Nachricht oder Mobbing?

5. Mai: „CSU – christlich-skandalöse Union. Drohungen gegen Reporter, Ermittlungen gegen Ex-Minister Scheuer, Masken-Affäre in der Pandemie – Söder muss seine Partei aus der Krise führen

Die Rhetorik von Herrn Mayer gilt es zu verurteilen, ich billige ihm allerdings zu, dass er sich in einer emotionalen Ausnahmesituation befunden hat. Wer hier den Begriff Pressefreiheit heroisiert, vergisst, dass ein bestimmter Bereich des Journalismus davon lebt, dass man tief im Privatleben von Menschen gräbt, um vermeintlich dunkle Flecken hervorzuholen. Die Absicht dient dem Ziel, diese Menschen anschließend der Volksunterhaltung zum Fraß vorzuwerfen. Das ist ein unwürdiges Verhalten. Darüber hinaus haben wir gelernt, dass es völlig in Ordnung ist, unterschiedliche Familienmodelle zu leben. Kinder wachsen in unterschiedlichen Konstellationen auf, und das ist gut so. Man übersieht, dass auch die Kinder, die hier thematisiert werden, in die öffentliche Diskussion gezogen werden, und dies betrachte ich als Unrecht. Kinder gilt es in jedem Fall zu schützen, das gilt auch für einen Herrn Otzelberger. Der Grad zwischen Nachricht und Mobbing ist manchmal schmal. Ich würde mir eine differenzierte Betrachtungsweise wünschen.

Christiane Dornecker

Der Knast ist kein Hotel

5. Mai: „Sind 2,09 Euro Stundenlohn zu wenig für Strafgefangene?“

Es wird der Eindruck erweckt, dass Täter zu Opfern geworden sind, denen geholfen werden muss. Knast ist ganz bestimmt kein Hotel mit Rundumversorgung zu Lasten der Steuerzahler. Wer einfährt, weiß warum. Statt täglich zu verblöden, erfolgt die Resozialisierung auch durch eine Tätigkeit, die überhaupt nicht mit einer Arbeit zu vergleichen ist. Damit ist eigentlich alles gesagt. Strafvollzug in irgendeiner Art auch noch zu versüßen, wird der Verurteilung nicht gerecht. Ironischerweise könnte man auch so rechnen: Zehn Jahre Gefängnis, Mindestlohn von über zehn Euro, asketisches und sparsames Leben mit Muckibude, Weiterbildung in der Zelle und dann mit 200.000 Euro in die Freiheit entlassen werden – da möchten doch viele freiwillig in den Knast gehen. Der Einsatz von Cansu Özdemir für Arme und Bedürftige ist bewundernswert, aber Strafgefangene gehören ganz sicherlich nicht zu ihrer Klientel.

Dietmar Johnen-Kluge

Ohne Bezug zur Realität

5. Mai: „Schule: Keine Testpflicht für Geimpfte“

Für eine Testpflicht nur für ungeimpfte Schüler lässt sich überhaupt keine Begründung finden. Sie stellt nur eine Fortsetzung der Ausgrenzung und Diskriminierung einzelner Schüler dar, die diese bedauerlicherweise schon seit vielen Monaten ertragen müssen, nicht ohne Folgen. Es ist mittlerweile hinlänglich bekannt, das eine Covid-Impfung bestenfalls einen gewissen Selbstschutz vor schweren Krankheitsverläufen bewirken kann. Gegenwärtig infizieren sich auch „Durchgeimpfte“ zuhauf. Infizieren kann man sich bei Ungeimpften ebenso wie bei Geimpften, wenn diese infektiös sind. Die diesbezüglichen Entscheidungen von Schulbehörde und Verwaltungsgericht haben damit jeden Bezug zur Realität verloren, und die Instanzen damit leider weiter an Glaubwürdigkeit.

Peter Garten

Unnötige Arbeit für’s Gericht

4. Mai: „Corona-Posse vor Gericht – mit Happy End“

Man muss sich ja wirklich wundern über die fehlende Empathie des Mitarbeiters vom Bezirksamt. Vor allem ärgert mich die Verbissenheit, mit der gegen eine Rollstuhlfahrerin und deren Ehemann agiert wurde. Vom öffentlichen Dienst ist meines Erachtens eine verständige Würdigung der Vorschriften zu erwarten. Der Mitarbeiter hat nicht nur das Ehepaar in Angst und Schrecken versetzt. Er hat auch das Gericht mit seiner Anzeige unnötig mit Arbeit behelligt. Hier sollte der Dienstvorgesetzte noch das Gespräch suchen. Wie gut, dass wir eine unabhängige Justiz besitzen! Ein Bravo dem Gericht. An sich hätte schon die Staatsanwaltschaft eingreifen müssen. Aber das war leider nicht zu erwarten.

Wolfhard Ploog, Hamburg

Wirklich ein Happy End?

Ob man es als Happy End für die beiden Senioren sehen kann, wenn sie ohne Rücksicht auf Verluste noch in der Pandemie zum Gericht zitiert werden, möchte ich ausdrücklich dahingestellt sein lassen. Mal ehrlich: Wer hat seit März 2020 nicht Ordnungswidrigkeiten im Wert von ein paar tausend Euro angehäuft? Vielleicht sollte man jetzt – schon im Hinblick auf den nächsten Winter – alle Possen der vergangenen zwei Jahre darauf abklopfen, ob man ihre Wiederholung sehen möchte. Wer heute durch Hamburg läuft, wird einen Unterschied zu 2019 kaum noch erkennen, wenn er nicht S-Bahn fährt – und das, obwohl Corona inzwischen ansteckend wie die Masern ist. Die Impfung macht’s. Die FFP2-Maskenpflicht im ÖPNV ist dann schon wieder so eine Posse – vor allem vor dem Hintergrund, dass sonst fast alle Maßnahmen entfallen sind. Eigentlich sollte man ja denken, der Küstenbewohner wüsste, dass man Sturmfluten nicht mit einigen besonders hohen Fahnenmasten am Ufer (FFP2 im ÖPNV), sondern mit breiten Deichen genügender Höhe bannt. Und die Kontaktdatenerhebung in der Gastronomie war neben der Maskenpflicht im Freien die bei weitem dümmste Maßnahme.

Frank Bokelmann

Bestürzendes Exempel

Viele kleine und größere Verfehlungen im Alltag, nicht nur während der Pandemie, sondern zum Beispiel auch im Verkehr, werden nicht geahndet. Es bestürzt daher zu sehen, dass ausgerechnet bei einem alten Ehepaar, das dringend eine Toilette aufsuchen musste, ein Exempel statuiert werden sollte. Das muss verletzend für die Betroffenen gewesen sein. Da war wohl ein Mitarbeiter der Behörde im Rahmen seiner Ermessensentscheidung überfordert. Auch das Gericht, das letztendlich für das Ehepaar entschieden hat, hat sich in seiner Begründung formaljuristisch aus der Affäre gezogen, anstatt klar zu formulieren, dass es auch zur Würde des Menschen gehört, wenn man in einer solchen Situation auf dem Weg zum WC nicht unmittelbar seine Kontaktdaten angeben muss.

Peter Schumacher

Sinnvoller Beitrag für Verkehr

2. Mai: „Millionen Fahrten mit Elektrorollern“

Das Ziel muss sein, dass die E-Scooter – wie auch die neuen Leih-Mopeds – einen sinnvollen Beitrag für einen umweltfreundlichen Stadtverkehr leisten. Daher ist es zu begrüßen, dass die Fahrzeuge zunehmend auch in den äußeren Stadtteilen zu sehen sind. Gleichwohl kann es nachhaltigen Erfolg nur dann geben, wenn es für die Benutzung klare Regeln gibt. Denn es drängt sich der Eindruck auf, dass der wirtschaftliche Erfolg auch darauf beruht, dass Gehwege und Plätze systematisch ausgenutzt werden, und es dabei strukturell in Kauf genommen wird, dass E-Scooter zu Stolperfallen werden und den ohnehin begrenzten Platz auf den Gehwegen zusätzlich einengen. Nach dem Grundsatzurteil des OVG Münster (Az: 11 B 1459/20) stehen den Städten hier auch alle Möglichkeiten offen. Sie können das Angebot von Fahrzeugflotten im öffentlichen Raum von einer Genehmigung dieser Sondernutzung abhängig machen und daran Bedingungen zur Regulierung knüpfen. Bremen, Düsseldorf und Frankfurt haben dies bereits getan und sind Hamburg weit voraus. Die bisherigen Versuche mit freiwilligen Selbstverpflichtungen zu arbeiten, helfen – wenn überhaupt – offensichtlich nur wenig. Die Verkehrsbehörde sollte künftig ihre Möglichkeiten nutzen und regulierend eingreifen, um so sowohl für weniger Stolperfallen als auch für ein ordentliches Angebot in allen Stadtteilen zu sorgen.

Gabor Gottlieb