/ im Konkurs kann das Grundstück nur billiger werden.

Helgo Klatt

Hamburgs soziale Schieflage

5. Mai: „Villa für 27,5 Millionen Euro verkauft“ und 5. Mai: „So marode ist Planten un Blomen“

Die Zustandsbeschreibungen über Planten un Blomen sowie die Meldung über den 2,75-Millionen-Kauf einer Blankeneser Villa reißen mich schlichtweg vom Hocker! Es zeigt doch, dass sich in dieser Stadt neben dem geradezu obszönen Reichtum eine soziale Schieflage offenbart. Und es zeigt auch, dass für Erhalt und Pflege dieser einzigartigen Anlagen schlichtweg das Geld fehlt! Und es zeigt auch, dass sich ohne eine gerechtere Umverteilung der Steuereinnahmen Hamburgs nichts zugunsten des Allgemeinwohls verändern wird!

Horst Mahl

Katar nicht besuchen

5. Mai: „Auf der Suche nach den Menschenrechten“

Wenn ich über die Situation der Arbeiter in Katar lese, über Menschen, die in Elend und Armut leben, die trotz oft harter Arbeit nicht einmal genug zu essen haben, dann wird mir ganz fürchterlich. Ich lebe als einfache Rentnerin ein durchschnittliches, aber vergleichsweise luxuriöses Leben. Satt und zufrieden, in jeder Hinsicht gut versorgt und gewürdigt, darf ich den Rest meines Lebens genießen. Gedanken an die Armen, Gedemütigten habe ich oft, aber ich tue nichts für sie. Und ich denke, so geht es der Mehrheit der Menschen im westlichen Wohlstand. Es scheint unmöglich, die Lebensumstände der Armen zu verändern, den verbrecherischen Umgang mit den Abhängigen abzustellen, die Suche nach praktizierten Menschenrechten erfolglos. Alles wird fortgeführt, oft mit der Begründung, wenn man in dieser Form nicht mehr unterstützt, haben die Armen gar nichts mehr. Ich glaube nicht, dass Ausbeutung die einzige Möglichkeit ist, armen Menschen zu helfen, und ich würde ein Land wie Katar nicht besuchen. Schon gar nicht zur WM.

Doris Wolff

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