Es fehlen Zeit und Energie

28./29. Mai: „,Geht hin!‘. Der Autor und Musikproduzent Johann Scheerer weiß, wie leer derzeit die Reihen bei
Kulturveranstaltungen bleiben.
Ein sehr persönlicher Appell“

Vielen Dank an Johann Scheerer für seinen interessanten Artikel. Als freiberufliche Anbieterin von Bildungsurlaubskursen mit Schwerpunkt auf Kommunikation und Stressbewältigung erlebe ich derzeit Ähnliches. Nach Monaten des Lockdowns und Corona-Regeln-Ausnahmezustand hatten auch wir in der Erwachsenenbildung auf den Nachholbedarf und einen guten Neustart gehofft. Stattdessen weiter Flaute. Aus meinen Abendkursen zur Stressbewältigung, die auch nur halb voll stattfinden, weiß ich, dass viele Menschen einfach zu erschöpft sind und mit der Bewältigung des aktuellen Alltags überfordert. Für Sport, Kultur und Weiterbildung fehlen Zeit und Energie. Dazu kommen seit Monaten diverse Krankheitsausfälle, da bucht man lieber keine Veranstaltungen. Bei vielen Menschen dürften in Anbetracht der Inflation auch Sparzwänge eine Rolle spielen. Die sogenannte Neustarthilfe läuft übrigens mitten in diesem holperigen Neustartversuch Ende Juni aus. Und dann? Wie soll es weitergehen?

Dr. Maren Franz

Das Publikum entscheidet mit

Der Autor beklagt die geringen Publikumszahlen bei Kulturveranstaltungen infolge der Corona-Pandemie. Das ist für jeden einzelnen Künstler im konkreten Fall bedauerlich. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass auch in anderen Bereichen der Gesellschaft die Pandemie nur Entwicklungen verstärkt hat, die einfach nötig waren. Nach meinem Eindruck hat in den letzten Jahren eine enorme Ausweitung des Kulturbetriebs stattgefunden: immer mehr Veranstaltungen und eine Ausdifferenzierung des kulturellen Lebens. Fast jede auch noch so kleine Region braucht inzwischen ihr eigenes Musikfestival. Kann es nicht sein, dass die Pandemie auch der Kultur nun einfach gezeigt hat, dass es grenzenloses Wachstum nun mal nicht gibt? Die Klage von Herrn Scheerer berührt auch die Frage nach der Relevanz von Kunst. Natürlich brauchen die Künstlerinnen und Künstler das Publikum. Aber wenn sich die Kunst an ein Publikum richtet, entscheidet dies doch zumindest mit, ob die dargebotene Kunst relevant ist oder nicht. Vielleicht müssten sich etliche Künstler/-innen auch Gedanken über Inhalt und/oder Form ihres Produkts machen. Möglicherweise verlassen dann auch wieder mehr Menschen das häusliche Sofa.

Christian Rohlfing

Flüchtlinge zweiter Klasse?

28./29. Mai: „Staatsoper bietet
9-Euro-Ticket für Geflüchtete an“

Schön, dass die Staatsoper sich menschenfreundlich gibt, aber warum gilt die Wohltat nur Geflüchteten aus der Ukra­ine? Sind denn die Menschen, die von Putins Bombern und von Assads Folterern aus Syrien hinausgetrieben wurden, sind die Afghaninnen und Afghanen, die dem Hunger und der Verfolgung durch die Taliban entfliehen, die vom IS terrorisierten Jesidinnen und Jesiden aus dem Irak minderwertigere, weniger trost- und hilfsbedürftige Menschen als die aus der Ukra­ine? Was bringt die Staatsoper dazu, Opfer von Aggression, Krieg, Tyrannei in würdigere und unwürdigere zu klassifizieren, letztlich also in wertvollere und weniger wertvolle Menschen?

Johannes Grossmann

Voreilige Zusage

28./29. Mai: „Svenja Schulze sagt bei
Ukraine-Reise zivile Hilfe zu“

Ich finde, dass die Ministerin die Hilfe zum Wiederaufbau der Gebäude und In­frastruktur etwas voreilig und leichtfertig zugesagt hat. Auch wenn die Bevölkerung durch die permanenten ungerechtfertigten Angriffe und die Zerstörung ihrer Städte unsägliches Elend erleidet, so ist jetzt der Moment für einen Wiederaufbau noch nicht gekommen. Die Russen haben gerade angekündigt, dass sie auch die Gegend um Kiew wieder angreifen werden. Wenn man jetzt Geld für einen Wiederaufbau an die Ukraine gibt, wird das seinen Zweck nicht erfüllen – die Angriffe werden weitergehen, und das Geld wird dann zum Fenster rausgeworfen.

Helmut Jung

Schämt euch!

27. Mai: „Man fühlt sich als Mensch zweiter Klasse“

Diesen Artikel sollte man den Damen und Herren Abgeordneten der Bürgschaft zum Lesen geben. Ich bin mir sicher, dass in Hamburg genau solche Menschen leben. Da beschämt es doch, dass sich die Abgeordneten mal eben ihr Gehalt um 550 Euro erhöht haben. Schämt euch!

Karin Campbell

Klimageld für alle Bürger!

28./29. Mai: „Ein Klimageld für alle Normal- und Geringverdiener. Im Exklusiv-Interview sagt Sozialminister Hubertus Heil (SPD), welche neuen Entlastungen er plant – und was das für Hartz-IV-Empfänger bedeutet“

Vor der Bundestagswahl 2021 wurde das Klimageld propagiert, jetzt soll es endlich von der Bundesregierung auf den Weg gebracht werden! Der Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist ja ein freundlicher und sympathischer Mensch, wenn er die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger kennt und sich für deutliche Entlastungen einsetzen will. Wenn alles so reibungslos klappen würde wie bei den Diätenerhöhungen im Bund und den Ländern, dann könnte vielen Menschen schneller geholfen und Unsicherheit und Sorgen gemindert werden. Leider ist die Zeitspanne von der Ankündigung bis zur Umsetzung viel zu lang. Ein Beispiel: An die Rentenerhöhung Ende Juli 2022 wird seit über einem Dreivierteljahr in regelmäßigen Abständen erinnert. Die Senioren knapsen an allen Ecken und Kanten. Auch auf die staatlichen Pandemie-Prämien mussten viele Selbstständige und Familien bis zur Auszahlung lange warten, aber sie war sehr hilfreich. Dabei darf man nicht vergessen, dass das Kindergeld nochmals erhöht wurde und Einmalzahlungen folgen. Nebenbei sind die Lebenshaltungskosten für alle drastisch angestiegen. Niemand konnte im Februar ahnen, dass durch einen verteufelten Krieg Russlands gegen die Ukraine die Energiekosten (Gas, Öl, Sprit) zusätzlich angehoben und weiter steigen werden. Dadurch sind die Steuereinnahmen kontinuierlich gewachsen. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass allen Bürgern durch eine gezielte Steuerreform „Klimagelder“ zurückgegeben werden.

Rita Humpke

Auch Autofahren kann tödlich sein

27. Mai: „Wider jede Vernunft: In den USA zählen Waffen offenbar mehr als Kinderleben – so traurig das ist“

Sie schreiben, dass die Republikaner starr an der Freiheit, Waffen zu tragen, festhalten. Ihr Redakteur findet das nicht gut. Aber er sollte sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und erst einmal vor unserer deutschen Haustür nachsehen. Auch bei uns gibt es eine Partei, die es für Freiheit hält, auf der Autobahn „frei“ zu fahren. Auch das kostet Menschenleben. Wo ist da der Unterschied?
Rainer Appelhof

US-Gesellschaft ist gefordert

Der Wilde Westen hat in den USA niemals aufgehört zu existieren. Das wird so lange bleiben, solange es dort „meinungsstarke“ Menschen gibt, die den Besitz einer Schusswaffe mit dem Anspruch auf Freiheit und Selbstverteidigung definieren. Und ja, diese Hardliner würden lieber sterben als ebendiese Verfügungsgewalt aufzugeben. Leider sterben zumeist die Mitmenschen, die sich zu diesem allzu oft „tödlichen Habitus“ der amerikanischen Demokratie (noch) gar nicht verbindlich äußern konnten. Nicht zuletzt beweist sich mit diesem erneuten Schulmassaker, dass die Wahrhaftigkeit einer demokratischen Gesellschaft nur aus sich selbst heraus bestehen kann.
Matthias Bartsch

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