Die Strafe ist zu gering

2. Mai: Mein Morgenland: „Boris Becker verdient Mitleid, nicht Häme. Für mich war seine große Karriere ein ganz persönliches Märchen. Was, wenn solche Träume mit einem Knall zerplatzen?“

Warum die Autorin Boris Becker so verklärt, ist mir schleierhaft. Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich. Becker hat außer Schule und Tennis nichts gelernt, mit dem viel verdienten Geld konnte er nicht umgehen und ist größenwahnsinnig geworden. Geschäftspartner wurden betrogen und Vermögenswerte in der Insolvenz verborgen. Er zeigt keinerlei Reue! Zweieinhalb Jahre Gefängnis sind viel zu wenig, ich hätte ihn gerne mindestens fünf Jahre hinter Gittern gesehen.

Bernd Lange

Wir wünschen lieber viel Kraft

Sollen wir auch Mitleid mit all jenen – bei ihren Erfolgen oft noch jungen Menschen – haben, die zwar kurzzeitig hohes Ansehen genießen und Summen verdienen, von denen andere Leute ihr Leben lang träumen, aber dann mehr oder weniger verarmt in der Bedeutungslosigkeit versinken? Oder ist unser Mitleid mit Boris Becker nicht nur die Tarnung unserer Genugtuung, dass es auch einen Promi mal erwischt? Etliche Menschen sitzen wegen ähnlicher Delikte im Gefängnis, ohne dass die Öffentlichkeit deren Schicksal bewegt. Viele Jahre war Boris Becker so etwas wie ein Nationalheld, doch weigerte er sich offensichtlich, dafür die Verantwortung zu übernehmen. Nun wird sich zeigen, ob er stark genug ist, die entwürdigende Situation eines Gefängnisaufenthalts als Lehre für sein eigenes Fehlverhalten zu erkennen. Statt ihn zu bemitleiden, wünschen wir Boris Becker lieber viel Kraft.

Christiane Mielck-Retzdorff

Kontrolle durch Wegewarte

2. Mai: „Wenn Geister-Baustellen Parkplätze kosten. FDP-Politiker beklagt: Im Bezirk Nord gibt es immer wieder Absperrungen, obwohl dort oft nicht gearbeitet wird

Diesem Bericht kann man nur voll und ganz zustimmen. Hierbei verhält es sich inzwischen häufig wie auf den kilometerlangen Autobahnbaustellen, auf denen nichts passiert. Es soll ja in den Bezirken sogenannte Wegewarte geben, die so etwas mal kontrollieren könnten. Ebenso gibt es doch die ehemals genannten Bürgernahen Beamten der Polizei, die ein Auge darauf haben könnten. Wo sind all diese Menschen, und warum sorgt heute keiner mehr für wenigstens etwas Ordnung? Auch sollten die Aufstellerfirmen mal darauf achten, ihre Schilder an abgelaufenen Baustellen wieder einzusammeln. Hier bleiben nämlich auch oft „Leichen“ stehen, die für Verwirrung sorgen.

Holger Karstens, Hamburg

Waffen retten kein Leben

30. April/1. Mai: „Wie wir lernten, die Panzer zu lieben. Die Deutschen legen den nächsten 180-Grad-Schwenk hin – vom naiven Pazifismus zum naiven Bellizismus“

Der Artikel tut gut in diesen Tagen, in denen das Kriegsgeschrei im Blätterwald anschwillt. Nein, es macht mich nicht nur sprachlos, es macht mich fassungslos, wie die von mir gewählten Grünen sich innerhalb weniger Tage von ihren Beschlüssen verabschieden. „Die Bundesdelegiertenkonferenz verurteilt auf das Schärfste die anhaltenden Waffenexporte an kriegführende Länder…“, so steht der Beschluss noch heute auf der Website der Grünen. Dafür habe ich grün gewählt! Haben wir nichts gelernt? Nach 80 Jahren rollen wieder deutsche Panzer durch ein geschundenes Land. Seit wann lösen Waffen Probleme? Waffen retten kein Leben. Schwere Waffen sorgen für eine Spirale der Gewalt, die wir doch aufhalten wollen. Im 21. Jahrhundert dienen Soldaten und ihre Waffen der Abschreckung und nichts anderem. So habe ich es bei der Bundeswehr gelernt. Was können wir tun? Keine Geschäfte mit Despoten machen. Unser Wohlstand ist doch Ausdruck unserer Wirtschaftskraft. Für mich eine paradoxe Situation, wenn unsere Wirtschaftskraft vom Wohlwollen Putins abhängt. Für mich ist es schamlos, neben unserem Geld für fossile Brennstoffe nun auch Panzer in den Osten zu senden. Wenn wir Hähne zudrehen, bezahlen wir einen hohen Preis, das bestreite ich nicht. Doch dabei bewegen wir uns auf einem Schlachtfeld, auf dem wir uns gut auskennen. Wirtschaftlich können wir gewinnen, Paroli bieten und damit andere unterstützen. Ich fürchte, bei allen anderen Schlachten wird es nur Verlierer geben.

Rüdiger Steiner

Der Krieg ist kein Spiel

Herzlichen Dank an Matthias Iken für seine Analyse und seine Mahnung, mit dem Thema besonnen umzugehen. Ich schätze es sehr, dass unser Bundeskanzler nicht zu Schnellschüssen neigt und, seinem Amtseid entsprechend, zum Wohle unseres Landes seine Entscheidungen trifft. Da hilft keine Hyperaktivität, auch wenn viele politische Kräfte, die wohlgemerkt nicht in Regierungsverantwortung stehen, dieses fordern. Leider spielen auch Medien in diesem Konzert mit, wenn zum Beispiel in einem Artikel dieser Zeitung aufgelistet wird, welche Waffen andere europäische Länder liefern, belegt in einer Mischung aus einerseits konkreten Zahlen und andererseits Vermutungen, als ob wir uns in einem „European Weapon Contest“ befinden würden. Leider ist es aber kein Spiel, sondern ein realer Krieg und in dieser Situation erwarte ich Besonnenheit und kluges Abwägen, wie es unser Bundeskanzler praktiziert.

Hans-Joachim Bull

German Angst schadet nur

30. April/1. Mai: „Prominente warnen Scholz vor Weltkrieg“

Ich teile die Sorge, dass Putin Atombomben werfen lässt. Aber die German Angst der Prominenten schadet nur. Es liegt überhaupt nicht in unserer Hand, ob Moskau die atomare Karte zieht. Denn Putin lässt sich nicht beschwichtigen – außer durch die totale Unterwerfung. Sein Ziel ist die Restaurierung eines großrussischen Reiches und die Beherrschung eines „Wirtschaftsraumes von Lissabon bis Wladiwostok“ wie sein Adlatus Medwedew formulierte. Nicht nur Moldawien und Kasachstan werden bedroht, sondern alle Nachbarn, Westeuropa inklusive. Wenn die Ukrainer ihn nicht aufgehalten hätten, wäre er jetzt schon viel weiter westlich. Die Promis können sich nicht auf Willy Brandts Ostpolitik berufen, denn die baute auf dem Fundament einer funktionierenden Abschreckung auf, die 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt für Verteidigung umfasste. Wenn Putin Deutschland zur Kriegspartei erklärt, dann nicht wegen unserer Härte, sondern wegen unserer Schwäche.

Dr. med. Matthias Soyka, Bergedorf

Am besten regional einkaufen

29. April: „Die Tücken der veganen Küche für Kinder“

Der Trend in der Bevölkerung, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren, ist ungebrochen und zeigt besonders bei jüngeren Menschen eine steigende Tendenz. Kein Problem, jeder soll sich so ernähren, wie er es für richtig hält. Mich beschäftigt bei diesem Thema, dass der Verzehr von Fleisch grundsätzlich als schlecht, von Obst und Gemüse als gut hingestellt wird. Natürlich ist die Massentierhaltung besonders von Geflügel und Schweinen schon wegen der immensen Mengen an Antibiotika von übel und hat erhebliche negative Folgen. Aber niemand prangert die industrielle Produktion von Gemüse an: Quadratkilometer unter Plastikfolie, sehr hoher Wasserverbrauch, Monokulturen mit entsprechend immensen Mengen an Kunstdünger und Pestiziden! Warum wird einseitig gegen den Fleischkonsum, oft sehr emotional polemisiert, und die Gemüseindustrie in Ruhe gelassen? Für mich gibt es nur die Lösung, regional und saisonal einzukaufen. Wir haben in den Stadtteilen Wochenmärkte, wo Gemüse-, Obstbauern und Landschlachter ihre Produkte anbieten, mit denen man über Anbaumethoden und Viehaufzucht sprechen kann.

Hellmut Dürr